Becherwurf von Bochum:Ein Strafmaß, das abschrecken muss

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Christian Gittelmann wurde von einem Bierbecher am Hinterkopf getroffen. (Foto: Marc Niemeyer/Imago)

Der Spielabbruch in Bochum war nach dem Becherwurf alternativlos und richtig. Allein schon, um künftige Angriffe auf Schiedsrichter zu verhindern. Somit könnte die Tat sogar auch etwas Gutes zur Folge haben.

Kommentar von Ulrich Hartmann, Bochum

Bierwerbung ist unter Leistungssportlern eigentlich verpönt. Der Bochumer Fußballer Anthony Losilla hat sich auf der leeren Stehplatztribüne des Ruhrstadions auch nur deshalb beim genüsslichen Antrunk filmen lassen, weil der Werbespot für das örtliche Bier vom Klubsponsor die Zuschauer dazu ermuntern sollte, ihre Becher brav auszutrinken - statt sie halbvoll auf den Rasen zu schleudern. Das machen in Bochum einige der Fans nämlich besonders gerne. Mit verantwortungsvollem Alkohol-Genuss hat das dann aber leider nichts zu tun.

"Trinken, nicht werfen!", befahl also der VfL-Kapitän Losilla im Bier-Spot. Das Video wurde erst kurz vor dem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach eigens bei Youtube hochgeladen. Doch auch die PR-Aktion konnte nicht verhindern, dass 21 Minuten vor Schluss ein halbvoller Bierbecher den Linienrichter Christian Gittelmann folgenschwer am Kopf traf. "Die Tat macht mich fassungslos", sagte Gittelmann später, als das Spiel längst abgebrochen war. Diagnostiziert wurden bei ihm Schädelprellung und Schleudertrauma.

So ganz unerwartet kam der Eklat allerdings nicht. Vor drei Monaten erst hatte sich der damals noch für Union Berlin spielende Fußballer Max Kruse beklagt, dass ihn Bochumer Fans mit Beleidigungen und Bier beworfen hätten. Sie hatten ihn mit beidem nicht getroffen. Gittelmann hingegen hatte Pech. Er stand mit dem Rücken zu den Fans und sah den Becher nicht kommen.

"Vielleicht war ja Alkohol im Spiel", spekulierte der Bochumer Trainer Thomas Reis über den Becherwurf und hatte damit ganz sicher Recht. Sowohl im Werfer als auch im Becher dürften sich Spuren des lokalen Biers gefunden haben - ausgerechnet an jenem Abend, als die Heimatbrauerei stolzer Spieltags-Sponsor war.

Fans mit sehr unterschiedlicher Empathie und Verantwortungsbereitschaft einerseits zum Biergenuss zu ermuntern und ihnen am Rande eines aufwühlenden Events andererseits kontrollierte Nüchternheit abzuverlangen, ist eine Gratwanderung. Berauschte Geister lassen sich nur schwer kontrollieren.

Eine Entschuldigung für den Anschlag darf das freilich nicht sein. "Bei einem tätlichen Angriff auf einen Spieloffiziellen ist ein Spielabbruch alternativlos", sagte Schiedsrichter Benjamin Cortus völlig zurecht. Dazu hätte es nicht einmal einer Schädelprellung und eines Schleudertraumas bedurft. Wird ein Schiedsrichter angegriffen, muss das Spiel sofort vorbei sein. Bedingungslos.

Mit dieser Maßgabe fordert nun Gittelmann als Konsequenz aus den Ereignissen von Bochum eine Null-Toleranz-Politik sowie ein klar definiertes abschreckendes Strafmaß. Dies hielte er zugleich für eine sinnvolle Prävention gegen Gewalttaten an Schiedsrichtern auf Amateurplätzen, wie sie leider republikweit in unschöner Regelmäßig passieren. Als ganz junger Schiedsrichter in der Kreisliga musste Gittelmann mal unter Polizeischutz vom Platz geführt werden. Trotzdem - oder gerade deswegen - hat er weitergemacht. So könnte auch die Nacht von Bochum nicht nur für ihn, sondern für den gesamten Fußball vielleicht sogar hilfreich sein.

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Von Ulrich Hartmann

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