1860 München:Langes Warten auf die Feuerwehr

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Späte Erleichterung: Dennis Dressel bejubelt seinen Treffer zum 3:2 in der 89. Minute. (Foto: Sven Leifer/foto2press/imago)

Die Löwen schaffen im Toto-Pokal einen Last-Minute-Sieg bei Regionalligist Buchbach. Ihrem kämpferischen Auftritt fehlen allerdings die spielerischen Mittel. Ob die Mannschaft kollektiv gestärkt aus der Beinahe-Blamage geht, bleibt fraglich.

Von Christoph Leischwitz

Der TSV 1860 München mag eine Liga höher spielen als der TSV Buchbach und mehr Tradition haben. Er hat ein viel größeres Stadion, das am kommenden Samstag vermutlich wieder ausverkauft sein darf, während sie in Buchbach lediglich über einen recht holprigen Rasen und mangelhaftes Flutlicht verfügen, das sich schwertut, die ganz große Bühne auszuleuchten - jedenfalls war von Seiten der Profimannschaft hernach viel darüber zu hören, dass die Zustände "katastrophal" gewesen seien, als die Löwen im Toto-Pokal-Viertelfinale sechzig Kilometer nordöstlich von München antraten. Doch in Buchbach haben sie eine Sache, die den Profis aus München zurzeit fehlt; etwas, das die Löwen sehr gerne mit nach Hause genommen hätten. Doch selbst nach dem knappen 3:2-Erfolg war nicht endgültig festzustellen, ob sie es dann wirklich mitgenommen haben.

Die Rede ist natürlich nicht von den ausgezeichneten Fleischwaren, die während des Spiels in Form von Steaksemmeln und Bratwürsten verkauft wurden, sondern vom Selbstvertrauen. Denn das benötigt der TSV 1860 München dringend, sozusagen ortsunabhängig. Sei es am kommenden Samstag im Ligaspiel zu Hause gegen Waldhof Mannheim, oder eine Woche später in Saarbrücken. Weil die nunmehr seit sieben Wochen andauernde Liga-Sieglos-Serie aufs Gemüt geschlagen hat.

Andi Bichlmaier, einer der beiden Buchbacher Trainer, stemmte sich am Freitagabend auf der Pressekonferenz am Spielfeldrand auch noch einmal verbal gegen den scheinbar übermächtigen Gegner. "Ein bissl ausgeglichen" sei das Spiel gewesen in der zweiten Hälfte, in der Sechzigs Trainer Michael Köllner nach einer Umstellung eine überlegene Löwen-Mannschaft gesehen hatte. Aber warum war in der ersten Halbzeit eigentlich so wenig zu sehen gewesen vom Favoriten, außer langen Bällen in die Spitze? "Ab und zu brauchst du einen zwischen die Hörner", sagte Trainer Köllner, und meinte damit das 1:0 Buchbachs kurz vor der Pause. Dann noch ein "Nackenschlag" (Köllner), gleich nach dem Ausgleich, in Form eines fragwürdigen Elfmeters für Buchbach, der zum 2:1 führte. Und noch einer, als Stefan Lex keinen bekam. Köllner meckerte und sah Gelb, und weil die Sechziger nach dem zweiten Rückstand doch noch das Spiel drehten, stand am Schluss die Erkenntnis: Mit ordentlich Wut im Bauch funktionierte das deutlich besser als mit spielerischen Mitteln.

Seinen Angreifer Tim Linsbichler lobt Trainer Köllner hinterher auffällig oft

So viele Nackenschläge, und dann doch noch ein Sieg - eine Steilvorlage für Köllners Narrativ. "Wenn du das mal packst, und du gehst nicht in die Knie, das gibt dir schon einen Push", versicherte der Trainer. In Rückstand geraten war man ja diesmal auch schon wieder, und dann sogar "teilweise hergespielt" worden, wie Stefan Lex im BR-Fernsehen anmerkte. Deshalb ist es fraglich, ob 1860 tatsächlich kollektiv gestärkt aus der Beinahe-Blamage geht.

Für einzelne Spieler mag das allerdings zutreffen. Seinen Angreifer Tim Linsbichler lobte der Trainer hinterher auffällig oft, ganz besonders dürfte das aber für Lex gelten, der bei seiner Rückkehr an alte Wirkungsstätte - der 31-jährige Erdinger spielte von 2009 bis 2013 selbst in Buchbach - eine emotionale Achterbahnfahrt erlebte: zunächst einige Chancen kläglich vergeben, das zwischenzeitliche 1:1 durch Linsbichler aufgelegt, dann den Elfmeter für Buchbach verschuldet, selbst keinen bekommen, das 2:2 geköpfelt und selbst also endlich einmal wieder ein Tor erzielt.

Köllner musste schon einräumen, dass ein "Notfall" eingetreten war in Buchbach, als seine Mannschaft in Rückstand geriet. Sascha Mölders habe unter der Woche "leichte Adduktorenprobleme" gehabt, zu Beginn der zweiten Halbzeit musste der Kapitän dann aber die Rolle des Feuerwehrmanns übernehmen. Es ist wohl kein Zufall, dass die Sechziger die Partie dann zumindest emotional dominierten. Doch ein gefährlicher Torabschluss gelang dem 36-Jährigen - außer einer Kopfballchance - nicht. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Leistung genügte, um sich wieder in die Startelf zu spielen.

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