Basketball-Pokal-Finale:Fähnchen Nummer elf

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Duell der überragenden Spielmacher: Maodo Lo (li.) behält letztendlich mit Alba Berlin die Oberhand gegen Crailsheim um T. J. Shorts. (Foto: Oliver Behrendt/Contrast/Imago)

Gastgeber Alba Berlin bezwingt in einem hochklassigen Finale die leidenschaftlich kämpfenden Merlins Crailsheim und kürt sich zum Rekord-Pokalsieger.

Von Ralf Tögel, Berlin/München

Die Berliner Basketballer können ein weiteres Fähnchen unter das gewaltige Hallendach der Mercedes-Benz-Arena ziehen: Mit dem 86:76-Triumph gegen die Hakro Merlins Crailsheim in einem hochklassigen Pokal-Finale hat sich Alba Berlin mit dem elften Titelgewinn zum alleinigen Rekord-Pokalsieger gekürt. Die Gäste aus Crailsheim hatten dem deutschen Meister in einem dramatischen und leidenschaftlichen Kampf alles abverlangt, letztendlich aber holte Berlin dank eines tiefer und besser besetzten Kaders verdient den ersten Titel der Saison.

Den besten Akteur aber hatten die Zauberer in ihre Reihen, T.J. Shorts agierte wie schon beim 85:71-Halbfinalsieg gegen die Löwen Braunschweig, in dem er 26 Punkte erzielt hatte, in überragender Form und war mit 30 Zählern erneut bester Werfer auf dem Feld. Zum besten Spieler wurde indes Berlins Spielmacher Maodo Lo gekürt, der wie Shorts in beiden Spielen prägender Akteur seiner Auswahl war. Mit Tränen in den Augen erklärte Shorts, dass er trotz der Niederlage "superstolz" auf sein Team sei, während Berlins Nationalspieler Johannes Thiemann zugab, dass er sich schon ein paar Mal während des Spiels gefragt habe, "ob es auch klappt".

Denn Alba war schwer ins Spiel gekommen, die Zauberer zogen mit der Chance auf den größten Erfolg der Vereinsgeschichte hochkonzentriert auf 7:0 davon, ehe sich der Gastgeber langsam schüttelte. Das erste Viertel ging noch klar 22:15 an den Außenseiter, der auch lange einen zweistelligen Vorsprung verteidigte (41:31., 17. Minute), ehe sich die Berliner zusehends in dieses Finale bissen. Alba erhöhte die Intensität in der Abwehr, kam so zu Ballgewinnen und mehr Sicherheit in der Offensive.

Vor allem Spielmacher Lo ging voran, der schon beim 91:81-Halbfinal-Erfolg gegen starke Niners Chemnitz zusammen mit Spielmacher-Kollege Jaleen Smith bestimmender Akteur war. Im Halbfinale hatten beide je 19 Punkte gesammelt, im Finale waren es 20 für Lo und 17 für Smith. Zur Halbzeit war Alba dran (39:43), und als nach dem Wechsel Smith und Jonas Mattisseck mit ihren Distanzwürfen mehrmals das Ziel fanden, kippte die Partie.

Berlin hatte am Vortag in Chemnitz den vermeintlich größten Brocken höchstselbst aus dem Weg geräumt, der seinerseits im Viertelfinale den Titelverteidiger FC Bayern entthront hatte, der aktuelle Bundesliga-Zweite spielt ohnehin eine bemerkenswert starke Saison. Nach dem ersten Viertel hatten die Sachsen noch klar geführt (30:23) und waren zur Pause (39:41) nah an der Sensation. Selbst nachdem sich Alba vor dem letzten Viertel etwas abgesetzt hatte (69:58), kamen die unermüdlich kämpfenden Niners wieder heran (68:73), der Umschwung aber gelang nicht mehr. Was nicht jeder im Team kommentarlos hinnehmen wollte, Niners-Guard Nelson Weidemann, der vom FC Bayern an die Sachsen ausgeliehen ist und sich dort zu einem Topspieler entwickelt hat, witterte hernach im Interview mit Magentasport gar eine Verschwörung hinter dem Scheitern seines Teams: "Wir sind beklaut worden."

Der Chemnitzer Guard Nelson Weidemann wittert nach dem Aus im Halbfinale gegen Alba eine Verschwörung: "Wir sind beklaut worden."

Zum einen habe man "gefühlt mit Fünf gegen Acht gespielt", womit der 22-Jährige die Leistung des dreiköpfigen Schiedsrichterteams scharf kritisierte. Als Beleg führte er die ungleiche Verteilung der Freiwürfe ins Feld, Berlin wurden 31 Versuche zugesprochen, Chemnitz 13. Einmal im emotionalen Redefluss hinterfragte er auch gleich noch den steinigen Weg seines Teams in dieses Halbfinale: Erst musste Chemnitz den Vorjahres-Halbfinalisten Ulm ausschalten, ehe im Viertelfinale der Titelverteidiger aus München wartete. "Und in der dritten Runde Berlin, ich weiß nicht, wie viel davon Zufall ist und wieviel tatsächlich gewollt war."

Im zweiten Halbfinale der Überraschungs-Teams, das auch lange spannend, aber weniger hochklassig war, hatten sich erwartungsgemäß die Crailsheimer durchgesetzt. Zwar konnten die Braunschweiger auf die Hilfe ihres Alleingesellschafters Dennis Schröder bauen, der NBA-Profi war in der Allstar-Game-Pause eigens aus Houston eingeflogen. Doch im letzten Viertel gingen den Niedersachsen nach einer starken Aufholjagd zu Beginn der zweiten Halbzeit die Kräfte aus, zuvor hatten sie noch angeführt vom starken Nationalspieler David Krämer, der 25 Punkte beisteuerte, das Spiel lange offen gehalten.

Man werde den Erfolg "ein bisschen feiern", sagte Alba-Coach Israel Gonzalez mit dem Gesichtsausdruck tiefster Zufriedenheit, für ihn war es der erste Titel als Berliner Cheftrainer. In vier Tagen schon geht es weiter in der Euroleague mit dem Auswärtsspiel bei Asvel Villeurbanne. In der europäischen Königsklasse wird Alba die Playoffs kaum erreichen können, im Rennen um die deutsche Meisterschaft bleibt die Chance hingegen groß, das nächste Fähnchen unter das Hallendach zu ziehen.

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