Bayern-Gegner FC Porto:Wunschgegner aus Überzeugung

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Portos Casemiro: Bei Real nicht gebraucht, in Porto gesetzt (Foto: REUTERS)
  • Beim FC Porto tummeln sich etliche Talente, die nichts mehr erhoffen als die große Bühne - das Viertelfinale der Champions League gegen den FC Bayern kommt ihnen gelegen.
  • Trainer Julen Lopetegui beschert das Spiel den nächsten Neuaufbau.
  • Tabellen und Statistiken zur Champions League finden Sie hier.

Von Oliver Meiler

Mit der Kategorie der Wunschgegner ist es so eine Sache. Der Wunsch orientiert sich ja ganz an der Freude über die vermeintliche Schwäche des Gegners, über dessen absehbare Unterlegenheit. Ein bisschen respektlos ist solches Wünschen also schon.

Bei der Auslosung der Viertelfinal- Paarungen der Champions League entsprachen diesem Profil zwei Vereine im Besonderen: der AS Monaco und der FC Porto. Man darf also annehmen, dass sich die Verantwortlichen an der Säbener Straße über die Bescherung aus Nyon freuten, vielleicht sogar ausgelassen. Während sich die beiden Madrider Vereine Real und Atlético in einem Kampf der Ebenbürtigen ergehen müssen, während auch von Paris- St. Germain und dem FC Barcelona nur ein Mitfavorit übrigen bleiben wird, lacht den Münchnern mit dem FC Porto ein klassischer Wunschgegner. Nur sagen würden sie das natürlich nicht. Nicht öffentlich.

Stimmen zur Champions-League-Auslosung
:"Auch 1987 war Bayern der Favorit"

Die Münchner hätten schwierigere Gegner als den FC Porto erwischen können. Thomas Müller spricht dennoch von einer "Klassemannschaft", Pep Guardiola von "großer Qualität". Matthias Sammer erinnert an eine bittere Final-Niederlage.

Manch ein Wunsch endete schon im Fluch. Wer hätte denn gedacht, damals, vor dem Finale im Europacup der Landesmeister 1987 in Wien, dass Porto Bayern besiegen würde? Die Paarung hat also ihre antithetische Geschichte. Im Norden Portugals erinnert man sich nun mit Genugtuung an die Sternstunde, die vom Hackentor des Algeriers Rabah Madjer lebt. Bayern - ein Wunschgegner?

Der FC Porto, ein stolzer Traditionsverein, gegründet 1893, 25 Meistertitel, etliche internationale Trophäen, stellt in diesem Jahr ein Team junger Spieler, 24 Jahre im Durchschnitt, die erfrischend wenig zu verlieren haben, die nichts mehr erträumen als große Bühnen, Schaufenster für die Demonstration ihres Talents. Wer zum FC Porto kommt, der hofft, bald weiterverkauft zu werden, in eine große Liga Europas. Dafür ist der Verein bekannt. Er kauft Personal billig ein, vor allem aus Südamerika, fördert es im Schnellverfahren und gibt die Besten teuer weiter. Meistens schon nach kurzer Zeit.

So kamen und gingen in den vergangenen zehn Jahren Deco, Radamel Falcao, Pepe, Hulk, Diego und James Rodríguez. Der FC Porto war für sie eine Transitstation, ein Katapult. Allein mit Spielerverkäufen nahm Porto in dieser letzten Dekade 778 Millionen Euro ein. Wenn der sportliche Erfolg da ist, wenn die Talente sich empfehlen können, funktioniert das Geschäftsmodell. Dann sind auch die Aktionäre zufrieden, und das ist zentral: Der Verein ist an der Börse notiert. Mangelt es hingegen an Gelegenheiten für die Präsentation des Kapitals, sind alle unzufrieden. Nur die Fans sind hin- und hergerissen: Je besser es läuft, desto größer ist jeweils nach Saisonende der Aderlass der Lieblinge.

In dieser Spielzeit läuft es beim FC Porto sportlich wieder wunderbar. In der Champions League hat man bisher noch nicht verloren. In der nationalen Meisterschaft steht man zwar hinter dem ewigen Rivalen Benfica Lissabon auf dem zweiten Platz, wie so oft. Doch der Abstand beträgt nur vier Punkte, und alle rühmen Portos gepflegtes Spiel - ein offensives 4-3-3-System mit viel Ballbesitz und schnellem Passspiel. In Porto sehen sie darin einen Kulturwandel, eine Revolution.

Verantwortlich zeichnet dafür ein Baske, dem man bei seiner Ankunft im vergangenen Sommer zunächst mit viel Skepsis begegnet war: Trainer Julen Lopetegui. Der ehemalige Torwart, 48 Jahre alt, hatte keine ganz große Karriere als Aktiver, war dann lange Zeit Verbandstrainer bei spanischen Nachwuchsteams, ein Pädagoge mit schulmeisterlichem Auftritt und mächtiger Stimme. Als Spieler hatte Lopetegui unter anderem drei Jahre in Diensten Barças gestanden, Mitte der Neunziger, als auch Pep Guardiola im Verein spielte. Er war meistens nur Ersatz und ging dann leise.

An Lopeteguis Spielanlage erkennen die Chefanalysten der Sportzeitungen Züge der "spanischen Schule", die sich mit den Stilvorstellungen Guardiolas decken. Und die unterscheiden sich wiederum fundamental von jenen José Mourinhos, dem letzten großen Coach in der Stadt, der den FC Porto 2004 zum zweiten Sieg in der Champions League mauerte. Wenn von Lopeteguis Revolution die Rede ist, dann ist der Stilbruch mit "Mou" gemeint. Der Spanier Lopetegui holte viele junge Spanier nach Portugal, was dort zwangsläufig als Affront empfunden wurde, wie eine Geringschätzung der einheimischen Jugend. Nie war der FC Porto spanischer.

So kamen etwa Christian Tello, der schnelle Flügelstürmer aus dem Nachwuchs von Barça, und der 20 Jahre alte Óliver Torres, ein kreativer Mittelfeldspieler von Atlético Madrid. Von Real Madrid lieh sich der Verein den Brasilianer Casemiro aus, einen defensiven Mittelfeldspieler mit beträchtlichem Aktionsradius, der in seinem Stammverein kaum zum Einsatz kam und in Porto nun das Spiel organisiert. Aus Granada gesellte sich der Algerier Yacine Brahimi dazu, der an guten Tagen an Zinédine Zidane erinnert, ein bisschen wenigstens. Als Außenverteidiger marschieren zwei Brasilianer, Danilo und Alex Sandro. Der Star der Mannschaft ist Kolumbianer und Stürmer, Jackson Martínez, mit 28 einer der Veteranen.

Alle Genannten stehen auf den Wunschlisten großer Klubs. Für den Sommer. In der Zwischenzeit geben sie gerne die Wunschgegner.

© SZ vom 21.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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