Sprachlabor (41):Kein Selbstmord, sondern Selbsttötung!

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger klärt über Helfershelfer auf.

Hermann Unterstöger

DASS EINE RÜGE zum tausendsten Mal kommt, macht sie nicht weniger wichtig, und so sei hier kurz betrachtet, was Herr F., wahrscheinlich stellvertretend für viele Leser, aus Anlass des Todesfalls Robert Enke vorträgt. In diesem Blatt wurde vornehmlich von Selbstmord gesprochen, etliche Male von Suizid und ganz selten von Selbsttötung. Der Vollständigkeit halber, nicht zur Rechtfertigung, ist hinzuzufügen, dass es die anderen Medien, die sogenannten Leitmedien eingeschlossen, ebenso hielten, wie ja überhaupt eine auf den alltäglichen Sprachgebrauch zielende Internetabfrage ergibt, dass der Selbstmord weit vor den Begriffen Suizid und Selbsttötung liegt. Ist es Rohheit oder Gedankenlosigkeit, dass der letzte Ausweg, den ein Unglücklicher beschreitet, mit dem hässlichsten Verbrechen in Verbindung gebracht wird? Man kann natürlich nicht ausblenden, dass das Christentum den Suizid für einen schuldhaften Eingriff in die Schöpfungsordnung ansah und sanktionierte. Die Sprache trägt dieses Erbe zwar mit, aber es ist Herrn F. zuzustimmen, wenn er es den Medien auferlegt, auf eine Änderung des "unreflektierten Sprachgebrauchs in der Öffentlichkeit" hinzuarbeiten.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: ag.dpa)

VERGLEICHBAR, wenn auch bei weitem nicht so gravierend, sind die Helfershelfer, als welche Angela Merkels Minister kürzlich bezeichnet wurden. Vor Zeiten waren damit wohl ganz wertfrei die Mithelfer gemeint, quasi die Gehilfen der zweiten Reihe, doch schon in der "Jungfrau von Orleans" klingt der Begriff leicht verächtlich: "Nie war der Ruhm des Briten glänzender, / Als da er seinem guten Schwert allein / Vertrauend ohne Helfershelfer focht." Leserin K. erinnert daran, dass nach heutigem Verständnis ein Helfershelfer der ist, der verwerfliche Taten unterstützt, und das sind Merkels Regierungsbemühungen ja zunächst einmal nicht.

© 21./22.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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