Bayern-Reise nach Saudi-Arabien:Pep und Peitschenhiebe

Lesezeit: 2 min

Wollte der FC Bayern nicht immer anders sein? Pep Guardiola im Trainingslager in Katar (Foto: dpa)

Darf der FC Bayern zu einem lukrativen Showspiel nach Saudi-Arabien reisen? Ein Fußballklub muss nicht moralischer sein als Politik und Wirtschaft. Aber er sollte dann auch nicht so tun.

Ein Kommentar von Claudio Catuogno

Ist es vertretbar, deutsche Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern? Mit dieser Frage schlägt sich die Politik seit Jahren herum, in ihr bündeln sich all die widerstrebenden Interessen politischen Handelns: Wirtschafts- und Sicherheitsfragen auf der einen Seite, moralische Erwägungen auf der anderen. Der FC Bayern München, Deutschlands berühmtester Fußballklub, hat am Wochenende ein Flugzeug voll mit Fußballprofis nach Saudi-Arabien geliefert: für ein lukrativ vergütetes Freundschaftsspiel in Riad gegen den Klub Al-Hilal. Zwar sind Panzer und Fußballer grundverschieden. Aber die Fragen, die so einen Deal begleiten, sind sich gar nicht so unähnlich.

Auch hinter der Fußball-Reise ins autokratische Königreich stehen wirtschaftliche Interessen - die des Bayern-Sponsors Volkswagen, für den es offenbar nachrangig ist, dass Frauen in Saudi-Arabien weder ins Stadion noch hinters Steuer dürfen. VW verkauft seine Autos dann eben einfach den Männern. Doch zugleich wird nun immer lauter die Frage gestellt, ob den Bayern-Chefs bewusst war, welches Regime sie da aufgewertet haben, indem sie zur großen Show anreisten.

Überall dabei, wo es sich finanziell lohnt

Dass der Sport nicht per se moralischer ist als andere Wirtschaftszweige, hat man schon gut bei den Winterspielen in Sotschi beobachten können, wo das von dem Deutschen Thomas Bach geleitete Internationale Olympische Komitee sich Wladimir Putin zu Füßen warf - während etwa der Umweltaktivist Jewgenij Witischko zu Lagerhaft verurteilt wurde, weil er gegen das Sportfest protestiert hatte. Der Sport verdient einen Haufen Geld mit der Vermarktung des Fairplay-Gedankens, wirft ihn aber rasch über Bord, wenn es ohne Fairplay mehr zu verdienen gibt.

Kritik am FC Bayern
:"Im Zweifel auf die Seite des Geldbeutels"

Während der deutsche Meister schweigt, mehrt sich die Kritik an den Geschäftsbeziehungen des FC Bayern. Das Testspiel der Münchner in Saudi-Arabien rügen jetzt auch Verantwortliche des Fußballbetriebs.

Nur: Wollte der FC Bayern nicht immer anders sein? Erfolgreich - und sozial? Verantwortungsbewusst? Die Ultra-Fans des Klubs haben 2014 einen Preis bekommen, weil sie Kurt Landauer, den von den Nazis verfolgten jüdischen Präsidenten des Klubs, dem Vergessen entrissen haben. Der FC Bayern hat dieses Engagement unterstützt und sich gerne dafür loben lassen. In Saudi-Arabien dürfen Juden gar nicht erst einreisen. Bei den Menschenrechten sieht es düster aus. Erst kürzlich wurden dem Blogger Raïf Badawi öffentlich 50 Peitschenhiebe über den Rücken gezogen, weitere 950 sollen folgen - weil er liberales Gedankengut verbreitete. Und was sagte Bayern-Trainer Pep Guardiola in Riad zu diesem Land? "Es ist eine Ehre, hier zu sein."

Der Katalane Guardiola galt bisher als politischer Mensch - doch vor allem ist er ein Fußball-Promi, der seinen Marktwert kennt. Er war Botschafter für die umstrittene Weltmeisterschaft 2022 in Katar und gerade mit seinem Klub dort im Trainingslager. Auch das gegen gutes Geld.

FC-Bayern-Reise nach Saudi-Arabien
:Gegen die eigene Geschichte

Die Kritik an der Reise des FC Bayern nach Saudi-Arabien reißt nicht ab. Auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, wundert sich über die mangelnde Sensibilität der Klubspitze - der Einfluss eines Sponsors scheint groß.

Von Benedikt Warmbrunn

Darf man vom Sport verlangen, moralischer zu sein als Politik und Wirtschaft? Zumindest sieht man jetzt auch manches Engagement des FC Bayern aus der Vergangenheit in anderem Licht. Die Bayern sind halt überall dabei - wo es sich lohnt.

© SZ vom 21.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: