2. Fußball-Bundesliga:1860 wartet auf die Brasilianer

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Der Vollzug zieht sich hin: Der 20-jährige Victor Andrade (rechts) machte im 1860-Trainingslager (hier gegen Sturm Graz) einen guten Eindruck, ist aber formal noch immer kein Löwe. (Foto: sampics / Stefan Matzke)

Beim TSV 1860 München ist der Kader drei Wochen vor dem Start in die zweite Liga noch längst nicht komplett - doch es deutet sich der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte an.

Von Markus Schäflein

Kosta Runjaic wirkte sehr gelassen, er lächelte zwischendurch, machte ein paar Scherze. Dass der neue Trainer des TSV 1860 München noch nicht so ganz glücklich ist mit der Lage bei seinem neuen Arbeitgeber, war an seiner Laune und seinem Verhalten nicht zu erkennen, das musste man schon aus seinen Worten ableiten, so gut gelaunt er sie auch vortrug. "Die Situation ist so, wie sie ist", sprach Runjaic, "und ich versuche, immer das Beste aus einer Situation zu machen." Dann lächelte er wieder.

Wenn man von den aufgerückten Jungspunden aus dem eigenen Nachwuchs mal absieht, hat der Fußball-Zweitligist drei Wochen vor Rundenbeginn gerade mal 18 Feldspieler im Kader, darunter Leute, die laut den ursprünglichen Plänen noch abgegeben werden sollten wie Spielmacher Michael Liendl, und Leute, die Angebote von anderen Klubs haben wie Linksverteidiger Maxi Wittek, an dem sich der neue Ligakonkurrent VfB Stuttgart hartnäckig interessiert zeigt.

Runjaic vermisst den Wettbewerb um die Startpositionen

Wenn die Löwen an diesem Samstag (17 Uhr, Grünwalder Stadion) Borussia Dortmund zum ausverkauften Testspiel empfangen, werden sie zwar schon weitaus länger im Training sein als der Erstligist. Aber Runjaic ist noch weit weg von einer Ahnung, wie seine erste Elf für den Ernstfall aussehen könnte. "Wir sind noch im Findungsprozess, der Kader ist noch nicht komplett, und das wird auch noch eine Zeit lang dauern", sagte er.

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"Wir probieren viel aus, testen die Spieler, die da sind, auf der einen oder anderen Position." Er macht seine Arbeit, die beinhaltet, mit dem vorhandenen Personal Trainingseinheiten durchzuführen und Fußballspiele zu bestreiten. Er wies aber auch darauf hin: "So lange wir nicht wissen, wie die Kaderstruktur ist, werden wir uns nicht in der Weise einspielen können, wie es nötig ist. Dementsprechend gibt es auch noch keinen Mannschaftsrat, keinen Spielführer."

Auch den Wettbewerb im Team um die Startpositionen vermisst er: "Es ist momentan eine sehr exklusive Situation für unsere Spieler, es ist intern ja kein richtiger Druck da." Auf eine fulminante Rede wie einst beim wahnsinnig-genialen Ricardo Moniz, der bei einer Pressekonferenz Verstärkungen für jede einzelne Position (abgesehen vom Tor) forderte, wartet man beim smarten Runjaic selbstredend vergeblich. "Auf allen Positionen könnten wir uns qualitativ verbessern", räumte er zwar ein, "aber wir werden jetzt nicht zehn oder elf Spieler holen."

Bei den vakanten Positionen blieb er defensiv. "In der Offensive sind wir auf der Suche, im Mittelfeld wär's nicht verkehrt", sagte er, "und hinter einer Innenverteidiger-Position steht auch noch ein Fragezeichen." In Jan Mauersberger, dem genesenen Rodnei und dem jungen Felix Uduokhai sind die Innenverteidiger im Kader nämlich allesamt Linksfüßler. Kai Bülow und Milos Degenek sieht Runjaic eher als Sechser. "Es fehlt ein gelernter Innenverteidiger, der auf der rechten Position spielen kann", meinte er daher.

Was die Offensive angeht, ging das Warten auf die zwei jungen Brasilianer weiter. Victor Andrade, 20, der von Benfica Lissabon geliehen werden soll, bestritt das gesamte Trainingslager mit den Sechzigern und wird auch gegen Dortmund wieder zum Einsatz kommen. Der Vollzug des Wechsels sei nur noch Formsache, dachte man, aber er zieht sich hin. Und Ribamar, 19, von Botafogo Rio de Janeiro weilt zwar schon seit Tagen in München, hat aber noch an keiner Trainingseinheit teilgenommen.

Ribamar würde gut in den Kader passen

Wenn er käme, wäre er mit 2,5 Millionen Euro der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte. Das wäre dem jordanischen Investor Hasan Ismaik egal, zumal die Hoffnung besteht, den Stürmer zu einem noch weitaus höheren Preis weitertransferieren zu können, wenn er in Europa Fuß fasst. "Er ist ein talentierter, junger Spieler, der vieles mitbringt und hier eine sehr gute Plattform hätte", wirbt Runjaic. "Wir haben sehr gute Instrumente, um Spieler wie Ribamar und Andrade weiter zu verbessern."

Zudem würde Ribamar als Spielertyp gut in den Kader passen. "Mölders und Mugosa sind sich in gewisser Weise ähnlich, sie halten sich gerne im Zentrum auf", sagte Runjaic. "Wenn ich zwei Stürmer dieser Art habe, schaue ich mich natürlich nach einem anderen Typen um, der beweglicher ist, mehr in die Räume geht und auf die Flügel ausweicht."

Ob Ribamar nun komme, darüber sei er nicht informiert, sagte Runjaic, ebenso wie er nicht Bescheid wisse, ob Wittek ein Angebot habe. Dann lächelte er wieder.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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