Basketball-EM:Deutschlands plötzlicher Biss-Booster

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Leonie Fiebich musste im ersten EM-Gruppenspiel noch angeschlagen zuschauen. Jetzt beweist mit ihrer Vielseitigkeit ihre Bedeutung fürs deutsche Spiel. (Foto: Sven Beyrich/Imago)

Dank der Kniffe von Bundestrainerin Lisa Thomaidis bewältigen die DBB-Basketballerinnen bei der EM auch schwierige Phasen. Anführerin Leonie Fiebich kämpft sich angeschlagen ins Turnier - dort ist nun ein großer Erfolg möglich.

Von Jonas Beckenkamp

Zum Glück gibt es moderne Technik, sonst würde man das Wesentliche manchmal gar nicht mitkriegen. Bei der Basketball-Europameisterschaft ragen bei Auszeiten wie üblich TV-Mikrofone in die Besprechungen der Teams hinein - so durften Interessierte erleben, dass Lisa Thomaidis nicht angetan war. "Keine Intensität und absolut gar kein Biss", warf die Bundestrainerin ihren Spielerinnen während des dritten Gruppenspiels gegen Großbritannien vor.

Sie hatte Recht, die deutschen Basketballerinnen hatten sich wieder einmal in einen Rückstand manövriert. Vor allem erwirkte der Appell der Kanadierin, die erst seit April im Amt ist, einen Aufschwung: Ihre Spielerinnen starteten nach der Halbzeit plötzlich einen 16:0-Lauf, das Spiel wurde zum Krimi, am Ende stand ein 62:61.

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Erstmals seit 1997 gewann ein DBB-Team bei einem Turnier damit wieder zwei Partien. Solche Rückgriffe ins Archiv des Frauenbasketballs braucht es, um einzuordnen, was die deutsche Auswahl bei der EM in Slowenien und Israel gerade vollbringt.

Nach drei Partien (Niederlage gegen Frankreich, knappe Siege gegen Slowenien und das Vereinigte Königreich) und dem möglichen Einzug ins Viertelfinale lässt sich überwiegend Positives beobachten: Bis auf einige Phasen, in denen vor allem die Offensive blockiert wirkt, zeigt die Auswahl um Leonie Fiebich und Marie Gülich beachtliche Widerstandskräfte. Dass Deutschland am Dienstag (18 Uhr, Magentasport) in der Zwischenrunde gegen die Slowakei unter die besten Acht des Kontinents vorstößt, ist nicht unwahrscheinlich.

Bundestrainerin Lisa Thomaidis zeigt sich bei der EM auch als Psychologin: Wenn sich ihr Team schwertut, findet sie die richtigen Worte. (Foto: Lucas Kröger/dpa)

"Wir haben gezeigt, dass wir physisch sind und den Sieg echt wollten", berichtete Anführerin Fiebich, 23, nach dem Spiel gegen Großbritannien. Ein plötzlicher Schub an Willenskraft, das gefiel auch der Bundestrainerin. "Nach neun Punkten Rückstand zurückzukommen, war ein couragierter Sieg von uns", so Thomaidis. "Unsere Verteidigung ist ein Eckpfeiler unseres Erfolgs, sie frustriert gegnerische Teams." Tatsächlich zählt die deutsche Defensive zu den besten der EM, immer wieder wirft sich irgendwer dazwischen, ständige Aufmerksamkeit ist garantiert.

Vorne läuft der Ball in längeren Angriffssequenzen nicht immer flüssig, es gehen schmerzhaft viele Bälle verloren. 57 Turnovers sind Höchstwert im Turnier bislang, es fehlen Ruhe und Erfahrung, um den Druck der Gegnerinnen mit Tempo zu überspielen. Immerhin hat sich nun auch Flügelspielerin Fiebich als Ideengeberin hineingebissen. Sie fand zuletzt mit 13 Punkten, sieben Rebounds und vier Vorlagen ihre Form. Im ersten Spiel hatte sie wegen Knieproblemen ausgesetzt - die sind zwar längst nicht behoben, aber es geht bei ihr, irgendwie, sagt sie. Welche Verletzung sie genau plagt, will Fiebich nicht preisgeben. Nach zwei Kreuzbandrissen in der Vergangenheit ist sie vorgewarnt.

Sie findet jedenfalls: "Wir sind auf einem super Weg und sind immer noch am Lernen." Die gebürtige Landsbergerin, zuletzt zur besten Spielerin der spanischen Liga gewählt, gibt sich hoffnungsvoll. "Ich glaube, dass wir jedes Spiel einen Schritt nach vorne gemacht haben in verschiedenen Aspekten, das wird helfen fürs nächste Spiel." Dort wird ihr Trainerin Thomaidis wohl wieder viel Spielzeit gemeinsam mit Gülich, Luisa Geiselsöder und Emily Bessoir gewähren - alle vier sind um die 1,90 Meter groß. Eine große Aufstellung, das kann nie schaden im Basketball.

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