Bayerns Basketballer:Der Meister muss vier Punkte aufholen

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Engagierter Einsatz: Ludwigsburgs bester Werfer Hans Brase (rechts) entwendet Münchens Center Mathias Lessort den Ball. (Foto: Imago/BBL-Foto)

Beim BBL-Meisterschaftsturnier droht Titelverteidiger Bayern München das Viertelfinal-Aus. Im Rückspiel gegen Ludwigsburg hoffen die Verantwortlichen auf eine erneute Leistungssteigerung.

Von Ralf Tögel, München

"Wir müssen die guten Dinge aus dem Spiel mitnehmen" - als Marko Pesic das sagte, mag er an folgende Szene gedacht haben: Erst wirft sich Vladimir Lucic ins Rebound-Getümmel, kurz darauf hechtet Maodo Lo nach dem Ball, alle Spieler auf der Bayern-Bank springen wild gestikulierend auf, Trainer Oliver Kostic schlägt inmitten der Szenerie die Hände über dem Kopf zusammen und kritisiert lautstark die Schiedsrichterentscheidung. Oder an jene: Danilo Barthel stopft nach einer flüssigen Kombination den Ball mit Wucht zum 47:36 in den gegnerischen Korb, ballt die Fäuste und brüllt seine Anspannung in die leere Münchner Halle. In jenen kurzen Sequenzen zeigten die Basketballer des FC Bayern München mehr Energie als in den vorangegangenen vier Spielen zusammen.

Der FC-Bayern-Geschäftsführer musste aber auch Szenen wie diese mit ansehen: Ludwigsburgs Kraftpaket Marcos Knight setzt sich gegen Mathias Lessort und Vladimir Lucic durch und schnappt sich den Offensivrebound, den er gegen die beiden deutlich größeren FC-Bayern-Profis auch noch in den Korb legt. Letztlich waren es Aktionen wie diese, die das Kräftemessen zwischen dem deutschen Meister aus München und den MHP Riesen Ludwigsburg mit 87:83 zugunsten der Württemberger entschieden. Damit nimmt Ludwigsburg vier Punkte Vorsprung mit in das Viertelfinalrückspiel am Freitagabend (20.30 Uhr); die K.-o.-Runde des Finalturniers um die deutsche Basketball-Meisterschaft wird in dem eher unüblichen Hin- und Rückspiel-Modus ausgetragen.

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Der Titelverteidiger steht in dieser Partie "mit dem Rücken zur Wand", wie Pesic feststellt; er habe aber trotz der Niederlage einiges gesehen, was ihm Hoffnung macht: "Wir haben 35 Minuten lang ordentlich gespielt und wie gegen Oldenburg den Großteil der Partie kontrolliert." Dummerweise dauert ein Basketballspiel aber 40 Minuten, und deswegen gelang es den Münchnern weder im letzten Gruppenspiel gegen Oldenburg (81:89) noch gegen Ludwigsburg zu gewinnen.

Immerhin ist eine Steigerung im Vergleich zum oft blutleeren Auftreten der Vorrunde erkennbar. Vor allem die Guards T. J. Bray und Maodo Lo zeigten sich engagierter, der Amerikaner spielte sogar seine bisher beste Halbzeit im FC-Bayern-Trikot und führte sein Team mit zwölf Punkten zu einer 42:36-Halbzeitführung, nachdem es nach den ersten Viertel noch 15:21 hinten lag. In der zweiten Halbzeit aber tauchte Bray wieder unter und sammelte keine weiteren Zähler. Wofür Pesic Verständnis zeigt, schließlich sei Bray zu Beginn der Corona-Pause nach Hause geflogen, wo er "acht Wochen nicht Basketball gespielt hat".

Weil Vladimir Lucic und Paul Zipser, die das Münchner Spiel bisher weitgehend getragen haben, einen mäßigen Abend erwischten, reichte es erneut nicht; die Bayern kassierten im fünften Turnierspiel die dritte Niederlage. Nur Danilo Barthel zeigte eine tadellose Leistung, der Kapitän war mit 20 Punkten bester Schütze und ging mit großem Kampfgeist voran. Doch die Bayern scheiterten erneut an ihren für dieses Finalturnier typischen Aussetzern, sie lassen sich durch einfach Ballverluste und schwachen Würfe allzu leicht aus dem Konzept bringen. "Wenn wir diese zwei, drei Minuten der Unkonzentriertheiten abstellen", ist Pesic sicher, dann werde man auch ins Halbfinale einziehen: "Ein Sieg mit fünf Punkten ist nicht unmöglich."

Ludwigsburg bestätigt den starken Eindruck aus der Gruppenphase

Die Niederlage aber allein an den eigenen Schwächen festzumachen, würde dem Gegner keinesfalls gerecht. Ludwigsburg war hinter den Münchnern schon Tabellenzweiter, als die Saison unterbrochen wurde. Und nun bestätigte das Team aus Baden-Württemberg den starken Eindruck, den es im bisherigen Turnierverlauf hinterlassen hat. Nur dem Pokalsieger Alba Berlin musste sich die Auswahl von Trainer John Patrick bisher beugen, die Riesen, denen wie den Münchnern wichtige Spieler fehlen, überzeugen mit schnellem und leidenschaftlichem Spiel. Patrick, 52, sprach hernach gar von dem "intensivsten Spiel" in seiner 20 Jahre währenden Trainer-Laufbahn.

Er bleibt dennoch bescheiden: "Es gibt noch nichts zu feiern, aber ich hoffe, dass das Abenteuer für uns weitergeht." Stolz sei er auf seine Spieler, von denen neben Knight (17) auch Thomas Wimbush (16) und Jaleen Smith (16) zweistellig punkteten. Besonders Hans Brase gefiel dem Coach, der in der bisherigen Saison nicht viel spielte, nun aber mit 18 Punkten einen persönlichen Bestwert aufstellte. Diese für Playoff-Spiele typische Unberechenbarkeit sollte man vom stark und tief besetzten FC-Bayern-Kader erwarten - doch der präsentiert sich bislang vergleichsweise bieder und berechenbar. Das Gros der Akteure ist von der Bestform weit entfernt.

So bleibt zunächst die Hoffnung auf eine weitere Leistungssteigerung: "Jetzt ist erst Halbzeit, wir werden vorbereitet sein", sagt Trainer Oliver Kostic. Pesic fordert mehr Selbstvertrauen: "Wir müssen etwas mutiger spielen und mehr riskieren." Auch der Geschäftsführer zeigt Zuversicht: "Wir hatten in der Vergangenheit schon viele ähnliche Situationen. Dann hat die Mannschaft immer gut reagiert."

© SZ vom 19.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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