Australian Open:Aufregung um einen Impfpass

Lesezeit: 3 min

Camila Giorgi wehrte sich in Melbourne gegen Vorwürfe, sie habe sich einen gefälschten Impfpass besorgt. (Foto: Vince Caligiuri/AP)

Hat die italienische Tennisspielerin Camila Giorgi ihr Covid-Impfzertifikat fälschen lassen? Diese Frage taucht bei einer kuriosen Pressekonferenz während der Australian Open auf.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Camila Giorgi ist eine durchaus erfolgreiche Tennisspielerin, mehr als fünf Millionen Dollar Preisgeld hat die inzwischen 31-Jährige aus Macerata in den Marken sich erspielt. Sie gewann drei Titel, 2021 gelang ihr der größte Erfolg mit dem Sieg beim WTA-Turnier in Montreal, das zu den großen der Frauentour zählt. Camila Giorgi ist aber auch eine etwas andere Tennisspielerin. Sie gilt als Einzelgängerin, zumindest sieht man sie im Grunde nie mit Kolleginnen. Sie taucht auf, trainiert, sie spielt, weg ist sie.

Und dann zieht sie sich gerne mal aus. Bekannt ist sie dafür, auf Instagram Fotos von sich zu veröffentlichen, auf denen zu sehen ist, wie sie sich in Dessous irgendwo räkelt. In Wimbledon ist sie des Weiteren 2018 mit einem Geständnis auffällig geworden, denn noch nie hatte man eine Frau, die beruflich Tennis spielt, öffentlich sagen hören: "Ich verfolge Tennis nicht, Frauentennis." Das sagte sie wirklich ohne Ironie.

Nun aber ist sie mit einem ganz anderen, sehr heiklen Thema in den Schlagzeilen, ihr Fall beschäftigt gar die Justiz in Italien. Ist Camila Giorgi eine Betrügerin? Hat sie einen Corona-Impfausweis für sich fälschen lassen?

Nur Tennis im Kopf? Auf dem Platz agierte Camila Giorgi am Dienstag fast makellos - erst danach leistete sie sich etliche unerzwungene Fehler. (Foto: Manan Vatsyayana/AFP)

Diesen Fragen gehen nun Ermittler in Italien nach, nachdem zwei Ärzte verhaftet worden waren, denen vorgeworfen wird, gefälschte Impfzertifikate ausgestellt zu haben. In der Kundenkartei tauchte Giorgis Name auf. Laut italienischen Medien habe die Ärztin Daniela Grillone bereits behauptet, dass Giorgi eine Patientin bei ihr sei, aber nicht geimpft. Sollte dies stimmen, müsste Giorgi zwar wohl nichts befürchten, was ihre jetzige Anwesenheit in Australien betrifft. Sie nimmt gerade an den Australian Open in Melbourne teil.

Es gibt keine Restriktionen mehr für Einreisende, man muss also keinen Impfnachweis vorlegen wie im Vorjahr, als bekanntlich der Serbe Novak Djokovic ein ganz anderes Drama im Zusammenhang mit dem Impfthema erlebte und als Ungeimpfter abgeschoben wurde. Aber im vergangenen Jahr war Giorgi munter um die Welt gereist, zu einer Zeit, als Einreisen tatsächlich nur mit einem Impfnachweis erlaubt waren. Hat sie sich etwa die Teilnahme Anfang 2022 in Melbourne oder im Spätsommer bei den US Open in New York unter Verwendung eines gefälschten Dokumentes erschlichen? Überhaupt: Das Fälschen eines solchen Dokumentes ist ja eine Straftat.

Über ihre Ärztin, die als Betrügerin aufgeflogen ist, sagt Giorgi: "Sie hat die Schwierigkeiten. Nicht ich."

Gelegenheit, dass ihr diese Fragen gestellt werden, gab es nun an diesem Dienstag in Melbourne, nachdem Giorgi ihre erste Partie locker gewonnen hatte. Sie besiegte die nach sieben Monaten Verletzungspause zurückgekehrte Anastasia Pawljutschenkowa aus Russland (im Tennis treten russische Vertreter aber ohne Flagge an) 6:0, 6:1 in 55 Minuten. Danach kam die Italienerin zur Pressekonferenz - und es ging nur um ihren Impfpass.

Erste Frage: Es gibt in der Presse Vorwürfe gegen Sie. Wollen Sie diese erwidern?

Giorgi: Ich habe nicht richtig verstanden.

Noch einmal wurde sie dasselbe gefragt. Nun gab sie zu verstehen: Ja, es werde gegen die Ärztin ermittelt, diese hätte Probleme mit dem Gesetz gehabt, einige Male. Sie hätte all ihre Impfungen an verschiedenen Orten machen lassen. "Also sie hat die Schwierigkeiten. Nicht ich." Daher sei sie ganz ruhig. Und sonst könnte sie jetzt auch nicht hier sein und spielen.

Es folgten vier, fünf Fragen, die sie, absichtlich oder nicht, falsch verstand. Ständig redete sie am Thema vorbei. Ihr Englisch ist nicht das Beste, obwohl sie die ganze Welt bereist. Einmal sagte sie: "I'm not in dangerous."

"Der Impfstoff war Impfstoff": Mit jedem Satz wurde alles konfuser als zuvor

Aber die Reporter ließen nicht locker. Die beschuldigte Ärztin habe ausgesagt, dass sie, Giorgi, ein gefälschtes Impfzertifikat von ihr haben wollte. Ist das wahr? Nun sagte sie, sie sei nur einmal bei jener Ärztin gewesen, die anderen Impfungen habe sie woanders machen lassen. Giorgi hätte einfach sagen können: Ich habe mich am Soundsovielten hier und dann dort und dann da impfen lassen. Ende. Aber das sagte sie nicht. Sie nannte keine Orte, keine Ärzte, keine Daten. Irgendwie wurde alles konfuser als zuvor.

Das Finale der Pressekonferenz:

Giorgi: Ich habe mich impfen lassen. Danke.

Moderator: Nächste Frage.

Reporter: Der Impfstoff, den Sie bekamen, war er gegen Covid?

Giorgi: Was meinen Sie? Der Impfstoff war Impfstoff.

Reporter: Richtig, aber war er ein Covid-Impfstoff?

Giorgi: Ich habe die Frage zum Impfstoff schon beantwortet, und es ist gut.

Reporter: Sie sagten, es sei ein Impfstoff. Ich frage, ob es ein Covid-Impfstoff war.

Giorgi: Es ist ein Impfstoff. Wenn Sie die Dinge lesen, da ist ein Impfstoff.

Reporter: Also nur Covid, okay.

Giorgi: Danke.

In der zweiten Runde trifft Giorgi am Donnerstag auf die Slowakin Anna Karolina Schmiedlova. Die nächste Pressekonferenz dürfte wohl kommen. Vielleicht weiß sie ja dann, ob es ein Covid-Impfstoff war oder nicht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEx-Tennisprofi Andrea Petkovic im Interview
:"Ich habe im letzten Moment den Absprung geschafft"

Andrea Petkovic über die Schwierigkeit, 16 Stunden beim Ring des Nibelungen stillzusitzen, die langsam verschwindende Tennisspielerin in ihr, das Einmalige der Australian Open und warum sie an Zverev glaubt.

Interview von Gerald Kleffmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: