Der Kunstmaler Johann Georg von Dillis hätte seine Freude gehabt. Dillis hatte den Ort Ruhpolding einst als winterliche Traumlandschaft festgehalten. Man könnte seine Gemälde nun wie eine Schablone über den Ort legen. Denn es hat geschneit über dem Chiemgau, pünktlich zum Weltcup der Biathleten in Ruhpolding. Perfekte Bedingungen also - und die nutzte eine Frau namens Julia Simon, die ihrerseits ein modernes Kunstwerk in den Schnee zauberte.
Die Französin Simon zeigte zum Auftakt der Weltcuptage am Mittwochnachmittag ein nahezu perfektes Staffelrennen. Weder in der Loipe noch am Schießstand war die 27-Jährige aufzuhalten. Da kam es ihren ärgsten Konkurrentinnen, den Frauenstaffeln aus Deutschland und Schweden, so gar nicht entgegen, dass Simon als Schlussläuferin antrat. Eine knappe Sekunde hinter der Deutschen Hanna Kebinger als Zweite in die Loipe gegangen, lief und schoss Simon so rasant, als sei eine Horde Ruhpoldinger Gebirgstrachtler hinter ihr her. Kebinger brachte die deutsche Frauenstaffel am Ende auf Rang drei ins Ziel, knapp hinter den Schwedinnen.
Die deutsche Schlussläuferin Hanna Kebinger gab nach dem Rennen Einblicke in ihr Duell gegen Simon, was sich eher als zweifelhafte Ehre herausstellte. "Gestern war ich erstmal ein bisschen geschockt, als es hieß, ich laufe jetzt wieder Schluss", sagte Kebinger. Nach ihrem holprigen Saisonstart sei sie erst "wahnsinnig wenige Wettkämpfe" gelaufen. Beim Liegendschießen war sie ja nur kurz nach Simon an den Schießstand gekommen - ehe sie ein Déjà-vu mit der Französin erlebte.
Es sei ihr vorgekommen, wie zuletzt beim Event im Schalker Stadion , als sie ebenfalls gegen Simon gelaufen war. Und nun, in Ruhpolding? "Da war es mir schon klar, dass sie schon wieder weg ist, bis ich mit dem Schießen anfange." Wie man in so einem Moment reagiert? "Ich hab versucht, mich auf mich selbst zu konzentrieren." Der Plan ging auf, Kebinger schoss null liegend und brauchte stehend einen Nachlader. Ihr Fazit: "Ich bin jetzt auf einem Aufwärtstrend."
Für die deutschen Biathletinnen steht damit der zweite Staffel-Podestplatz des Winters zu Buche. Janina Hettich-Walz, Sophia Schneider und Franziska Preuß hatten Kebinger als Führende auf die Schlussetappe geschickt. Das deutsche Quartett erwies sich am Schießstand als stark und leistete sich nur drei Nachlader. Am Sonntag in Oberhof hatte es nach drei Strafrunden und 15 Nachladern nur zu Platz fünf gereicht. Allerdings auch bei Bedingungen, die für kein Kunstgemälde der Welt getaugt hätten.