Bayern-Niederlage gegen Bamberg:Von einer Büffelherde überrannt

Lesezeit: 3 min

Bambergs Janis Strelnieks (in Weiß) entkommt den Münchnern (Foto: dpa)
  • Die Bayern-Basketballer erleben eine schlimme Niederlage: In Partie Nummer zwei der BBL-Finalserie führen sie gegen Bamberg bis kurz vor Schluss - doch im allerletzten Augenblick verlieren sie.
  • Zu den Ergebnissen der Finalserie geht es hier

Aus der Halle von Jonas Beckenkamp

Da wo sonst die fleißigen Bodenwischer mit ihren Mops das Parkett wienern, stand Daniel Theis. An ihm tropften Schweißperlen herab. Bambergs Nationalspieler ist ein stattlicher Kerl mit noch stattlicheren Tattoos, aber in diesem Moment musste auch er nach Worten suchen. "Wir haben uns zusammengerauft, haben an uns geglaubt", sagte er, "das musste sein, denn wir haben eine grauenhafte erste Halbzeit gespielt." Theis war so überwältigt, dass er kaum weitere Auskünfte geben konnte. Plitsch, platsch, da kullerten weitere Tropfen von seiner Stirn auf den Boden.

Genau auf die Stelle, an der sich zuvor ein höchst kurioses Basketballspiel entschieden hatte, als Theis' Kollege Dawan Robinson in allerletzter Sekunde einen Korbleger zum Bamberger Sieg durch die Reuse hievte. 80:78 (35:49) lautete das Ergebnis zugunsten der Gäste, die damit die Finalserie um den Meistertitel im deutschen Basketball ausgleichen konnten. Dass der FC Bayern nun nicht 2:0 führt und ein paar Champagnerflaschen einkühlen kann, daran hatte auch Theis seinen Anteil. 15 Punkte, acht Rebounds und zwei Blocks waren ihm gelungen. Den Großteil seines Ertrages erwirtschaftete er nach der Pause.

Basketballer des FC Bayern
:Übertölpelt in letzter Sekunde

Lange führt der FC Bayern, doch dann gewinnt Bamberg: Der Führungstreffer gelingt mit der Schlusssirene. Durch das 80:78 ist der Kampf um die deutsche Basketball-Meisterschaft wieder ausgeglichen.

Erste Hälfte Bayern, zweite Hälfte Bamberg - selten hat es in der Münchner Rudi-Sedlmayr-Halle zwei so unterschiedliche Abschnitte gegeben. Wie diese Partie Korb um Korb unaufhaltsam auf dieses beinahe surreale Ende zusteuerte, verdient Anerkennung. Es war eine Wendung, wie sie nur im Basketball möglich ist, diesem hundsgemeinen Roulette der vielen Möglichkeiten. "Wir waren unglaublich schlecht vor der Pause, es war peinlich", räumte Bambergs Trainer Andrea Trinchieri ein, der als einer der ersten wieder klare Gedanken fassen konnte, "aber was für eine Schlacht: Wir hatten den Willen, hier etwas ganz Spezielles zu schaffen."

16:4 waren die Bayern zunächst in Führung gegangen, später sogar 35:17 - wie ein 3:0 im Fußball. Möglich gemacht hatte den Münchner Energierausch die Bamberger "Mozzarella-Verteidigung", wie Trinchieri (ein gebürtiger Mailänder) es nannte. Die Münchner ließen den weichen Gegner auf Minimalgröße schmelzen, sie durften zur Freude der Anhängerschaft sogar ein keines Dunkingfestival zelebrieren. Nihad Djedovic agierte erneut in der Form der Halbfinalserie gegen Berlin, während Bambergs Bester, Brad Wannamaker, mit Anton Gavels Terrierqualitäten Bekanntschaft machte.

Wenig deutete auf ein Comeback der Franken hin. Und trotzdem geschah es, weil Gavel plötzlich wegen einer Hüftverletzung auf die Bank musste. Weil der Meister auf einmal die Anstrengungen der vergangenen Wochen in den Knochen spürte, in denen er deutlich härter kämpfen musste als die Bamberger. "Wir hatten einfach keine Antworten mehr und haben nicht gut reagiert," stellte Djedovic fest, der seinen starken 15 Punkten aus Hälfte eins keinen einzigen mehr hinzufügen konnte. Der Bosnier musste an Gavels Stelle den Sicherheitsmann gegen Wannamaker (19 Punkte, zehn Rebounds) geben - das kostete ihn zu viel Kraft.

Überhaupt, die Physis: Auf Münchner Seite erschlafften die Aktionen Minute für Minute, während die jüngeren, fitteren Gäste den Fight genüsslich annahmen. Als Schlüssel entpuppte sich aus Sicht der Bamberger, dass sie endlich auf komplizierte Würfe aus der Entfernung verzichteten. "Vor der Pause trafen wir nichts. Vielleicht haben Aliens den Korb vernagelt", scherzte Trinchieri, "also mussten wir unser Spiel umstellen." Die Willensleistung vollbrachte sein Team, in dem es mit aller Gewalt den Innenbereich attackierte. Das Reich der Ellbogen und Luftkämpfe durchkämmten im letzten Viertel ausschließlich Bamberger Spieler - am Ende wies die Statistik in der Zone 48:34-Punkte für die Baskets aus.

Dabei hatte dort bisher (so auch in Spiel eins) das Münchner Hoheitsgebiet gelegen. Der Münchner Substanzverlust reichte bis zu Trainer Svetislav Pesic, der hinterher dreinschaute, als hätte ihn eine Büffelherde überrannt. Er machte "physisches und mentales Versagen" bei seinen Profis aus - eine ganz schlechte Kombination in jeder Lebenslage. So trudelte dieses Spektakel auf den letzten Moment zu, als Wannamaker sich beim Stand von 78:78 einer Wand von Bayern gegenüber sah und den Ball doch noch zu Robinson durchsteckte. Drin, Schlusssirene, ein paar Diskussionen, ob der Wurf noch innerhalb der Zeit gekommen war, dann war es mit einem lauten Knall aus.

Für Pesics Männer eine Niederlage, die sich fast wie das Manchester-Desaster der Bayern-Fußballer 1999 anfühlen muss. Die ganze Zeit geführt und doch verloren. Auch wenn es nicht um so viel ging wie damals. "Wir haben Bamberg den Sieg gegeben, einfach so", meinte Djedovic noch. Dann schlurfte er davon - im Wissen, dass diese Serie nun mindestens vier Duelle hervorbringen wird. Fortsetzung am Sonntag in Bamberg. Die Männer mit den Wischmops schrubbten derweil diese bizarre Münchner Pleite vom Parkett.

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: