FC Bayern im DFB-Pokal:Applaus nur für den Verlierer

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Die größte der vergebenen Großchancen: Renato Sanches hämmert einen Elfmeter an die Latte des gegnerischen Tors. (Foto: Christof Koepsel/Getty)
  • Der FC Bayern kommt im Pokal mühsam eine Runde weiter, indem er gegen Rödinghausen 2:1 gewinnt.
  • Dabei zeigen die Münchner erneut Schwächen - vor allem in der Defensive.

Von Carsten Scheele, Osnabrück

Niko Kovac darf also Trainer beim FC Bayern bleiben, das ist die wichtigste Nachricht für die Münchner in dieser Pokalspielrunde, denn die Serie des Viertligisten SV Rödinghausen ist dann doch gerissen. Der Klub aus dem nördlichsten Zipfel Nordrhein-Westfalens hat sich zuletzt einen Ruf als Trainerschreck erworben: Nach dem Erstrunden-Sieg im DFB-Pokal gegen Dresden musste dort der Übungsleiter gehen, gleiches passierte nach dem Erfolg im Verbandspokal gegen den Drittligisten Lotte.

Die Bayern haben die Reise unbeschadet überstanden, sie gewannen in der zweiten DFB-Pokal-Runde 2:1 (2:0) beim Viertligisten und stehen im Achtelfinale, auch wenn die Leistung ziemlich fahrig und alles andere als souverän wirkte. Das sah auch Trainer Kovac so, der das Stadion zornig verließ, im Wissen, dass da ganz andere Aufgaben auf seine Mannschaft warten.

Rödinghausen, 2009 noch Kreisligist, danach aber fünfmal in Serie aufgestiegen, war für das Pokalschlagerspiel nach Osnabrück umgezogen. Nur 2800 Zuschauer hätten im heimischen Wiehenstadion Platz gefunden, deshalb der Umzug ins 34 Kilometer entfernte Stadion an der Bremer Straße, wo 16 600 Menschen reinpassen, was auch nötig wird, wenn die Münchner mit ihrer gesamten Entourage anreisen.

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Gegen Rödinghausen fallen frühe Tore, danach ist das Spiel eher ein Trainingskick - bis der Außenseiter verkürzt. Am Ende gelingt Bayern nicht mehr als ein Arbeitssieg.

Wobei der Rekordmeister und Rekordpokalsieger fast eine ganze Mannschaft zu Hause ließ: Arjen Robben fehlte mit einer Rückenverletzung, auch Jérôme Boateng (Magen-Darm), James (Erkältung), Mats Hummels (angeschlagen), dazu die Langzeitverletzten Corentin Tolisso und Kingsley Coman blieben in München, ebenso Ersatztorhüter Sven Ulreich. Die Bayern hatten schon in der ersten Runde ein unterklassiges Team erwischt, den Fünftligisten Drochtersen-Assel, und dort 1:0 gewonnen, weil Robert Lewandowski kurz vor Schluss getroffen hatte.

Und auch diesmal taten sie sich enorm schwer. Zwar gingen die Münchner früh in Führung, als Renato Sanches einen Heber in den Strafraum direkt zu Sandro Wagner weiterleitete und dieser den Ball ins Tor setzte (4.). Als Thomas Müller neun Minuten später einen Elfmeter zum 2:0 verwandelte (Sanches war gefoult worden), stellten sich schon einige auf einen sehr angenehmen Abend ein, so angenehm dieser nun einmal sein kann im böigen, westniedersächsischen Nieselregen.

Doch Rödinghausen, Fünfter der Regionalliga, vom ortsansässigen Hersteller von Luxusküchen finanziell unterstützt, verkraftete den Rückstand bestens. Die Viertligakicker merkten, dass die Bayern ihre Bemühungen nach dem 2:0 fast komplett einstellten, und wagten sich selbst nach vorne.

Da war beispielsweise Azur Velagic, der Verteidiger mit dem orangenen linken und dem schwarzen rechten Schuh, der Franck Ribéry an der Seitenlinie den Ball abluchste und das ganze Stadion zum Brüllen brachte. Noch lauter wurde es, als Sanches den zweiten Münchner Elfmeter mit Verve an die Latte knallte (23.). Im Gegenzug hätte Simon Engelmann fast getroffen für den Außenseiter, sein Ball ging allerdings einen guten Meter am Tor von Manuel Neuer vorbei (24.).

"Wir sind in Schönheit gestorben", sagte Kovac, "wir haben zu viele Fehlpässe gespielt, die den Gegner aufgebaut haben."

Doch das Erfolgserlebnis blieb dem Viertligisten nicht verwehrt. Schon 14 Sekunden nach dem Anpfiff stand Engelmann erneut im Mittelpunkt, schoss aber drüber (46.). Viel besser machte es Linus Meyer, der Zehner, der zweifellos das Tor seines Lebens erzielte, als er im Laufduell schneller war als Rafinha (50.). Kurz zuvor hatte Javi Martínez schon Kelvin Lunga auf der Außenbahn nicht am Flanken hindern können.

Das sah defensiv überhaupt nicht gut aus, was die Münchner anboten, und die Frage, wie das in eineinhalb Wochen beim Bundesliga-Gipfeltreffen bei Borussia Dortmund werden soll, wenn Sancho, Guerrero und Alcácer auf die Bayern zuwirbeln (statt Engelmann, Lunga und Meyer), war absolut berechtigt.

"Wir können das Spiel viel ruhiger zu Ende spielen, wenn wir das dritte oder vierte Tor erzielen", sagte Kovac, "so aber war es wieder ein Zittern bis zum Schluss." Um den Sieg zu retten, wich der Bayern-Trainer von seinem ursprünglichen Plan ab, den einen oder anderen seiner Vielspieler zu schonen. Er wechselte Joshua Kimmich und Serge Gnabry ein, Letzteren für Thiago, der sich bei einem Zweikampf eine schmerzhafte Blessur abgeholt hatte, womöglich mit Folgen: "Es sieht nicht gut aus", sagte Kovac. Am Ende beklatschte das Stadion die Verlierer, während die Sieger mürrisch vom Platz schlichen. Wieder einmal hatten die Bayern eine Leistung gezeigt, die dem Selbstverständnis des Klubs überhaupt nicht entspricht.

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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