Serena Williams:"Sie hat angefangen, die Lampen auszuschießen"

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Verzweifelt: Serena Williams im Spiel gegen Karolina Pliskova. (Foto: Kim Kyung-Hoon / Reuters)
  • Die 23-malige Grand-Slam-Siegerin Serena Williams scheidet bei den Australian Open im Viertelfinale aus.
  • Im dritten Satz führt sie bereits mit 5:1 - und knickt dann um.
  • Sie vergibt vier Matchbälle - will aber das Aus nicht auf ihren Knöchel schieben.

Von Barbara Klimke, Melbourne

Sie ist nicht gehumpelt, hat nicht geklagt, nur die schwere Schlägertasche über die Schulter geschwungen und ohne Aufhebens die Halle verlassen. Zehn Monate nach ihrem Comeback auf die Tenniscourts der Welt ist Serena Williams, 37, bei den Australian Open im Viertelfinale gestrauchelt: Die Erfüllung ihres Karriereziels, sich mit dem 24. Grand-Slam-Titel an der Seite von Margaret Court in den Statistiken als beste Tennisspielerin der Geschichte zu verewigen, ist noch einmal aufgeschoben. Statt Serena Williams, der Favoritin, wird nun Karolina Pliskova, 26, den Platz im Halbfinale des Zweiwochenturniers im Melbourne Park einnehmen.

Es war ein Match mit einem Verlauf, als habe ein zynischer Dramaturg das Skript geschrieben: Der Wendepunkt kam im dritten Satz, als Serena Williams sich den ersten Matchball erkämpft hatte. Bis dahin hatte sie den ersten Durchgang zwar abgegeben, im zweiten aber kontinuierlich die Intensität erhöht und die Gegnerin mit aggressiven Grundschlägen in die Enge getrieben. Beim Stand von 4:6, 6:4, 5:1 und 40:30 wollte sie einen Ball der Tschechin Pliskova erlaufen, musste kurz das Gewicht verlagern und knickte mit dem Knöchel um. Kein Sturz, nichts Gravierendes, auf den ersten Blick. Aber danach unterlief ihr ein Doppelfehler. Pliskova, die zugab, dass sie zwischenzeitlich "schon mit dem Kopf in der Kabine war", holte auf, Punkt für Punkt. Willams gab ihre Aufschlagspiele ab, sie verlor noch drei weitere Matchbälle, den Satz (6:7) und das Duell.

Williams' Lob für Pliskova

Mit dem Knöchel, so sagte sie später, habe die Niederlage nichts zu tun; "alles in Ordnung", und eine Diagnose erhalte sie ja ohnehin meist erst einen Tag später. Um medizinische Hilfe auf dem Platz bat sie nicht, was verwunderte, weil sie sich zwischenzeitlich den Knöchel massierte: "Ich hasse es, ehrlich gesagt, den Physiotherapeuten zu rufen", erklärte sie. Und zu dem Zeitpunkt habe sie auch nicht geglaubt, "dass das eine große Sache" sei. Deshalb habe sie einfach durchgespielt. Das Verdienst, dieses Viertelfinale entschieden zu haben, gebühre ganz allein Pliskova, betone Williams mehrere Mal: Bei den Matchbällen habe sie vortrefflich agiert. "Sie hat angefangen, die Lampen auszuschießen beim Stand 5:1, 40:30. Wirklich, so was habe ich nie zuvor erlebt." Sie werde daraus lernen für den Fall, dass ihr das noch einmal passiert. "Das nächste Mal drehe ich auch so auf", versprach sie, bevor sie ging.

Das war ein stiller Abschied im Vergleich zu dem Furor im vergangenen Sommer, den sie ausgelöst hatte, als sie das letzte Mal in einem Grand-Slam-Finale verlor. Bei der Niederlage gegen die Japanerin Naomi Osaka bei den US Open legte sich Serena Williams lautstark mit dem Schiedsrichter an, der sie dreimal verwarnt hatte, wegen Coachings, wegen Schlägerzertrümmerns und wegen unsportlichen Verhaltens, und dem sie deshalb Sexismus vorwarf. Das Publikum in New York schlug sich damals auf Serena Williams' Seite, die Situation eskalierte und überschattete Osakas Triumph.

Die New Yorker Eskapade trug Serena Williams einen kleinen Imageschaden ein, nicht in den USA, aber in anderen Teilen der tennisinteressierten Welt. In Melbourne hat sie sich nun keine Blöße gegeben. Die beiden Halbfinals werden andere bestreiten: Osaka gegen Pliskova und die Tschechin Petra Kvitova gegen die ungesetzte Danielle Collins aus den USA. Serena Williams, die seit 2017 eine kleine Tochter hat, hasst Niederlagen immer noch, das gab sie zu. Aber es würde erstaunen, wenn es anders wäre bei einer Hochleistungssportlerin: der besten Tennisspielerin der Gegenwart. Dem Rekordsieg, Titel Nummer 24, bei einem Grand-Slam-Turnier will sie weiter nachjagen. Die nächste Gelegenheit, sagte sie bietet sich bald: im Frühjahr bei den French Open in Paris.

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