Sprachlabor (45):"Muse Urania" - ihr richtiger Name

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über ein überflüssiges "nicht" und sprachlichen Albernheiten.

Hermann Unterstöger

FREUDE AM DRUCKFEHLER? Leser R. unterstellt sie uns, und was soll man sagen, recht hat er! Bei dem von ihm entdeckten Exemplar handelt es sich um die von Raffael gezeichnete "Muse Urbania", die bei Christie's zwischen 12 und 18 Millionen Pfund einbringen sollte. Tatsächlich waren es dann 29 Millionen, ein Preis, welcher der für Astronomisches zuständigen Muse Urania - so ihr richtiger Name - gut zu Gesichte steht. Als die neun Töchter des Königs Pieros einmal die Musen zum Wettstreit herausforderten und dabei verloren, wurden sie zur Strafe für ihre Überheblichkeit in Dohlen verwandelt. Der Kollegin, die das "b" einfügte, ist Vergleichbares bisher gottlob nicht passiert.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: ag.dpa)

AUF EIN INTERESSANTES Phänomen macht unser Leser E. aufmerksam. Er hat in diversen Nebensätzen ein in seinen Augen überflüssiges "nicht" gefunden, überflüssig deswegen, weil schon der Hauptsatz eine Negation enthält. Hier ein Beispiel für alle: " . . . es dürfe keine Annäherung geben, bevor die Türkei nicht den Völkermord von 1915 anerkannt hat." Bei nüchterner Betrachtung muss man Herrn E. zustimmen, zumal da auch die Grammatik sagt, dass solche doppelten Verneinungen heute "als nicht mehr korrekt" gälten. Andererseits führt gerade die nüchterne Betrachtung nicht selten in die Verengung, und wenn man ergänzend bedenkt, dass bei vorangestelltem Nebensatz die kritisierte Negation ohne weiteres gesetzt werden kann (Bevor es nicht regnet, spanne ich den Schirm nicht auf), wird das überschießende "nicht" im nachgestellten Nebensatz so verkehrt auch nicht sein.

ÜBERRASCHT UND AMÜSIERT war Leserin P., als sie in einem Feuilletontext las, dass die auf Bildern in ihrer ganzen Schönheit sichtbare Al-Aksa-Moschee "in echt" natürlich zugebaut sei: Sie selbst habe diesen Ausdruck vor Jahr und Tag gebraucht, wenn sie zusammen mit ihrer kleinen Tochter dem beiden gemeinsamen Hang zu sprachlichen Albernheiten nachgab. Es handelt sich dabei in der Tat, um nicht zu sagen: in echt, um eine ganz pfiffige Fügung, eine Fügung freilich, die von vielen als umgangssprachlich abgelehnt werden dürfte. Das Eigenartige an dieser Konstruktion ist der Umstand, dass sie bei anderen Adjektiven kaum je funktioniert. "In sanft", "in mehlig", "in aufgeweckt": hört sich komisch an. Andererseits kann man zu einem Schreiner, der einem ein sehr schmales Brett andrehen will, sehr wohl sagen: "Haben Sie das auch in breit?", und beim Anblick eines sehr dicken Menschen darf man sich zumindest denken: In dünn wäre der auch schöner.

© 19./20.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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