Beachvolleyball:Attraktion im Olympiapark

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Clemens Wickler bei der Arbeit als Abwehrspieler im Sand. (Foto: Beautiful Sports/Imago)

Der WM-Zweite Clemens Wickler aus Starnberg bereichert die deutsche Beachvolleyball-Tour in München. Er übt den Spagat zwischen deutscher Serie und Olympia-Qualifikation - und hatte zuletzt einige Hürden zu überwinden.

Von Sebastian Winter

Clemens Wickler hatte seinen Spaß im Halbfinale, er mag es, gefühlte Auswärtsspiele zu haben, selbst wenn er gerade eigentlich ein Heimspiel hat. München am Sonntagnachmittag, Zentrale Hochschulsportanlage. Der Centre Court, 100 Meter Luftlinie von der BMW-Welt entfernt, ist voll besetzt. Und ein paar Fans des ASV Dachau feuern Simon Pfretzschner vehement an. Pfretzschner spielt mit Philipp Huster inzwischen für den ETV Hamburg, stammt aber aus Dachau und hat dort die Jugend durchlaufen. Immer wieder brüllen die Dachauer also in Wicklers Aufschläge und Zuspiele hinein, doch der lächelt die vermeintliche Störung einfach weg. "Ist doch alles gut, ist doch lustig", sagte Wickler später - da hatten er und sein Partner Nils Ehlers die Nachwuchshoffnungen Huster und Pfretzschner allerdings auch schon mit 21:15 und 21:17 besiegt.

In Ehlers und Wickler, dem WM-Zweiten von 2019, war am Wochenende hoher Besuch in München, das in den vergangenen Jahren nicht gerade gesegnet war mit Spitzen-Beachvolleyball - auch weil die Lokalpolitik diverse Pläne als zu teuer erachtete und wieder in die Schublade steckte. Die Europameisterschaft 2022 auf dem Königsplatz im Rahmen der European Championships bildete da die große Ausnahme - und sie begeisterte die Massen. Auch wenn Ehlers und Wickler im Viertelfinale gegen Norwegen ausschieden.

Glückliche Siegerinnen in München: Lokalmatadorin Hanna-Marie Schieder (li.) und Melanie Paul. (Foto: Peter Weber/Beautiful Sports/Imago)

Dass der olympische Sandsport in der Landeshauptstadt funktioniert, zeigte auch dieses Wochenende im Olympiapark. "Ich finde es überragend hier", sagte Wickler, der als gebürtiger Starnberger und seit Jahren erfolgreichster deutscher Beachvolleyballer die größte Attraktion an diesem Wochenende war. Ein weiteres Glanzlicht setzte die beim SV Lohhof ausgebildete Münchnerin Hannah-Marie Schieder, die mit Melanie Paul das Turnier der Frauen gewann.

Die deutsche Tour (die nach der Corona-Pandemie und der Insolvenz ihrer Vermarktungsagentur kurz vor dem Aus stand) befinde sich in einem Prozess, sagte Wickler der SZ nach seinem Halbfinale, "die Tribünen werden größer, die Organisation wird besser und die Kommunikation mit den Athleten auch". Den deutschen Tourstopp in Bremen gewannen Wickler und Ehlers, in München schlugen sie im Finale nun Eric Stadie und Jannik Kühlborn (Berlin/Leipzig) 23:25, 21:14, 15:5. Für mehr Qualifikationsturniere zur deutschen Meisterschaft in Timmendorfer Strand bleibt ihnen keine Zeit. Ihr Fokus liegt ja auf Olympia in Paris, und der Weg dorthin führt nur über Qualifikationspunkte, die sie bei Weltserienturnieren sammeln. "Aber bei der DM sind wir dabei", verspricht Wickler.

Chancenlos: Im August 2022 hatte Wickler mit seinem Partner Nils Ehlers (im Bild) bei der Europameisterschaft auf dem Münchner Königsplatz bereits ein Heimspiel - verlor aber im Viertelfinale gegen Norwegen. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Vielleicht kann man die Entwicklung von Ehlers und Wickler mit jener der deutschen Tour ein wenig vergleichen. Auch bei ihnen holperte es im vergangenen Jahr gewaltig, es fehlte die Abstimmung und Konstanz, was auch nicht sehr verwundert. Das Duo spielt ja erst seit Anfang 2022 zusammen, und das eher aus einer Notsituation heraus, weil Wicklers Partner Julius Thole überraschend vom Leistungssport zurückgetreten war. Ehlers schleppte sich dann - auch während der EM in München - auch noch mit einer Meniskusverletzung durch den Sommer. "Wir waren gut in den Bereichen Block-Feldabwehr und Aufschlag, aber zu unkonstant im Side-out", also in der Punktsituation nach gegnerischem Aufschlag: "An dieser Konstanz haben wir geschraubt", sagt Wickler, der zusammen mit Ehlers in Hamburg trainiert. Ehlers wurde im Herbst operiert, auch diese Baustelle ist nun beseitigt.

In diesem Jahr sprangen dann schon ein dritter und drei fünfte Plätze bei Weltserienturnieren der höchsten Kategorie heraus. Die derzeit besten deutschen Beachvolleyballer liegen also voll im Fahrplan für Paris. Momentan sind sie Weltranglisten-Neunte und Sechste im weltweiten Olympia-Ranking - andere deutsche Männer-Duos sind zumindest für Paris ohnehin gerade nicht in Sicht.

Wickler hat aber noch ein anderes Ziel: Der 28-Jährige möchte endlich einmal eine EM-Medaille gewinnen. Bei den Titelkämpfen in Wien Anfang August bekommt er mit Ehlers, 29, die nächste Chance. Zeit genug hat der Starnberger ohnehin noch: "Es ist mein Plan, mindestens bis zu den Olympischen Spielen in L.A. weiterzuspielen", sagte Wickler im Olympiapark. 2028 wäre das.

Nun aber genießt Wickler erst einmal noch einen freien Montag bei der Familie im Starnberger Stadtteil Hanfeld - purer Luxus für einen Weltenbummler wie ihn. Er möchte in den See springen und mit seiner Mutter wie üblich ein paar Gesellschaftsspiele spielen, Yatzy ist immer hoch im Kurs. Dann geht es weiter, aber nicht wieder in München, wo am kommenden Wochenende die deutsche Tour erneut im Olympiapark aufschlägt, sondern in Montreal, Kanada. Man ahnt es: Wickler und Ehlers sind wieder mal auf Punktejagd für Paris.

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