Austria und Rapid Wien:Österreich sucht den Rekordmeister

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Streit gibt es öfter auf dem Feld, wenn die beiden Lokalrivalen Rapid Wien (in Grün) und Austria Wien aufeinandertreffen. (Foto: imago/Eibner Europa (M))
  • Rapid und Austria Wien streiten sich um den Titel "Rekordmeister".
  • "Beide Vereine dürfen sich Rekordmeister nennen", sagt Sporthistoriker Matthias Marschik.
  • Insgesamt 324 Mal haben sich beide Klubs bisher duelliert - es ist eine der ältesten Rivalitäten im Fußball.

Von David Ryborz

"Die Nummer eins in Wien sind wir", sangen die Spieler von Rekordmeister Rapid am vergangenen Sonntag ausgelassen in der Kabine. Der Grund, ein Sieg bei Rekordmeister Austria Wien, drei Punkte in der Liga. Gleiches Prozedere am Mittwoch: Rapid zog wiederum gegen Austria ins Pokal-Viertelfinale ein, die Fans sangen: "Die Nummer eins in Wien sind wir."

Zwei Derbys innerhalb von vier Tagen. Das ist selbst in Wien eine Seltenheit. Insgesamt 324 Mal haben sich beide Klubs bisher duelliert - es ist eine der ältesten Rivalitäten im Fußball. Die Wiener Sportwelt beschäftigt aktuell aber weniger das Geschehen auf dem Feld, sondern mehr eine lang diskutierte Frage: Wer ist der rechtmäßige Rekordmeister?

Eine Frage, die sich sonst nirgendwo stellt. Der FC Bayern ist es in Deutschland, Manchester United in England, Real Madrid in Spanien, Juventus Turin in Italien. Und in Österreich? Da beanspruchen zwei Klubs den Titel für sich.

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"Ich dachte, es ist ein Satireprojekt"

Im vergangenen Sommer brachte die Austria die Diskussion mit einer Plakatwelle wieder ins Rollen. Zu sehen waren vier Spieler in ihren violetten Trikots, darunter der ehemalige DFB-Nationalspieler Heiko Westermann. "Willkommen beim österreichischen Rekord-Meister und Rekord-Cupsieger", stand unter dem Quartett geschrieben. Der Verein argumentiert, dass er seit der Einführung einer gesamtösterreichischen Meisterschaft ab 1950 insgesamt 21 Titel gewann, Rapid aber nur 16.

Rapid hingegen wird seit Jahren in den Medien als "Rekordmeister" bezeichnet und hat auch selbst überhaupt keine Zweifel an dieser Tatsache. "Zunächst sind mir die Plakate gar nicht aufgefallen. Ich dachte, es ist ein Satireprojekt, denn Rapid ist ganz klar Österreichs Rekordmeister", sagte Wirtschafts-Geschäftsführer Christoph Peschek der Presseagentur APA. Rapid zählt alle Titel seit dem Jahr 1911: Bis 1949 wurden die Meister über eine niederösterreichische Meisterschaft, eine Wiener Liga oder während der NS-Zeit über eine Gauliga ermittelt. So wurde Rapid 1941 auch ein Mal Deutscher Meister. Nach dieser Rechnung hätte Rapid 32 Titel gewonnen, die Austria 24.

"Beide Vereine dürfen sich Rekordmeister nennen, beide Betrachtungsweisen sind legitim", sagte Sporthistoriker Matthias Marschik im Standard, "de jure ist die Austria im Recht, de facto Rapid." Die Meistertitel vor 1950 seien weitgehend als österreichische Meisterschaften anerkannt worden. Das Niveau der Wiener Vereine lag damals weit über dem der Mannschaften aus den anderen Bundesländern.

"Rekordmeister des 21. Jahrhunderts"

Der Österreichische Fußball-Bund (ÖFB) führt keinen expliziten "Rekordmeister", ob eine Studie zum Thema durchgeführt wird, ist noch unklar. Eine endgültige wissenschaftliche Klärung der Frage lässt also auf sich warten. Sogar die Möglichkeit zu einem Kompromiss wäre gegeben: Denn seit der Einführung der österreichischen Bundesliga im Jahr 1974/75 holte die Austria 13 Meisterschaften, Rapid sieben. So könnten sich die Violetten "Bundesliga-Rekordmeister" nennen, die Grün-Weißen "österreichischer Rekordmeister". Doch Kompromisse sind in einer derartigen Rivalität kaum denkbar.

Alles in allem ist die Rekordmeister-Diskussion eine Debatte ohne großen Mehrwert. Es geht um Ehre - und Provokation. Der Austria gelang im Sommer ein PR-Erfolg, der die Rivalität noch einmal verstärkte und die Aufmerksamkeit weg vom Sportlichen lenkte.

Denn die Nummer eins in Österreich ist seit mehreren Jahren Red Bull Salzburg. Der von Milliardär Dietrich Mateschitz im Jahr 2005 übernommene Klub gewann seitdem acht Meisterschaften, zuletzt vier Mal in Serie. Er nennt sich "Rekordmeister des 21. Jahrhunderts". Wien feierte in den vergangenen zehn Saisonen nur zwei Meistertitel. 2008 gewann Rapid, 2013 Austria.

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