Fußball-Bundesliga:Tempo, Tempo, Tempo beim HSV

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Im Abflug: Emir Spahic (links) muss den HSV verlassen, Pierre-Michel Lasogga könnte ihm folgen. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Nur keine Zeit verlieren: Der Hamburger SV beginnt das neue Jahr mit umfassenden Aufräumarbeiten - mancher Schritt amüsiert.

Von Philipp Selldorf

Der erste Arbeitstag im neuen Jahr begann für die Fußballer des Hamburger SV am Dienstag um acht Uhr - und zwar: um acht Uhr am Morgen. Umfangreiche Leistungstests standen auf dem Programm, "damit jeder Profi eine individuelle und optimale Vorbereitung für das erste Saisonspiel am 21. Januar beim VfL Wolfsburg bekommt", wie der Verein sogleich berichtete.

An solche streberhaften Mitteilungen ist die Branche inzwischen zwar gewöhnt, in diesem Fall aber fragte man sich: Meinen die das ernst in Hamburg?

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Sein Berater erklärt, man habe sich mit dem FC Bayern auf eine Ausleihe verständigt. Der Hamburger SV fragt an, doch dessen Chancen stehen schlecht.

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Der Hamburger SV hat sich für das Jahr 2017 eine Menge vorgenommen, und dass er damit keine Zeit verlieren möchte, das äußert sich in dem atemberaubenden Tatendrang, den die neue Führung dieser Tage zu erkennen gibt. Außer der Mitteilung vom frühmorgendlichen Dienstbeginn verbreitete der Klub unter anderem auch die Nachricht, dass zumindest Emir Spahic ausschlafen durfte: Der 36 Jahre alte Verteidiger gehört ab sofort nicht mehr zum Personal von Chefcoach Markus Gisdol. Dieser sieht keine Verwendung mehr für den bosnischen Routinier, der vor anderthalb Jahren aus Leverkusen gekommen war und am 15. Spieltag vor knapp drei Wochen noch der Elf angehörte, die in Mainz mit 1:3 verlor. Nun zitiert der HSV seinen Trainer mit einem Statement, das an Deutlichkeit und Überdruss nichts vermissen lässt.

Im Zuge eines "Veränderungsprozess innerhalb des Kaders" halte er die Trennung für die sinnvollste respektive einzig sinnvolle Lösung, wird Gisdol zitiert. "Emir Spahic spielt in den Planungen unseres Klubs keine Rolle mehr und wurde freigestellt", meldete der Klub weiter ohne übertriebene Rücksichtnahme.

Prompt machten Gerüchte die Runde, wonach Spahic ein weiteres Mal für Ärger in der Kabine gesorgt haben könnte. Wie in Leverkusen war Spahic auch in Hamburg nicht durch Harmoniesucht aufgefallen, immer wieder gab es heftige Vorfälle mit Mitspielern, Beleidigungen und Handgreiflichkeiten inbegriffen. Auf Einzelheiten gingen die Beteiligten am Dienstag aber nicht ein. Die Mitteilung an sich ist Botschaft genug: Markus Gisdol räumt auf in seiner Mannschaft, nach seinem überstürzten und wenig geglückten Einstieg im laufendem Saisonbetrieb nutzt der Trainer - gestärkt durch gute Ergebnisse im Dezember - die kurze Winterpause zu Korrekturen, die seinen Vorstellungen entsprechen.

Außer der Trennung von Spahic verkündete der Klub auch den Weggang des Verteidigers Cleber Reis, 26, der vor zweieinhalb Jahren aus Brasilien an die Elbe gekommen war. Er spielt künftig für den FC Santos, in der laufenden Saison war er kaum noch zum Einsatz gekommen. Auch Stürmer Pierre-Michel Lasogga, ebenfalls ein dauerpolarisierender Spieler beim HSV, steht angeblich zum Verkauf.

Dafür konnte Gisdol am Dienstag einen neuen Spieler für seine dezimierte Defensivabteilung begrüßen. Mergim Mavraj, 30, kommt vom 1. FC Köln und mit tadelloser Reputation. Den Wechsel des Verteidigers hatte noch der zum Jahreswechsel ausgeschiedene Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer arrangiert, der HSV bezahlt knapp zwei Millionen Euro an den FC und an Mavraj ein Gehalt, das offenbar so großzügig ist, dass es ihn zum Umzug in den Norden veranlasste. Die Investition ist in Anbetracht der erwiesenen Abwehrnot des HSV sachlich geboten, entbehrt aber nicht einer gewissen Komik, wie Kenner anmerken: Als im Sommer der Trainer Bruno Labbadia für den Erwerb erfahrener Profis eintrat, lehnte Beiersdorfer unter Verweis auf die gebotene Kaderverjüngung ab.

Der neue Manager Jens Todt reist aus dem Winterurlaub an

Auch die Tatsache, dass am Donnerstag zum Start des Trainingslagers in Dubai der neue Manager ins Amt eingeführt werden soll, ruft amüsierte Kommentare im Umfeld hervor. Jens Todt, 46, reist aus dem Winterurlaub in Thailand an. Die Übereinkunft mit Todt und seinem vormaligen Arbeitgeber, dem Karlsruher SC, stellte der neue HSV-Vorstandschef Heribert Bruchhagen her. Der HSV garantiert dem KSC eine Entschädigung, die bei 100 000 Euro liegen soll.

Doch auch Beiersdorfer hatte sich schon vor Monaten mit dem Engagement von Todt beschäftigt, der vor acht Jahren als Nachwuchs-Chef beim HSV beschäftigt war. Beiersdorfer konnte sich aber, so wird erzählt, nicht dazu durchringen, die nötige Initiative zu ergreifen. Er verschob die Lösung der Sportdirektoren-Frage auf später und entschied, die sportlichen Geschäfte im Alleingang zu organisieren - ein verhängnisvoller Beschluss, der ihn mutmaßlich den Job kostete. "Ich bin mir sicher, dass Jens Todt gut zu mir, zum Trainer und zum Team passt", sagte nun Bruchhagen über den neuen sportlichen Leiter.

© SZ vom 04.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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