Basketball-Playoffs:Das falsche Gesicht

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Abgeprallt: Münchens Wade Baldwin wird von Berlins Ben Lammers beim Wurf geblockt, Niels Giffey und Leon Radosevic können nur zusehen. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Dem FC Bayern geht in eigener Halle gegen physisch und mental starke Berliner die Kraft aus. Alba führt in der Best-of-five-Serie 2:1 und kann schon am Sonntag seinen Titel verteidigen.

Von Ralf Tögel, München

Leon Radosevic war auf verlorenem Posten. Er hatte Jayson Granger tatsächlich noch eingeholt und ihn ohne Foul am Korbleger gehindert. Der Berliner Guard war nach einem Ballgewinn unter dem eigenen Korb alleine auf den der Bayern zusteuerte, doch Radosevic bekam keine Hilfe. Vielmehr stürmten zwei weitere Berliner Spieler heran, zu dritt hatten sie leichtes Spiel gegen Radosevic, Luke Sikma stopfte den Ball zum 70:64 in den Korb. Die Münchner Spieler? Sahen entkräftet aus der gegnerischen Hälfte zu. Es war eine bezeichnende Aktion, da noch fünf Minuten im Audi Dome zu spielen waren: Den Bayern, die im dritten Viertel mit einem Zehn-Punkte-Lauf noch auf 50:41 enteilt waren, ging in der Schlussphase erst die Kraft und dann der Glaube an den Sieg aus.

Alba Berlin gewann das dritte Spiel der Final-Serie mit 81:69 Punkten, führt in der Best-of-five-Serie 2:1 und hat zwei Matchbälle. Erstmals nach 465 Tagen durften wieder Zuschauer in den Dome, 1300 Anhänger waren am Samstag. Die ersten Matchball hat Berlin nun an diesem Sonntag (15 Uhr) erneut in der Münchner Halle. Sollte der nicht gelingen, käme es zum entscheidenden fünften Spiel am kommenden Dienstag in der Hauptstadt (19 Uhr).

Das Momentum, von dem im Basketball ja oft die Rede ist, liegt nun auf Seiten des Meisters, der den Titel bereits im Vorjahr im Dome gewonnen hat. Seinerzeit aber gegen Ludwigsburg und Corona-bedingt in einem Finalturnier. Münchens Trainer Andrea Trinchieri verschwendet indes keinen Gedanken daran, die Flinte ins Korn zu werfen: "Wir waren schon oft in dieser Situation", immer sei es seinem Team gelungen, zurückzukommen. Was nun "mehr eine psychologische, als eine physische Sache ist". Er jedenfalls sei "sehr zuversichtlich", nur eine Sache gebe ihm Vergleich zur bisherigen Saison zu denken: "Das ist die Anzahl meiner gesunden Spieler."

Berlin hat den breiteren Kader, vor allem die deutschen Spieler bringen wertvolle Entlastung

Zwar war Radosevic in den Kader zurückgekehrt und zeigte sofort eine starke Leistung, dafür musste zwischenzeitlich Vladimir Lucic vom Feld - und fünf Minuten vor dem Ende D.J. Seeley. Beide waren umgeknickt, doch während Lucic nach einer Pause weitermachen konnte, brach Seeley seinen Versuch der Rückkehr aufs Feld humpelnd ab. Ausgerechnet Seeley, der Guard war mit 23 Punkten bester Spieler und hatte seine Mannschaft kurz vor seinem Ausscheiden noch mit zwei feinen Dreiern auf 64:66 Punkte herangeführt. Für das Bayern-Team ist Seeley sehr wichtig, nach dem Ausscheiden von Paul Zipser ist er Trinchieris wichtigster Distanzschütze: "Für morgen wünsche ich mir einfach nur, dass D.J. spielen kann." Auch mit Seeley dürfte die Aufgabe schwer werden, denn die Gäste hatten die 66:76-Heimniederlage im zweiten Spiel bestens verdaut und präsentierten sich physisch wie mental in starker Form. Zudem profitiert Trainer Aito Garcia Reneses von einem breiteren Kader, vor allem seine jungen deutschen Spieler wie Tim Schneider oder Malte Delow brachten wichtige Entlastung. Zudem war der 2,21-Riese Christ Koumadje für den angeschlagenen Spielmacher Peyton Siva ins Team rotiert, der Center pflückte vor allem in der Schlussphase wichtige Rebounds unter den Körben.

Fünf Minuten vor dem Ende muss in D.J. Seeley der beste Münchner Schütze verletzt vom Feld, FCB-Coach Trinchieri hofft, dass er schnell wieder fit wird. (Foto: Marcel Engelbrecht/Imago Images)

Im Münchner Kader zeigte der Rückkehrer Nihad Djedovic erneut eine starke Leistung und punktete neben Seeley und Lucic (10) zweistellig (12), doch David Krämer, Sasha Grant und Jason George haben nicht das Niveau für derlei intensive K.o.-Spiele, alle drei blieben auf der Bank. Daher ist die Münchner Rotation deutlich kürzer und die Euroleague-Helden müssen immer weiter schuften, vor allem Jalen Reynolds und Wade Baldwin zeigen zunehmend Verschleißerscheinungen. Der Spielmacher sammelte zwar neun Punkte, verzeichnete aber auch in der entscheidenden Schlussphase schmerzhafte Ballverluste. FCBB-Coach Trinchieri zog daher eine simple Bilanz: "Wir haben 25 Minuten stark gespielt, ihnen aber 14 Würfe und 15 Rebounds mehr gegeben." So könne man schwerlich gewinnen, doch für Sonntag versprach der FC-Bayern-Trainer: "Wir werden ein anderes Gesicht zeigen."

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