Ballon d'Or für Angerer und Neid:Triumph für deutschen Frauenfußball

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Am Ziel: Nadine Angerer ist Weltfußballerin des Jahres (Foto: dpa)

Silvia Neid wird Welttrainerin, Nadine Angerer als erste Torfrau Weltfußballerin des Jahres. Für Angerer ist das der Lohn dafür, dass sie sich nach spielentscheidenden Fehlern stets zurückkämpfte. Ihre zwei Elfmeter-Paraden bei der EM gegen Norwegen sind unvergessen.

Von Nicole Werner

Der bunte Abend des Weltfußball-Verbandes Fifa in Zürich endete als Triumph für den deutschen Frauenfußball. Denn zwei Frauen wurden prämiert, die großen Anteil daran hatten, dass sich die deutschen Fußballerinnen nach dem frühen Aus bei der Heim-WM 2011 bei der EM 2013 in Schweden mit dem Titelgewinn an der Spitze zurückmelden konnten.

Bundestrainerin Silvia Neid wurde zum zweiten Mal nach 2010 als Welttrainerin des Jahres ausgezeichnet und dankte in ihrer Ansprache nicht nur ihren Spielerinnen, sondern auch dem Deutschen Fußballbund, als sie sagte: "Ein Trainer kann nur so einen guten Job haben, wenn er so einen guten Arbeitgeber hat, wie ich es habe." Und wenig später wurde eine der wichtigsten Stützen im Neid-Team ausgezeichnet: Torfrau Nadine Angerer, die diese Ehre auch als Lohn für ihre Beharrlichkeit verstehen durfte.

Alle erinnern sich an ihre zwei gehaltenen Elfmeter. Und es ist anzunehmen, dass Deutschland nicht Europameister geworden wäre, wenn Nadine Angerer diese beiden Strafstöße gegen Norwegen nicht gehalten hätte. Die Auszeichnung zur Weltfußballerin des Jahres, die die 35-Jährige als erste Torhüterin überhaupt annehmen durfte, hat sie sich aber nicht in diesem Finale verdient.

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Sie hat als Kapitänin die Nationalelf an- und viel wichtiger: zusammengeführt, sie hat im Laufe ihrer Karriere spielentscheidende Fehler gemacht und sich zurückgekämpft. Sie ist stets zielstrebig ihren Weg durch den Amateur- und später Profifußball gegangen.

Nadine Angerer wächst im nordbayerischen Lohr am Main auf. Ihre ersten Vereine sind der 1. FC Nürnberg, der FC Wacker München und der FC Bayern München. Mit 23 geht sie zum 1. FFC Potsdam. Hier feiert sie zwei Deutsche Meisterschaften und drei Pokalsiege. Parallel zu ihrer Sportkarriere lässt sie sich zur Physiotherapeutin ausbilden.

Sie brauche ja auch einen "anständigen" Beruf, sagt die Profi-Fußballerin, die zwar als eine der wenigen mit ihrem Sport ihren Lebensunterhalt verdient, aber nicht ausgesorgt hat. Nadine Angerer ist ein weltoffener Mensch, das zeigt sich auch an ihren Vereinswechseln. Weil sie andere Kulturen kennenlernen will, spielt sie in Schweden und Australien - und im April geht sie zu den Portland Thorns in die USA.

Obwohl sie bereits 1996 als 17-Jährige in der Nationalmannschaft debütierte, dauert es elf Jahre, bis sie Nummer Eins im Tor wird. Bei der Weltmeisterschaft 2007 in China lässt sie kein Gegentor zu, auch nicht im Finale gegen die überragende brasilianische Stürmerin Marta. 2011, WM im eigenen Land. Ihr zweiter Titel soll her.

Das Viertelfinale gegen Japan aber ist verkorkst. Die Offensivkräfte finden kein Durchkommen gegen die abgeklärten Japanerinnen, und beim 0:1 in der 108. Minute "sehe ich nicht gut aus", analysiert Angerer den Schuss ins kurze Ecke. Sie nimmt das Ausscheiden auf ihre Kappe. Ist sie über ihren Zenit? Es wird über ihr Karriereende spekuliert, aber die ehrgeizige Torhüterin ruft für sich das Ziel Europameisterschaft 2013 in Schweden aus.

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Sie trainiert emsig. Selbst beim Zähneputzen kann sie nicht stillstehen. Beinahe zehn Kilo nimmt sie vor der EM ab, um dynamischer zu sein. So ein Fehler wie gegen Japan soll ihr nicht mehr passieren. Gegentore sieht sie als persönliches Versagen an. Die Ansprüche, die sie an ihre eigene Leistung hat, stellt sie auch ihren Kolleginnen.

Aber die Spielführerin hält nichts von Drill und starren Hierarchien. Die Elf, die nach Schweden reist, ist eine unerfahrene. Die Hälfte der Mannschaft hat nicht mehr als zehn Partien im Nationaldress absolviert. Entsprechend holprig beginnt das Turnier. Angerer strahlt Lässigkeit aus, scherzt mit den Neulingen und ist bei jeder Einheit vorne dabei. Die Spielerinnen sehen ihre sprungstarken Paraden im Training. Sie vertrauen darauf, dass Angerer fehlerfrei bleiben wird, und das gibt ihnen Selbstvertrauen, wo ihnen Erfahrung fehlt.

Angerer fragte im Vorfeld der Fifa-Auszeichnung, für die auch die US-Amerikanerin Abby Wambach und Marta nominiert waren: "Wie will man eigentlich eine Torhüterin und eine Torjägerin vergleichen?" Die Antwort ist klar: Wenn die Torhüterin verhindert, dass die Torjägerinnen dieser Welt Tore schießen - und nicht nur in diesem einen Finale.

© SZ vom 14.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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