Basketball:Die Kunst der Rotation

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Nur für Vladimir Lucic (li.) verlief das Wiedersehen mit dem ehemaligen Teamkollegen Paul Zipser zufriedenstellend, die Münchner hatten Heidelberg fest im Griff. (Foto: Wunderl/Beautiful Sports/Imago)

Der FC Bayern freut sich über das Wiedersehen mit Paul Zipser, fertigt seine Heidelberger aber gnadenlos ab. In Bologna und Mailand warten in der Euroleague schon diese Woche schwerere Gegner.

Von Ralf Tögel

Als die Münchner 35:18 führten, wurde Pablo Laso so richtig sauer. Er beorderte Ivan Kharchenkov nach einer Nachlässigkeit in der Defensive umgehend vom Feld, um dem 17-jährigen Toptalent ordentlich den Kopf zu waschen. Was sich manchen Außenstehenden nicht so recht erschlossen haben mag - denn die Frage, wer das Spielfeld als Sieger verlassen würde, war im zweiten Viertel der Basketball-Bundesliga-Partie des FC Bayern gegen die MLP Academics Heidelberg längst beantwortet. Eigentlich schon nach den ersten zehn Minuten, die mit 24:7 Punkten an den Meisterschaftsfavoriten gingen. Die heillos überforderten Gäste mussten eine 57:83-Pleite über sich ergehen lassen, die auch noch deutlicher hätte ausfallen können.

Aus Sicht des Bayern-Trainers wohl: müssen. Denn zwischenzeitlich spuckte Laso Gift und Galle, obwohl die Seinen das Geschehen auf dem Spielfeld jederzeit kontrollierten - sie leisteten sich nämlich auch ein paar Schlampigkeiten. Die Heidelberger, das muss man so sagen, sind in ihrer derzeitigen Form kein ernst zu nehmender Gegner für die stark besetzten Münchner, was sich mittlerweile auch in der Tabelle niederschlägt. Denn nach der Abreibung stürzten die Academics auf den letzten Platz, obwohl das Team nominell nicht einmal schlecht besetzt ist. In den ehemaligen Nationalspielern Akeem Vargas und Bennet Hundt oder dem Belgier Elias Lasisi stehen durchaus namhafte Akteure im Team, dazu haben die Heidelberger in Josh Gray, der mit 14 Punkten auch bester Gästespieler war, einen starken Spielmacher.

Und in Paul Zipser wechselte ein großer Spieler aus München in die Universitätsstadt und damit in seine Heimat. Der 29-Jährige wurde bei seinem ersten Auftritt an alter Wirkungsstätte zwar herzlich empfangen, spielt nach seinem langen Ausfall wegen einer Hirnblutung aber weiter unter seinen Möglichkeiten. So stellte sich ein Gegner im zum elften Mal hintereinander ausverkauften BMW Park vor, dessen Spieler nach ihrer Form suchen und nicht so recht zueinanderfinden, weshalb demnächst mit Verstärkungen zu rechnen ist.

In Niels Giffey und Andreas Obst dürfen zwei Weltmeister pausieren

Derlei haben die Münchner nicht nötig, denn zum einen sind sie auch in der Breite exzellent besetzt, zum anderen flutscht der Ball immer flüssiger durch ihre Reihen. Und Laso versteht es im Gegensatz zu seinem Vorgänger Andrea Trinchieri, durch eine große Rotation im Kader Kräfte zu schonen und alle Spieler zu integrieren. In Niels Giffey und Andi Obst bekamen zwei Weltmeister eine Pause, zudem durften sich in Devin Booker und Sylvain Francisco zwei weitere Hochkaräter ausruhen. Das bot die Gelegenheit für Akteure wie Nelson Weidemann, der in der Euroleague selten zum Einsatz kommt, aber mit 16 Punkten und fast perfekter Wurfausbeute glänzte. Das ist die große Kunst des Trainers eines großen Basketball-Vereins: die Spielanteile in der europäischen Königsklasse und der heimischen Liga so zu verteilen, dass in beiden Wettbewerben Erfolge erzielt werden, ohne einzelne Akteure physisch zu überfordern.

Neben Weidemann und Kharchenkov profitieren auch Niklas Wimberg oder Danko Brankovic vom Händchen ihres Trainers, ihre Leistungen werden stetig besser. Und in Martin Kalu bekam ein weiterer Hochtalentierter Einsatzminuten. Die Partie war auch eine gute Gelegenheit für Kapitän Vladimir Lucic, nach seiner halbjährigen Verletzungspause weiter Spielpraxis zu sammeln. Seit Mitte Dezember ist der 34-Jährige wieder im Spiel, damit hat Trainer Laso erstmals überhaupt den gesamten Kader zur Verfügung. Und was zu leisten imstande ist, mussten nun die überforderten Heidelberger erfahren. Die indes sind für den Pokalsieger in ihrer derzeitigen Form kein Maßstab, das aber wird sich schon diese Woche ändern.

Am Mittwoch nämlich gastiert der FCB in der Euroleague in Bologna, am Freitag in Mailand, ehe es am Sonntag in der BBL nach Rostock geht. Die Ressourcen mögen also gut verteilt sein, weshalb Laso ein großes Interesse daran hat, alle Akteure in wettbewerbsfähiger Form zu halten - da kann es auch mal lauter werden.

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