Baseball-WM in Regensburg:Offensive für Olympia

Lesezeit: 3 min

Fast 10.000 Menschen kommen zum WM-Spiel zwischen Deutschland und den USA. Es war eine Bewerbung der Sportart Baseball für den Verbleib im olympischen Programm.

Jürgen Schmieder, Regensburg

Es passiert nun wahrlich nicht besonders häufig, dass Thomas Bach eine Sportarena betritt und von allen Menschen gefeiert wird. Der Vizepräsident des Internationalen Olympischen Kommitees schritt am Freitag Abend in die Armin-Wolf-Arena in Regensburg, um den ersten Ball der WM-Begegnung zwischen Deutschland und den USA zu werfen. Er trug ein Baseballtrikot mit der Nummer 18 und sah darin aus, wie Sportfunktionäre in Trikots aussehen. Er warf den Ball so, wie Sportfunktionäre Bälle werfen. Die 9600 Menschen jubelten.

Noch einmal: 9600 Menschen wollten eine Partie in der Randsportart Baseball sehen, während gleichzeitig nur wenige Kilometer entfernt Profi-Fußball gespielt wurde - zur Begegnung des Drittligisten Jahn Regensburg kamen gerade einmal 5000 Menschen. "Es ist ein großartiger Abend für das deutsche Baseball", sagte Gregory Frady nach dem Spiel. Der Trainer der deutschen Nationalmannschaft war trotz der 1:9-Niederlage zufrieden: "Auch wenn ich traurig bin über die Niederlage: Manchmal muss man das große Bild erkennen."

Das Bild dieses Abends war im siebten Spielabschnitt zu entdecken. Sascha Lutz gelang der erste erfolgreiche Schlagversuch gegen den unfassbar gut werfenden Amerikaner Todd Redmond. "Es ist gut, dass unsere Spieler gegen Weltklasse-Männer wie Redmond antreten", sagte Frady. "Er wird bald in der Major League Baseball spielen und viel Geld verdienen. Gegen so einen muss man sich beweisen." Lutz gelang das nach zwei erfolglosen Versuchen, er schlug den Ball flach ins Feld und erreichte die erste Base.

Die Zuschauer sprangen auf, sie brüllten und jubelten, als wäre die deutsche Mannschaft gerade Weltmeister geworden. Freilich jubelt derzeit in Deutschland bei einer WM im eigenen Land jeder, der jubeln kann - doch waren bei diesem Spiel kaum jene Fans im Stadion, die man nur dann in den Arenen sieht, wenn alle hingehen. Viele trugen Baseballshirts amerikanischer und deutscher Mannschaften, sie unterhielten sich im Baseball-Jargon, die meisten hatten einen Hamburger oder eine Steaksemmel in der Hand. Hin und wieder war ein amerikanischer Soldat zu entdecken, der aus dem Stützpunkt im nahe gelegenen Grafenwöhr gekommen war, um an diesem für Amerikaner so denkwürdigen Tag die Baseball-Nationalmannschaft seines Heimatlandes zu sehen.

"Schlaaaaand!"

Die Mehrzahl der Besucher waren jedoch Anhänger der deutschen Mannschaft. Sie raunten bei hoch geschlagenen Bällen und äußerten ihren Unmut über strittige Schiedsrichterentscheidungen wie im dritten Abschnitt, als beim Stand von 0:0 der Schiedsrichter den Lauf eines Amerikaners an die dritte Base als erreicht wertete, obwohl die deutschen Spieler ihn klar ausgeworfen hatten. Hin und wieder brüllten sie "Schlaaaaand", das seit 2006 allgemein akzeptierte Anfeuerungswort deutscher Mannschaften. "Ich bin wirklich angetan vom Enthusiasmus und der Fachkenntnis des deutschen Publikums", sagte der amerikanische Trainer Eddie Rodriguez nach dem Spiel. "Es ist wichtig zu sehen, wie der Sport in allen Teilen der Welt wächst."

Er sprach damit das große Bild an, auf das auch Frady schon verwiesen hatte. Dieses Bild zeigt die Olympischen Spiele 2016, die wohl in Chicago ausgetragen werden. Die Sportart Baseball fehlt derzeit darauf. Die IOC-Exekutive hatte im August anderen Sportarten wie Rugby und Frauenboxen den Vorzug gegeben und damit indirekt der IOC-Vollversammlung die Empfehlung gegeben, Baseball aus dem Olympischen Programm zu nehmen.

Eine Herausnahme aus dem Programm wäre eine schlimme Sache", sagte Verbands-Präsident Michael Hartmann schon vor Wochen. Jeder Verband, der bei Olympia vertreten ist, darf mit einer IOC-Subvention von mindestens 15 Millionen US-Dollar rechnen. Geld, das auf die nationalen Verbände verteilt und dort dringend benötigt wird. Nur so kann ein erfahrener Bundestrainer wie Frady bezahlt, Baseballplätze in Deutschland errichtet und junge Spieler an den Sport herangeführt werden.

Am 9. Oktober wird in der IOC-Vollversammlung über die Aufnahme der Sportarten abgestimmt. "Es geht darum zu zeigen, dass Baseball nicht nur eine amerikanische Sportart ist, sondern in vielen anderen Ländern begeistert gespielt und verfolgt wird", sagte Eddie Rodriguez. "Das ist uns mit diesem Spiel gelungen und ich glaube, dass wir dem IOC-Präsidenten eine wichtige Nachricht geschickt haben."

Der deutsche Baseball hat gewonnen

Die deutsche Mannschaft spielt nach dem Sieg gegen China und der erwarteten Niederlage gegen die USA am heutigen Samstag (19 Uhr) gegen Venezuela um den Einzug in die Zwischenrunde der Weltmeisterschaft. "Wenn wir eine Chance erhalten, dieses Spiel zu gewinnen, dann werden wir sie nutzen", sagte Frady.

An diesem Abend hatte seine Mannschaft keine Chance gegen die formidabel spielenden Amerikaner, sie verlor deutlich. Der deutsche Baseball indes hat an diesem Abend gewonnen.

© sueddeutsche.de/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: