Sprachlabor (9):"Fuera de control"

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über Barack Obama, witzige Überschriften und feuilletonistische Kontrollverluste.

Hermann Unterstöger

BARACK OBAMA macht den Eindruck eines impulsiven Mannes, dem ohne weiteres zuzutrauen wäre, dass er tut, was in einer Überschrift so beschrieben wurde: "Obama reicht Teheran die Hand." Andererseits ist dieses Teheran eine Millionenstadt, und so gesehen, kann man unserer Leserin W. nur schwer widersprechen, wenn sie meint, dass in dem Fall die - sonst durchaus übliche - Vermenschlichung einer Metropole übertrieben sei und der Händedruck möglicherweise zu schweren Verrenkungen beim US-Präsidenten führen könnte. Richtig funktioniert dieses Muster wahrscheinlich nur, wenn die Partner der gleichen Kategorie angehören, beispielsweise so: "Washington reicht Teheran die Hand." Das klingt vernünftig und ist auch in der Sache besser, als wenn Washington Teheran dauernd mit dem Zaunpfahl winkt.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: dpa)

WEIL WIR GERADE bei den Überschriften sind: Ein konziser, witziger Titel sichert seinem Artikel Aufmerksamkeit und erfreut darüber hinaus den für solche Künste empfänglichen Leser. Wo dieser Wortzauber seine Grenzen hat, sah man unlängst an der Überschrift zu einem Artikel über ein mobiles Klo auf Bob Dylans Grundstück in Malibu. Sie lautete "Jauchet! Frohlocket!", und wer unter den Lesern das fehlende "z" bei "jauchet" überhaupt bemerkte, dankte seinem Schöpfer, dass die zwei zur Verfügung stehenden Zeitungsspalten dem Jux ein natürliches Ende gesetzt hatten. Das Zitat aus dem Weihnachtsoratorium geht weiter mit "Auf, preiset die Tage", und wer weiß, was bei der klanglichen Ähnlichkeit von Preis und Scheiß erst daraus noch geworden wäre.

DIE KOLLEGEN vom Ressort Feuilleton können oft so viele Sprachen, dass die Sphären ineinander verfließen. So kam es, dass der Appell "Fuera el invasor!" auf einem spanischen Plakat von 1937 mit "Raus mit dem Invasoren!" übersetzt wurde, obwohl sich "Raus mit dem Angreifer!" doch förmlich angeboten hätte. Der Invasor ist in der deutschen Sprache ungebräuchlich, allenfalls im Plural findet er Verwendung. Dass er hier zudem mit dem falschen Dativ Invasoren (statt Invasor) versehen wurde, zeigt, dass da etwas "fuera de control" geraten ist, außer Kontrollen gewissermaßen.

© SZ vom 03.04.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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