1860 München:Ernst gemeinter Jubel

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Zuletzt zwei Elfmeter vergeben, nun wieder erfolgreich: Phillipp Steinhart (rechts, neben Heinz Mörschel), schoss am Montag das entscheidende 1:0 für den TSV 1860 München gegen Dynamo Dresden. (Foto: Sven Leifer/foto2press/imago)

Nach dem Erfolg gegen Tabellenführer Dresden gehört der TSV 1860 München wieder zu den ärgsten Verfolgern der besten Drei in der dritten Liga. Was auch an Arbeitern wie dem Torschützen Phillipp Steinhart liegt. Die Länderspielpause würde Trainer Köllner gerne nutzen, um die Spieler Kräfte sammeln zu lassen - nur geht das nicht.

Von Christoph Leischwitz

Mag ja sein, dass die Sechziger rein mathematisch neun Punkte Rückstand auf Platz zwei und drei haben in der aktuellen Drittligatabelle. In der Fußballpraxis aber sind es nur acht. Denn bei Gleichstand ist davon auszugehen, dass der TSV 1860 München den jeweiligen Kontrahenten, Hansa Rostock und/oder den FC Ingolstadt, überholt hätte. Das Torverhältnis ist nämlich schon jetzt deutlich besser, und daran wird sich ja kaum etwas ändern, wenn man die Gegner nach Punkten einholt. Übrigens empfängt Rostock Anfang Mai auch noch die Ingolstädter, und 1860 tritt am letzten Spieltag bei den Schanzern an. Kurz: Die Ausgangslage, um noch einmal in den Aufstiegskampf einzugreifen, ist gar nicht so schlecht für den TSV 1860 München.

So ging der Jubel am Montagabend auch über eine einfache "Wir haben den Tabellenführer besiegt"-Freude hinaus, nachdem die Löwen Dynamo Dresden niedergerungen hatten. Gut zu sehen war das an Torwart Marco Hiller, der Sekunden vor dem 1:0 beinahe die Führung der Dresdner kassiert hätte. Als dann aber Sechzigs Linksverteidiger Phillipp Steinhart nach einem schnellen Gegenzug frei zum Schuss kam und den Ball trocken im fernen Eck versenkte (86. Minute), da ballte der Keeper auf der anderen Seite die Fäuste, schrie laut auf und machte ein Gesicht, als ob jetzt, nach 29 von 38 Spieltagen, die Arbeit erst so richtig losgehe. Dieser Jubel war sozusagen völlig ernst gemeint.

Sascha Mölders ist drauf und dran, der älteste Torschützenkönig im deutschen Profifußball zu werden

"Es war ein Spiel auf Augenhöhe", konstatierte Sechzigs Trainer Michael Köllner hernach, die Fußballer wie auch die Trainer auf taktischem Gebiet hätten sich alles abverlangt. Auf der einen Seite bedeutete das: Es hätte auch andersherum ausgehen können, gerade wegen besagter Großchance der Dresdner unmittelbar vor dem Münchner Siegtor. Und es war ja auch eine Partie auf Augenhöhe gewesen, als die Münchner fünf Tage zuvor beim Tabellenletzten Lübeck 0:0 gespielt hatten, im Übrigen mit genau der gleichen Startelf. Dort hatten sie sich lange schwergetan, das Spiel zu machen. Diesmal glückte das schon in der ersten Hälfte ganz gut.

Gleichzeitig ist Köllners Aussage dann eben auch eine Begründung, warum man es sich sehr wohl verdient hat, zumindest der ärgste Verfolger des Spitzentrios zu sein. Nicht nur wegen des besten Angreifers der Liga, der in diesem Zusammenhang gerne erwähnt wird. Sascha Mölders feierte am vergangenen Samstag seinen 36. Geburtstag (übrigens mit einem Stadionbesuch bei der gegen Uerdingen unterlegenen SpVgg Unterhaching) und ist dank seiner 16 erzielten Tore drauf und dran, der älteste Torschützenkönig im deutschen Profifußball zu werden. Ein Tor blieb ihm wegen einer Glanzparade von Dresdens Torwart Kevin Broll diesmal verwehrt (12.).

Trainer Köllner ist anzumerken, dass er jetzt gerne den vollen Fokus auf die Aufholjagd legen würde

Der Erfolg von Sechzig liegt auch an Spielern wie Steinhart, an den Arbeitern im Hintergrund. "Für den Phillipp ist es Balsam auf seine Seele", sagte Köllner über dessen fünftes Saisontor. Zuletzt hatte der 28-jährige gebürtige Dachauer zwei Elfmeter verschossen. "Er hat sich selbst einen Kopf gemacht", erzählt der Trainer. Steinhart sei jedoch "einer meiner stabilsten Spieler", es sei "ein Traum, mit ihm zusammenzuarbeiten". Er sei zudem im Aufbauspiel ein ganz wichtiger Faktor. Auch das war am Montag im Spitzenduell gut erkennbar.

Immer wieder versuchten die Löwen, mit flachem Passspiel das Feld zu überbrücken, obwohl weder die Platzverhältnisse noch der spielerisch starke Gegner solch eine Spielweise aufzwingen. Dass Steinhart dann gleichzeitig als Verteidiger in die Lage kommt, auch noch den Torabschluss zu suchen, sei ebenfalls eingeübt, sagt Köllner. Allerdings wurde es, wenn man ganz ehrlich ist, Steinhart bei seinem Tor auch recht leicht gemacht: In dieser einen Situation ließ die Dresdner Abwehr nämlich Konsequenz vermissen, sodass Steinhart aus kurzer Distanz unhaltbar einschieben könnte.

Es war Köllner anzumerken, dass er jetzt gerne den vollen Fokus auf die Aufholjagd legen würde. Dass er die Länderspielpause gerne nutzen würde, um die Spieler Kräfte sammeln zu lassen. Geht aber nicht. Denn es steht mindestens ein Verbands-Pokalspiel an; wenn man dabei am Samstag gegen den FC Ingolstadt gewinnt, auch noch ein zweites am 30. März. Für den DFB-Pokal könnte man sich freilich auch über den vierten Platz in der Liga qualifizieren, aber es gilt, realistisch zu bleiben: Rein mathematisch ist sogar der siebte Platz für 1860 München immer noch näher als der dritte.

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