Abstiegssorgen in Köln:Höchststrafe Düsseldorf

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Die Kölner spielen ihre vierte Erstligasaison nacheinander, so viel Bundesliga am Stück hatte es zuvor zehn Jahre lang nicht gegeben. Doch in dieser Saison, vor welcher der FC seine chaotische Ära langsam zu überwinden schien, kommt alles noch schlimmer: Es geht drunter und drüber. Zu allem Überfluss droht jetzt sogar der Erzrivale.

Ulrich Hartmann, Köln

Samstagnacht hat die Polizei den Fußballer Slawomir Peszko auf der Stadtteilwache Köln-Kalk in die Ausnüchterungszelle gesteckt. Eigentlich hätte der ganze 1. FC Köln dort hineingehört. So ernüchternd wie dessen Lage am Ende der Bundesligatabelle erscheint und wie es um das Seelenleben des Vereins bestellt ist, so ernüchternd war die Fußballwelt im sonst so fröhlichen Kölle lange nicht mehr.

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Die Spieler des FC Bayern und der Dortmunder Trainer Jürgen Klopp bereiten sich eigenwillig auf das Spiel am Mittwoch vor. Facebook-Fans debattieren über einen Schiedsrichter. Dieter Hecking und Mario Gomez duellieren sich in punkto Schnelligkeit - und Christian Lell liefert nach seinem Foul an Marco Reus die ehrlichsten Worte des Spieltags ab.

Im Präsidium herrscht nach dem Rücktritt von Wolfgang Overath ebenso ein Vakuum wie in der Sportdirektion seit der Entlassung von Volker Finke. Und Kölns Restprogramm (Mainz, Gladbach, Stuttgart, Freiburg, Bayern) ist teuflisch. Ultrafans erhielten neulich nach einer Autobahnattacke auf einen Gladbacher Fanbus Stadionverbot, die Stimmung bei den Heimspielen leidet darunter durchaus.

Trainer Stale Solbakken laviert sich durch eine missratene Saison, die Spieler wollen seine norwegische Defensivtaktik einfach nicht verstehen. Der eine (Miso Brecko) arretiert aus Frust und im Rausch nach der Karnevalsfeier des Klubs sein Auto im Gleisbett der örtlichen Straßenbahn, der andere (Peszko) zankt volltrunken mit einem Taxifahrer und kommt in die Zelle, ein dritter Spieler (Milivoje Novakovic) zieht nach seiner Suspendierung öffentlich über den Trainer her und bekommt seine Auszeit dadurch verlängert. Es geht drunter und drüber - auch Stammspieler Peszko wird nun natürlich intern gesperrt.

Man sei endlich wieder eine Einheit, säuselten in kühnem Kontrast dazu die anderen FC-Spieler nach dem eigentlich zu mageren 1:1 gegen harmlose Bremer. Die Kölner Selbstwahrnehmung korrespondiert mit der Zurechnungsfähigkeit Peszkos im Polizeigewahrsam. Nur der vor dem Absprung stehende Lokalheld Lukas Podolski klang nach dem Bremen-Spiel so deprimiert, als sei bereits alles zu spät.

Die Kölner spielen ihre vierte Erstligasaison nacheinander, so viel Bundesliga am Stück hatte es zuvor zehn Jahre lang nicht mehr gegeben. Doch in dieser Saison, vor welcher der FC seine chaotische Ära langsam zu überwinden schien, kommt alles noch schlimmer. Der fünfte Abstieg in 15 Jahren nimmt Gestalt an. Wenn die Kölner Glück haben, werden sie noch Drittletzter; wenn sie Pech haben, müssen sie dann in der Relegation gegen Düsseldorf spielen.

Ein Abstieg durch eine Relegations-Blamage gegen die Fortuna würde den 1. FC Köln auf ewig in das Fegefeuer der Fußball-Hölle verbannen. Höchststrafe! Dagegen ist sogar eine Nacht in der Ausnüchterungszelle das reine Vergnügen.

© SZ vom 10.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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