Beachvolleyballer Clemens Wickler:Das halbe Dutzend ist voll

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Wieder zu schnell für die Gegner: Clemens Wickler. (Foto: Peter Weber/Beautiful Sports/Imago)

Clemens Wickler ist zum sechsten Mal deutscher Meister, was noch keinem anderen Beachvolleyballer vor ihm gelang. Nun macht sich der 28-jährige Abwehrspieler auf die Jagd nach dem Rekord von Laura Ludwig - und seinem olympischen Traum.

Von Sebastian Winter

Clemens Wickler ist keiner, der sich und seine Leistungen gerne in den Mittelpunkt rückt. Aber am Sonntagnachmittag musste sich der 28-jährige Beachvolleyballprofi, der in Starnberg-Hanfeld aufgewachsen ist und längst am Bundesstützpunkt in Hamburg trainiert, in Timmendorfer Strand dann doch zu seinem neuen Alleinstellungsmerkmal äußern.

Wickler, über alle Sandhügel hinweg als seit Jahren bester deutscher Abwehrspieler anerkannt, hatte gerade im Finale der deutschen Meisterschaften mit seinem Partner Nils Ehlers die quirligen Zwillinge Bennet und David Poniewaz 21:19, 21:18 niedergerungen. Damit war sein sechster Sieg im Ostseebad amtlich, was ihn in der nationalen Ruhmeshalle der Beachvolleyballer an die Spitze bringt. Julius Brink und Jonas Reckermann, die Olympiasieger von London 2012, firmieren dort mit fünf Titeln; wie Jörg Ahmann und Axel Hager, die Olympiadritten von Sydney 2000; ebenfalls Andreas Scheuerpflug, Olympiafünfter von Athen 2004. Nun hat Wickler, der mit glänzendem Spielverständnis, einer herausragenden Antizipation, starker Technik und einem beeindruckenden Schlagrepertoire ausgestattet ist, all die großen Namen überholt.

Umtost von ballermannartiger Partystimmung und dem Beifall der rund 4500 Zuschauer, brachte er es aber auch in diesem Moment fertig, den Fokus von sich fernzuhalten. "Laura Ludwig hat noch mehr, die packe ich mir irgendwann", sagte er. Ludwig, die im Sommer mit EM-Bronze in Wien den größten gemeinsamen Erfolg mit Louisa Lippmann erzielt hatte, war in Timmendorfer Strand nicht angetreten, um Blessuren auszukurieren und sich nicht ablenken zu lassen in der Vorbereitung auf Paris 2024. Mit sieben DM-Titeln ist die Mutter zweier Kinder die Königin im Sand.

"Die ersten drei Spiele hat er fast alleine gewonnen, da musste er mich ein bisschen durchschleppen": Clemens Wickler hat viel Lob übrig für seinen Partner Nils Ehlers (rechts). (Foto: Georg Wendt/dpa)

Nach einem Turnier, in das Wickler nur schwer hineinfand, lobte er auch seinen Blocker Ehlers, dessen definiertem Oberkörper man bei der üblichen Siegersause ansah, dass er zuletzt viel Zeit mit Athletiktraining verbracht hat. Ehlers zeigte starke Blocks, was seine Aufgabe ist; unterstützte seinen mitunter in der Annahme wackelnden Partner zudem durch einige spektakuläre Rettungsaktionen - auch im Finale: "Nils hat ein überragendes Turnier gespielt. Die ersten drei Spiele hat er fast alleine gewonnen, da musste er mich ein bisschen durchschleppen. Er hat in der Winterphase sehr hart an sich gearbeitet. Wie er sich entwickelt hat, das macht Angst", rühmte Wickler seinen Partner. Und er richtete gleich noch einen taktischen Hinweis an die Kontrahenten: "Es wäre dumm, wenn die Gegner weiter auf Nils spielen."

Haben ihren DM-Titel bei den Frauen verteidigt: Cinja Tillmann (li.) und Svenja Müller. (Foto: Wolf Gebhardt/Lobeca/Imago)

Wickler und Ehlers, die erst seit Anfang 2022 ein Duo bilden, finden mehr und mehr zusammen, das zeigt dieser Sommer. Auch international überzeugten sie bislang mit zwei fünften Plätzen bei Weltserienturnieren der höchsten Kategorie und Rang fünf bei der EM. Aber für den Sprung ins Halbfinale auf den ganz großen Bühnen benötigen sie noch mehr Konstanz. Sie sind momentan zugleich als Neunte das einzige deutsche Team in den besten Zehn der Weltrangliste. Bei den Frauen herrscht zwar eine größere Leistungsdichte in der deutschen Spitze, aber in Cinja Tillmann und Svenja Müller, die ihren DM-Titel im Finale gegen Anna Behlen und Sarah Schulz (21:14, 21:15) klar verteidigten, rangiert das beste Duo des DVV aktuell nur auf Platz 18 der Welt.

Die Weltmeisterschaft Anfang Oktober in Mexiko gilt nun als wichtigster Fingerzeig für die Nationalteams Richtung Paris 2024, wofür sich neben dem mangels weiterer deutscher Duos von internationalem Format wohl einzigen deutschen Männer-Duo Ehlers/Wickler im Idealfall zwei Frauen-Duos qualifizieren können. Ein Quartett buhlt dort um die maximal zwei Olympiaplätze, neben Tillmann und Müller sind dies Ludwig und Lippmann, Julia Sude und Isabel Schneider sowie Karla Borger und Sandra Ittlinger.

Um solchen internen Konkurrenzkampf dürften Clemens Wickler und Nils Ehlers die Frauen wohl fast beneiden; bei den Männern zeigen sich die Strukturprobleme in der deutschen Beachvolleyball-Spitze gerade jedenfalls noch stärker. Wickler ist mit Ehlers ohne Satzverlust durchs Turnier in Timmendorfer Strand gehechtet, was ihre Überlegenheit untermauert - an einem Wochenende, das nach schwierigen Corona-Jahren und viel Chaos im Deutschen Volleyball-Verband endlich mal wieder werbeträchtig war für die Strandvariante.

Dass Clemens Wickler 2024 zurückkommen wird, um mit Laura Ludwig gleichzuziehen, daran besteht kaum ein Zweifel. Die große Frage ist, ob es ihm gelingt, ein paar Wochen vorher in Paris seine zweite große internationale Medaille nach WM-Silber 2019 zu gewinnen. Der Rahmen wäre prächtig, im knapp 13 000 Zuschauer fassenden Beachvolleyball-Stadion direkt am Eiffelturm.

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