TSV 1860 München:Die Unbesiegt-Serie geht weiter

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Münchens Efkan Bekiroglu (l.) neben Kaiserslauterns Carlo Sickinger. (Foto: Eibner-Pressefoto)

Beim 1:1 in Kaiserslautern bleibt der TSV 1860 im 16. Spiel nacheinander ohne Niederlage. Die Löwen spielen dominant - Prince Owusu vergibt kurz vor Schluss die Chance zum 2:1.

Von Philipp Schneider

Am Spielfeldrand macht sich Prince Osei Owusu bereit. Er zieht die Hose gerade, das Trikot, ganz akkurat. Ein kurzer Blick in den Himmel, dann sprintet er aufs Feld. Es läuft die 58. Minute, es steht 1:1 zwischen dem TSV 1860 München und dem 1. FC Kaiserslautern auf dem Betzenberg. Schon wieder ein zwischenzeitliches Unentschieden. Zeit für Owusu. Er kennt das ja inzwischen, er hat sich angefreundet mit seiner Rolle, die im Fußball gerne als "Joker" bezeichnet wird. Sechs Minuten später rutscht Owusu auf dem Hosenboden über den durchnässten Boden am Betzenberg, mit einer Grätsche will er einen Flachpass von Stefan Lex über die Linie drücken. Aber zaubern kann Owusu auch nicht. Er kommt zu spät, die Hose ist matschig - die Partie geht 1:1 zu Ende.

Die Löwen und ihr Trainer Michael Köllner haben nun seit 16 Spielen nicht mehr verloren. Sie sind Sechster der dritten Liga, bei weiterhin zwei Punkten Rückstand auf Tabellenführer Duisburg.

Vor der Partie war viel über das Wiedersehen von Michael Köllner und Boris Schommers geredet worden. Sie waren ja 2017/18 beim 1. FC Nürnberg wie Pat & Patachon, nur erfolgreicher. Gemeinsam stiegen sie in die Bundesliga auf. Nach 15 Spielen ohne Sieg musste Köllner im Februar 2019 gehen und mitansehen, wie Schommers übernahm. Auf dem Betzenberg trafen sie sich nun erstmals wieder, als Trainer anderer Klubs. Seine Verärgerung über Schommers Karrierescoop hat Köllner damals mit einem öffentlichen "Das war so nicht abgesprochen" kritisiert. Vor dem wichtigen Spiel auf dem Betzenberg blockte er weitsichtig alle auf medialen Krawall ausgelegten Nachfragen ab. "Dafür habe ich keine Zeit", antwortet er spitz auf die Frage, ob die Begegnung mit Schommers überhaupt eine Rolle für ihn spiele. "Es geht darum, zu punkten. Einen Handshake gibt es wegen Corona ohnehin nicht."

Dafür aber gab es wegen Corona für die Löwen einen bequemen Charterflug nach Mannheim und eine verkürzte Busreise nach Kaiserslautern. "Regeneration und Konzentration" sind alles in diesem eng getakteten Drittliga-Finale, hat Köllner erkannt. Das gilt erst Recht für das laufintensive Spiel, das Sechzig nach der 84-tägigen Spielpause beim furiosen 3:2 gegen Tabellenführer Duisburg gezeigt hat, das Prince Owusu entschied. Und nun wieder zeigte.

Als wäre das Gegentor nur der Beginn von etwas Wunderbarem

Köllner, warum auch nicht, vertraute derselben Startelf wie gegen Duisburg. Und die Spieler dankten es ihm, indem sie so entschlossen loslegten, als wollten sie dem Regen entlaufen, der auf dem Betze unaufhörlich niederprasselte. Sechs Minuten waren gespielt, als es eine Szene gab, von der man gar nicht genug Wiederholungen sehen konnte. Sascha Mölders drückte nach einer Flanke von Lex den Ball mit dem Kopf aufs Tor, Torwart Avdo Spahic wischte ihn mit den Fingern noch irgendwie gegen den Innenpfosten, von dort rollte er die Torlinie entlang und zurück in den Strafraum, fand Timo Gebhart, der auch noch schießen durfte. Wie schon gegen Duisburg zogen die Löwen ein ansehnliches Kurzpassspiel auf. Wie gegen Duisburg traf aber zunächst nur der Gegner: diesmal nach einem Konter. Dennis Erdmann vermochte einen Pass von Florian Pick aus dem Zentrum nicht zu verhindern. Und schon war Lucas Röser auf der rechten Seite allein wie der Jäger im Wald und schob flach ein zur Führung (13.)

Dass Rückstände kein Problem sind, das haben die Löwen am Pfingstsonntag gegen Duisburg gelernt. Also spielten sie weiter, als wäre dieses Gegentor nur der Beginn von etwas Wunderbarem. Mölders nahm eine Hereingabe einfach mal direkt, verpasste nur knapp (18.). Wenn es regnet, sind Versuche aus der Distanz in der dritten Liga kein schlechtes Mittel. Das dachte sich auch Pick, der im Gegenzug Hiller prüfte. Das Spiel war durchaus hochklassig, in jedem Fall unterhaltsam. Zumal Mölders nun auch noch ein Mittel einsetzte, das sich längst bei allen Wetterbedingungen bewährt hat: Ein chirurgischer Pass durch die gegnerische Abwehrkette, den sich ein schneller Stürmer erläuft. Bei 1860 ist niemand schneller als Stefan Lex. Lex also rannte, traf, drehte ab und bedankte sich, na klar, bei Mölders (31.).

Als die Löwen zur Halbzeit in die Kabine gingen, war in Duisburg die Partie gegen den Tabellenletzten Jena schon abgepfiffen worden. Und weil diese 1:1 geendet hatte, könnte Köllner seinen Spielern nun motivierend mitgeteilt haben, dass sie im Falle eines Sieges punktgleich mit dem MSV an der Spitze stehen würden (was er genauso gut nicht getan haben könnte, um die Spieler nicht zu verunsichern).

Auch nach Wiederanpfiff sorgte Mölders für den ersten Höhepunkt, zumindest optisch. Er hob ab und warf seinen Körper für einen Seitfallzieher in die Luft, der Ball aber traf nur Innenverteidiger Kevin Kraus. Köllner wechselte nun. Er brachte Owusu für Gebhart sowie Quirin Moll und Noel Niemann für Dressel und Lex. Das hohe Tempo der ersten Halbzeit konnten beide Mannschaften nicht mehr gehen.

Die beste Chance für 60 hatte Prince Owusu, kurz vor dem Abpfiff. Eine Hereingabe von der Seite wischte er mit der Sohle in Richtung Tor. Aber nicht über die Linie.

© SZ vom 04.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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