Biathlon:Probier's mal mit Gelassenheit

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Denise Herrmann: Das Lächeln ist zurück (Foto: MICHAL CIZEK/AFP)

Biathletin Denise Herrmann feiert in Nove Mesto mit Rang zwei ihr bestes Ergebnis seit Saisonstart. Auch, weil die hartnäckigste Gegnerin sie in Ruhe lässt: ihre eigene Erwartung.

Von Saskia Aleythe, Nove Mesto/München

Ein letztes Mal musste Denise Herrmann noch rauf auf die Matte am Schießstand, und jetzt ging es um alles. Also beinahe, ganz vorne eilte Norwegens Tiril Eckhoff in der Verfolgung von Nove Mesto zu ihrem nächsten Sieg. Doch dahinter kämpfte ein Trio um die weiteren Podestplätze: Franziska Preuß, Marte Olsbu Röiseland und eben Herrmann, aufgereiht mit der Waffe im Anschlag. Starke Konkurrentinnen für Herrmann, die aus dem Stehendschießen ohnehin nur selten vergnügt herausgeht, doch ihre hartnäckigste Gegnerin ließ sie diesmal in Ruhe: ihre eigene Erwartung.

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Also schoss sie: ein Mal - Treffer. Das zweite Mal - Treffer. Neben ihr schossen die anderen Fehler. Einzig die oft wacklige Schützin Herrmann musste auch nach dem fünften Versuch nicht in die Strafrunde. Eckhoff war im Ziel schon wieder zu Atem gekommen, da rutschte Herrmann lächelnd zu Rang zwei, ihr erster Podiumsplatz außerhalb der Staffeln seit Dezember, dem ersten Rennen der Saison überhaupt.

Dazwischen lagen Monate des Zweifelns und auch des Loslassens: von den eigenen hoch gesteckten Zielen. Warum sie ausgerechnet jetzt, nach den Weltmeisterschaften, plötzlich auftrumpft? Sie fühle sich "sehr entspannt beim Schießen", sagte Herrmann im ZDF: "Weil ich mir keinen Druck mehr mache."

Die vorige Saison hatte Herrmann auf Rang drei in der Gesamtwertung abgeschlossen, natürlich schielte die 32-Jährige dann auf mehr, sie wollte die Führung und weitere WM-Medaillen. "Zu Saisonbeginn war ich sehr nervös und vielleicht zu sehr gestresst am Schießstand", sagt Herrmann. Und dann baute sie auch läuferisch ab, die Vorbereitung war zu intensiv für den langen Winter. Stattdessen lief ihr Franziska Preuß den Rang als Beste im Team ab. Zumindest dieses Bild sah am Sonntag anders aus: Preuß bestätigte mit Rang fünf (zwei Fehler) zwar ihre beeindruckende Konstanz, doch Herrmann (ein Fehler) gelang mit ihrer besten Schießeinlage seit Saisonstart der Sprung aufs Podest.

"Mit dem Selbstvertrauen können wir auch in die letzten zwei Wochen gehen", sagte Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer. Die Männer bejubelten nach dem Staffelsieg und Platz drei von Arnd Peiffer im Sprint ebenfalls Erfolgserlebnisse in Tschechien. "Jetzt konzentriere ich mich auf jedes Rennen an sich, jetzt funktioniert es und ich komme in einen Flow", sagte Herrmann noch, "ich hoffe, ich kann den bis zum Ende der Saison halten." Und ihre Lehre aus diesem Winter könnte dann so klingen: Probier's mal mit Gelassenheit.

Natürlich wissen sie alle im Weltcup, dass die eigenen Erwartungen oft Stolperfallen stellen: Norwegens Marte Olsbu Röiseland, die im vergangenen Jahr noch einen Medaillenrekord bei der WM in Antholz aufgestellt hatte und Weltcup-Gesamtsiegerin geworden war, ging in diesem Jahr bei den Titelkämpfen in den Individualrennen leer aus. Nach Rang vier im abschließenden Massenstart lag sie minutenlang weinend im Schnee. Auch Röiseland schaffte nun mit Platz drei zum ersten Mal seit Anfang Januar wieder ein Top-Ergebnis. "Dieses Jahr war ich oft so nah dran und doch war es so weit weg", sagte sie in Nove Mesto, "aber ich denke, das ist es, was wir am Biathlon lieben: Es soll hart sein, aufs Podium zu kommen."

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