1860 München - Ingolstadt:Ab ins kalte Wasser

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Der TSV 1860 München gewinnt 2:1 im Testspiel gegen den FC Ingolstadt. Der 19-jährige Innenverteidiger Semi Belkahia trifft trotz geringer Spielerfahrung - verursacht danach aber auch noch einen Strafstoß. Er dürfte bei diesem Spiel viel gelernt haben.

Von Christoph Leischwitz

In der 27. Minute konnte Semi Belkahia einfach nicht anders: Er hob die Arme zum Jubel. Der 19-jährige hatte gerade ein Tor geschossen, und das kommt für einen Innenverteidiger ja dann doch eher selten vor. Noch dazu, wenn man gar nicht so oft spielt. Seitdem der gebürtige Münchner im Sommer zum TSV 1860 wechselte, kam er in der dritten Liga noch gar nicht zum Einsatz, außer für die U21 in der Bayernliga - bei den Profis durfte er lediglich im Verbandspokal ran.

Am späten Freitagnachmittag war er dann allerdings der einzige Feldspieler, der im Länderspielpausen-Test gegen den Zweitligisten FC Ingolstadt über 90 Minuten auf dem Platz stand. Und auch dank seines Tores - ein verdeckter Schuss aus gut zehn Metern nach Eckball-Gewusel - gewannen die Sechziger im Sportpark Heimstetten verdient 2:1 (2:0). Den ersten Treffer für die Löwen hatte Nico Karger erzielt (14.). Die offensiv über weite Strecken harmlosen Ingolstädter jubelten lediglich über einen von Dario Lezcano verwandelten Foulelfmeter (70.).

Belkahia dürfte bei diesem Spiel viel gelernt haben. Weil Trainer Daniel Bierofka zwar 21 Spieler einsetzte, aber kaum Außenverteidiger zur Verfügung hatte, stellte er mehrmals in der Partie das System um. Und dann machte der Neuling auch noch eine negative Erfahrung, woraus man aber bekanntlich am meisten lernt: Er hatte den Ingolstädter Elfmeter verschuldet, als er Fatih Kaya unsanft zur Seite räumte. "Man darf jetzt nicht zu viel von ihm verlangen", sagte Bierofka, er hatte bei der Szene zum Elfmeter aber keinen guten Blick gehabt. So oder so hält er viel von seinem Innenverteidiger-Talent.

Belkahia war nach dem Aufstieg einer der ersten, den die Sechziger für die neue Saison verpflichteten, und trotz seines Alters mit dem Hintergedanken, ihn schon bald in der dritten Liga einzusetzen. Belkahia wurde in der Jugend des FC Bayern und der TSG Hoffenheim ausgebildet, in der vergangenen Saison spielte er beim Regionalligisten VfR Garching noch gegen die Löwen.

Der Gedanke, ihn mal ins kalte Wasser zu schmeißen, sei schon da gewesen, sagt Bierofka. Vermutlich, als sich Routinier Jan Mauersberger im Oktober so schwer verletzte. Aber: "Ich will den Jungen nicht verbrennen. Wir wollen ihn ganz behutsam aufbauen", sagt der Trainer. Einerseits sei ihm mit seinem Potenzial "fast kein Limit" in seiner Entwicklung gesetzt, andererseits sei er eben noch recht introvertiert und müsse selbst noch etwas mehr an seine Stärken glauben.

Auf dem Feld ist das alles gut zu erkennen. Belkahia schien gegen den Zweitligisten gedanklich immer auf der Höhe zu sein, er spielt fast fehlerfrei, aber eben auch nicht besonders auffällig, abgesehen von einer energischen Grätsche in der 73. Minute, mit der er eine gute Ingolstädter Möglichkeit vereitelte. Beim Elfmeterpfiff wäre es durchaus verständlich gewesen, wenn er ein wenig beim Schiedsrichter reklamiert hätte. Es gibt für einen Trainer Wichtigeres als die Tatsache, dass ein Abwehrtalent in einem Testspiel ein Tor erzielt. Aber Bierofka freute sich trotzdem: "Für ihn ist das super, das gibt ihm Selbstvertrauen."

Nach dem Spiel bestätigt sich das Bild: Ein schüchternes "Servus" auf dem Weg in die Kabine, ein Autogramm für einen Fan, dann ist Semi Belkahia auch schon verschwunden. Zum kalten Wasser, in das er geworfen wird, zählt eben auch der plötzliche Umgang mit den Medien. Aber das dürfte sich nach Belkahias ersten Pflichtspiel-Einsätzen schnell ändern. Es ist nur noch nicht ganz klar, wann sie kommen.

© SZ vom 17.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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