1860 München:Knifflige Aufarbeitung eines gescheiterten Deals

Lesezeit: 3 min

Der Investoren-Vertrag ist Thema im 1860-Aufsichtsrat, mehrere Handelnde müssen sich auf unangenehme Fragen vorbereiten

Moritz Kielbassa und Gerald Kleffmann

Am Dienstag findet bei 1860 München eine Aufsichtsratssitzung statt. Die Vorzeichen weisen auf einen langen Abend hin. Knifflige Themen wie der geplatzte Investoren-Vertrag und das seither belastete Verhältnis zur DFL stehen auf der Agenda, über die sich Präsidium, Aufsichtsrat und auch Geschäftsführung austauschen. Für manchen könnte es unangenehm werden - sollten es die Teilnehmer ernst meinen mit dem Plan, die Ereignisse der vorigen Wochen aufzuarbeiten.

Unter Druck: Das Präsidium des TSV 1860 München mit den Vizepräsidenten Franz Maget (l.), Michael Hasenstab (2.v.l.) und Präsident Rainer Beeck (r.), hier bei der Präsentation des neuen Sportdirektors Miroslav Stevic. (Foto: Foto: dpa)

Das Präsidium denkt nicht an Rücktritt, könnte aber die Vertrauensfrage stellen. Zudem muss Präsident Rainer Beeck erklären, wieso er die Verhandlungen mit Investor Nicolai Schwarzer am Sonntag für beendet erklärte, obwohl dies laut Geschäftsführer Manfred Stoffers nicht der Fall ist: Er sagt, Schwarzer habe "die Verhandlungen nicht abgebrochen". Beecks Äußerung wirkte umso unglücklicher, da er im selben Atemzug sagte, dass nach den jüngsten Neubesetzungen im Verein (Stevic, Stoffers, Wolf) "jetzt alle bei Sechzig in die gleiche Richtung schwimmen".

Ein Insider berichtet hingegen: "Es bekämpfen sich immer noch viele im Verein, es ist nicht besser geworden." Beeck muss zudem festzurren, welcher Kurs im Abfindungsfall Stefan Ziffzer gewählt werden soll. Nach der Kündigung des ehemaligen Geschäftsführers wollte sich Beeck mit Ziffzer einigen, wurde aber intern eingebremst. Ein Prozess läuft daher. Nun, heißt es plötzlich, denke man doch wieder an eine außergerichtliche Einigung.

Vizepräsident Michael Hasenstab gilt als Motor des Investorvertrags. Der Investmentbanker selbst hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er von seinem Wohnsitz in London aus (einen zweiten hat er in Salzburg) den Deal mit eingefädelt hat. Dass Hasenstab nun von internen Absendern als Schuldiger des gescheiterten Vertrags betrachtet wird, trifft ihn aber. "Es ist nicht mein Projekt", stellt er klar, "das Präsidium und der Aufsichtsrat haben zugestimmt. Bei der Präsentation waren alle fünf anwesend." Er meint: das dreiköpfige Präsidium sowie die beiden Aufsichtsratsvorsitzenden des e.V. und der KGaA, Peter Lutz und Christoph Öfele.

Denkbar ist, dass Hasenstab der Rücktritt nahegelegt wird. Er selbst sagt: "Es waren viele involviert. Da hat jeder Gutes getan - und weniger Gutes." Weniger gut war, die Aufsichtsräte zu überrumpeln. Binnen eines Tages holte das Präsidium am 28.Januar - mit Unterstützung des Aufsichtsratschefs Lutz - die Genehmigung der Kontrolleure ein. Morgens wurden die Räte angerufen, abends folgte eine Sitzung. Um die Sache zackig durchzuboxen, ehe Bedenken aufkamen? Manche Räte wie OB Christian Ude waren im Ausland, ihre Anwesenheit war unmöglich.

Hasenstab sagt dazu kurz angebunden: "Ja, die Sitzung wurde spontan einberufen. Wir hatten auch zeitlichen Druck, weil wir vor Schließung des Transferfensters den Vertrag absegnen wollten." Man beachte das Wort auch. Seltsam ist zumindest, dass monatelang am Vertrag gearbeitet wurde - und dann alles eilig über die Bühne gehen musste. Einen Kollektivfehler räumt Hasenstab ein: "Wir hätten stärker bei der Präsentation darauf verweisen müssen, dass der Vertrag bei der DFL noch unter Vorbehalt steht." Stärker trifft die Wahrheit nicht ganz. Sie hätten überhaupt darauf verweisen müssen.

Aufgabe des e.V.-Aufsichtsratschefs (und KGaA-Mitglieds) Peter Lutz ist es eigentlich, Präsidium und Geschäfsführung zu kontrollieren. Seine Kanzlei aber war in die Vertragsgestaltung mit Schwarzer involviert. Fragen am Dienstag könnten lauten: Hat Lutz seine Kontrollpflicht verletzt und stattdessen selbst Vereinsgeschäfte mitgestaltet? Hat er daran verdient? Konnte er sein Amt glaubwürdig ausführen und den Vertrag sowie das Vorgehen des Präsidiums kritisch beurteilen, nachdem seine Kanzlei beteiligt war? Einen Beigeschmack hat das Ganze, zumal sich Lutz zu jeder Nachfrage so äußert: "Kein Kommentar." Eines aber weiß er: "Ich habe alles richtig gemacht."

Warum dann sein Mauern? Im Aktiengesetz (§114) ist auch geregelt, dass ein Aufsichtsrat, der eine andere Tätigkeit übernimmt, diese von den anderen Räten absegnen lassen muss. Genau das ist offenbar bei Sechzig nicht geschehen. "Mich hat niemand gefragt", sagt ein Rat, der hätte gefragt werden müssen. Lutz sagte im Übrigen, man habe sich bei der Fehleinschätzung, dass der Investorenvertrag DFL-kompatibel sei, auch auf Schwarzers Anwalt Veit Wirth (und dessen Erfahrung im Fußballgeschäft) verlassen.

Geschäftsführer Markus Kern, der die Reißleine zog , indem er den Investorenvertrag zu Ude brachte (der dann sein Veto nachträglich einlegte) und wegen dieser Petzerei beim Präsidium in Ungnade gefallen sein soll, erhält indes eine Jobgarantie - von Hasenstab: "Kern ist ein elementarer Bestandteil von Sechzig, ein Pfeiler. Er soll der Hopfner von Sechzig werden", sagt der Vizepräsident. Intern hat Kern dennoch derzeit wenige Freunde.

© SZ vom 03.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

TSV 1860 München
:Gefangen zwischen Tradition und Chaos

Zwischen Euphorie und Komödiantenstadl: Die Geschichte des TSV 1860 prägen schöne Erinnerungen, heftige Machtspiele und der dunkle Schatten des Nachbarn FC Bayern. Jetzt soll Benno Möhlmann den Klub vor dem Abstieg retten.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: