1860 schafft Remis gegen Braunschweig:Unterhaltsam und friedlich

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Dem TSV 1860 München gelingt es, die Siegesserie von Tabellenführer Eintracht Braunschweig zu stoppen. Mit dem 1:1 geben sich am Ende beide Mannschaften hochzufrieden. Die eindeutige Botschaft dieser Partie: So unterhaltsam kann die zweite Liga sein. Und so friedlich.

Gerald Kleffmann

Daniel Halfar blickte auf sein Trikot, stutzte und sagte: "Das war gewöhnungsbedürftig." Mit sehr speziellen Leibchen waren die Profis des TSV 1860 München am Sonntag zum Zweitliga-Duell mit Tabellenführer Eintracht Braunschweig aufgelaufen.

Alles in Ordnung: Necat Aygün von 1860 München und Braunschweigs Ermin Bicakcic umarmen sich nach dem Spiel.  (Foto: dapd)

Die Wiesn-Trikots, die in limitierter Auflage unters Volk gebracht wurden und im Internet schon für rund 200 Euro feilgeboten werden, waren am Hals sowie auf der Hose mit Schleifen versehen. Die einmalige Aktion anlässlich des Oktoberfestes, das am Samstag begann, hat der Münchner Klub die ganze Woche über mit Trara begleitet, die Zwischenbilanz nach dem ersten Wiesn-Wochenende: Es hat sich ein bisschen gelohnt.

31.600 Zuschauer kamen in die Arena, und die Siegesserie der Braunschweiger wurde gestoppt. Nach dem 1:1 (0:1) konstatierte 1860-Stürmer Benjamin Lauth: "Wir sind dabei in der vorderen Gruppe." Eintracht-Trainer Torsten Lieberknecht wiederum konnte es sich natürlich leisten, generös zu sein, nach fünf Siegen in Serie: "Für die Jungs war es eine Sensation, hier in der Arena zu spielen", frohlockte er, "vor ein paar Jahren haben einige in der Oberliga gekickt." Ja, diese Braunschweiger sind die Wundertüte der zweiten Liga.

Und sie bleiben es noch eine Weile, vor der Partie stand ja fest, dass sie so oder so an der Spitze der Tabelle bleiben würden. Sie bieten zurzeit eine Qualität, die jede Partie bereichert, und so entwickelte sich ein Duell, das dem Namen Spitzenspiel gerecht wurde. "Das war Werbung für die zweite Liga", betonte Lieberknecht nach aufregenden 90 Minuten.

Auch wenn es einige Aufreger gab - 1860 beklagte fünf gelbe Karten, Braunschweig wurde ein reguläres Tor zum 2:1 durch Deniz Dogan (75.) wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung aberkannt -, so waren sich alle einig: "Es ging hin und her", wie Braunschweigs Norman Theuerkauf erkannte. Ergo: "Das ist ein gerechtes Unentschieden." Was später 1860-Trainer Reiner Maurer genau so wiederholte. Die eindeutige Botschaft dieses Tages: So unterhaltsam kann die zweite Liga sein. Und so friedlich.

Dabei hatte Braunschweig wieder die besseren Anlagen gezeigt. München agierte zwar zunächst aggressiv, gewillt, den Lauf der Braunschweiger zu beenden. Die Außenzange Marin Tomasov (rechts) und Daniel Halfar (links) wirbelte bis zur Strafraumgrenze, die Abwehr der Sechziger stand gut, und so erspielten sich die Gastgeber einige Chancen. Und doch überwog der Eindruck, dass alles, was die munteren Münchner vorführten, die Eintracht-Spieler ein kleines bisschen besser können.

Da war etwa die Torausbeute: Während die Löwen auf den letzten Metern zu umständlich kombinierten, zeigte sich die Eintracht erneut als Effizienzmeister. Die erste Gelegenheit führte zum 1:0 (19.), der giftige Dominick Kumbela traf nach einer Freistoßflanke von Kevin Kratz per Kopf und brachte sein Team damit in eine Lage, die jeder Gegner vermeiden will.

Einzelkritik 1860 München
:Überraschungen zum Oktoberfest-Auftakt

Gabor Kiraly verzichtet am ersten Oktoberfest-Samstag auf die Lederhose, Marin Tomasov überrascht Gegenspieler und sich selbst - und Benjamin Lauth macht eine interessante wissenschaftliche Erkenntnis. Die Spieler von 1860 München beim 1:1 gegen Braunschweig in der Einzelkritik.

Matthias Mederer

Wenn die anderen stürmen müssen, fühlt sich die Eintracht-Elf pudelwohl. Dann kann sie ihr Spiel aufziehen, das zwar nicht makellos ist und auch mal Löcher aufweist im Defensivverbund. Dafür aber ist das Kurzpassspiel samt den überfallartigen Vorstößen bisweilen ein Augenschmaus, den kein Team in dieser Liga bietet.

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Matthias Mederer

Die Münchner hatten das Glück, dass sie nach dem Rückstand diverse Tormöglichkeiten der Braunschweiger ohne Schaden überstanden - Dennis Kruppke (22.), Deniz Dogan (23.) und noch mal Kruppke (45.) hätten das 2:0 erzielen können. So hatte 1860 in der Pause dann doch die Motivation, eine modifizierte Strategie auszuhecken, eine, die mehr Kampf beinhaltete und weniger Ehrfurcht vor Menschen in gelben Trikots.

Und siehe, plötzlich wackelte die Eintracht-Abwehr, plötzlich funktionierten Dribblings, Störmanöver und Pressing. Der Ausgleich durch Innenverteidiger Necat Aygün (58.), der einen Eckball von Halfar aus vier Metern abstaubte, fiel verdient - und er heizte die Stimmung weiter an, sowohl auf dem Rasen als auch in den Fankurven, die kaum Verschnaufpausen bekamen.

Dass 1860 mehr unter Druck stand, war der Spielweise anzumerken, die Löwen agierten am Ende hektischer, wohlwissend, dass bei einem Unentschieden ein Mittelfeldplatz die Folge wäre. Braunschweig hatte die Qualität, sich noch zwei hochkarätige Chancen herauszuspielen durch Kratz (74.) und Chengdong Zhang (87.).

Halfars Volleyschuss wurde wiederum von Torwart Daniel Davari pariert (90.). "Von mir gibt es keine Kritikpunkte", stellte Lieberknecht klar, er lächelte beim Verlassen der Arena. Und auch Halfar grinste verschmitzt. "Der Punkt ist kein Weltuntergang", meinte er; zudem hatte er einen persönlichen Erfolg. "Vielleicht finde ich einen besonderen Platz für das Wiesn-Trikot. Es ist ja doch etwas Besonderes."

© SZ vom 24.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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