Es hat nicht allzu lange gedauert, bis am Thema 1860 München auch das gute Verhältnis zwischen Hasan Ismaik und Ulrich Bez zerbrach. Der jordanische Gesellschafter hatte den früheren Aston-Martin-Vorstandsvorsitzenden in Ämter der Profifußball-KGaA gebracht, als seinen Repräsentanten und Vertrauten. Doch am Donnerstag trat Bez nach nur wenigen Monaten zurück. Oder musste zurücktreten - je nach Sichtweise. "Er ist nicht zurückgetreten, Hasan hat ihn entfernt", sagte Ismaiks Bruder und rechte Hand Abdelrahman der SZ. Als Grund gab er an: "Er hat eher für den Klub gearbeitet als für Hasan." Bez habe Hasan Ismaik zum Verkauf seiner Anteile an dem Klub bewegen wollen, "er hat ihm einen Käufer genannt, der einen sehr niedrigen Preis geboten hat".
War Bez ein trojanisches Pferd?
Wenn man mit Ismaik nicht arbeiten könne und auch nicht gegen ihn, dann nur ohne hin - dieser Gedanke beschäftigt die Vereinsvertreter seit einer gefühlten Ewigkeit. War Bez ein trojanisches Pferd, installiert von der Vereinsführung, mit der er konstruktiv zusammenarbeitete - mit der er sich aus Sicht von Ismaik viel zu gut verstand? Diesen Vorwurf mag Bez nicht auf sich sitzen lassen. Er sei von sich aus zurückgetreten, weil er keine Basis für eine erfolgsversprechende Zusammenarbeit mit dem Jordanier mehr gesehen habe.
"Die Entscheidung, was Hasan Ismaik mit seinen Anteilen macht, liegt vollständig bei ihm. Daran habe ich nie einen Zweifel gelassen", betonte Bez. Er habe ihn nie zu einem Verkauf überreden wollen. "Dass man Vorschläge unterbreitet, wie es weitergehen könnte, gehört doch zu der Aufgabe." Einer dieser Vorschläge sei eben auch ein Verkauf gewesen: "Ich habe ihm Leute vorgeführt, die interessant sind, und auch andere Optionen."
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Investor Ismaik bleibt einer wichtigen Versammlung fern. Und sein Repräsentant Ulrich Bez tritt zurück.
Ismaik mochte sich weder aufs Verkaufen, noch aufs Investieren festlegen - mal wieder
Verkaufen? Investieren? Insolvenz gar? Ismaik mochte sich, mal wieder, in keine Richtung festlegen. Ständig von der Hand in den Mund zu leben, ohne einen Plan - das kann dem erfahrenen Geschäftsmann und Ingenieur Bez nicht gefallen haben. Ismaik hat sich, was nun keiner mehr bestreitet, auch seit dem Sommer mit einem möglichen Verkauf auseinander gesetzt. Allerdings ist der Wert der Anteile, für die er einst 15 Millionen Euro bezahlte, durch den sportlichen Misserfolg gesunken. Es wäre also schwer genug, jene 15 Millionen wiederzubekommen - Ismaik soll aber vor einiger Zeit von mindestens 25 Millionen Euro gesprochen haben, und im Idealfall möchte er alles zurück, das er in den Klub gesteckt hat, rund 50 Millionen Euro. So wird ein Verkauf selbstredend zu einem unmöglichen Unterfangen.
Ismaik reiste am Freitagmorgen unverrichteter Dinge aus München ab nach London - die Umwandlung von Darlehen in Genussscheine, um eine Strafe der Deutschen Fußball-Liga zu verhindern, hatte er nicht vollzogen. Und Zusagen, Geld für die dringend benötigten Winterzugänge zur Verfügung zu stellen, auch nicht gemacht. 1860-Präsident Peter Cassalette muss nach unscheinbarem Amtsbeginn nun gleich eine riesige Krise moderieren.
1860 braucht spätestens im März etwa fünf Millionen Euro von Ismaik für die Zweitliga-Lizenz
Um den einen oder anderen Zugang zu ermöglichen, könnte Sechzig notfalls das für Investitionen in die Infrastruktur zurückgestellte Geld anderweitig verwenden - sofern es denn wirklich zurückgestellt wurde. Oder, wen würde es wundern, das größte Talent Marius Wolf im Winter verkaufen. Allzu lange kann sich der Klub aber aus eigener Kraft nicht über Wasser halten. Spätestens im März 2016 muss Ismaik frische Darlehen von etwa fünf Millionen Euro geben, damit der Klub die Zweitliga-Lizenz für die Spielzeit 2016/17 erhält. Nach Stand der Dinge ist das kaum vorstellbar. Und sollte Ismaik dies nicht planen, wäre es auch nur folgerichtig, derzeit keine bestehenden Darlehen umzuwandeln.
Möglicherweise fordert Ismaik für jegliche Hilfe, wie in der Vergangenheit nach SZ-Informationen schon mehrfach geschehen, als Gegenleistung weitere Anteile an dem Klub, an dem er bislang 60 Prozent hält. Dies könnte schließlich den Erlös bei einem Verkauf erhöhen. Hierüber müssten die Mitglieder entscheiden - es träfe sich dann, dass ohnehin für den 28. Januar eine außerordentliche Mitgliederversammlung angesetzt ist.
Sportlich kommt die Unruhe zum denkbar schlechten Zeitpunkt
Trainer Benno Möhlmann kommt die ganze Aufregung vor dem Spiel am Sonntag (13.30 Uhr) beim Tabellenzweiten SC Freiburg denkbar ungelegen. Die Partie ist ebenso eine riesige Herausforderung wie eminent wichtig. Angesichts des direkten Aufeinandertreffens der Konkurrenten aus Paderborn und Düsseldorf droht für die Löwen im Falle einer Niederlage entweder der Abstand auf den Relegationsplatz oder der Abstand zum direkten Klassenverbleib immens zu werden. Möhlmann glaubt immerhin nicht, dass die Mannschaft die Geschichten von Hasan Ismaik, Abdelrahman und Bez im Kopf hat, wenn sie auf den Platz geht. "Dass es hier keine innere Ruhe gibt, ist schon seit Jahren so. Die Spieler kennen das länger als ich und haben gelernt, damit umzugehen", sagte Möhlmann. "Man kann trotzdem bessere Leistungen bringen als zuletzt."
Auf der einen oder anderen Position wird Möhlmann im Vergleich zum 0:2 gegen Bochum umbauen. "Die Jungen, die viel spielen mussten, erscheinen vom Kopf her nicht ganz so wach", sagte Möhlmann. "Wenn sie ein, zwei Fehler gemacht haben, gehen sie angespannt in so eine Partie. Nach Weihnachten, wenn sie ihre Geschenke ausgepackt haben, geht's vielleicht wieder." Zudem wolle er "den einen oder anderen Spieler noch mal in einem Pflichtspiel sehen, um einzuschätzen, ob er uns im Rest der Saison helfen kann. Da geht es um Rama, Stahl, Lacazette."
Für die Weihnachtstage rechnet Möhlmann damit, "dass ich nicht Urlaub machen kann". Sondern dass er an Zugängen arbeiten darf: "Ich gehe immer noch davon aus, dass wir tun können, was wir uns vorgenommen haben, und dass wir die Dinge irgendwie hinkriegen." Wenn auch mal wieder gänzlich anders als erhofft.