Sprachlabor (29):Einen Tatort fernsehen

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über die Frage, was ein Komponist musiziert, stolze Schiffe und Gaunerpärchen.

Hermann Unterstöger

BEI MARTIN OPITZ heißt es einmal: "Kompt last vns außspatzieren / Zu hören durch den Wald / Die Vögel musiciren / Das Berg vnd Thal erschallt." Wenn nun jemand wissen wollte, was denn die Vögel da musizieren, würde die Antwort wahrscheinlich lauten: Nichts Bestimmtes, sie musizieren halt so vor sich hin. Frage und Antwort lassen den Schluss zu, dass musizieren ein Akkusativ-Objekt haben kann, aber besser nicht haben sollte.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: dpa)

Als unser Musikkritiker unlängst wieder mal außspatzierte, hörte er Daniel Barenboim "zusammen mit dem jungen West Eastern Divan Orchestra Beethovens einzige Oper" musizieren. Unserem Leser Dr. R. kommt das so kurios vor, als sagte er von sich, er fernsähe einen Tatort oder er frühstückte ein Ei. In diesem Sinn wollen wir den "Fidelio" künftig aufführen und dabei so schön wie möglich musizieren.

HAMBURGER haben einen feinen Sinn für Schiffe, und so verwundert es nicht, dass unser dortiger Leser B. den Text über die entführte "Hansa Stavanger" mit Interesse studiert hat. Während er aber dessen Titel "Ein mitgenommenes Schiff" als schönes Wortspiel lobte, geriet er über den im Untertitel einherschwimmenden "stolzen" Frachter beinahe in Rage.

Einem Schiff seien Affekte wie Stolz oder Demut naturgemäß fremd, das "stolze Schiff" höre sich an wie das "altehrwürdige Gemäuer", also antiquiert. Linguisten sprechen bei solchen Gebilden von Kollokation, von einem erwartbaren Miteinander zweier oder mehrerer Wörter aufgrund von konzeptueller Stereotypie.

Wenn man vor so viel Begrifflichkeit auch den Hut ziehen muss, sollte man den tragischen Unfall, die harsche Kritik, die kontroverse Debatte und den eingefleischten Junggesellen zusammen mit dem stolzen Frachter dennoch fürs erste im - na? richtig! - sicheren Hafen lassen.

ZWEI GAUNER wie die Bombenleger von Mallorca als "Pärchen" zu bezeichnen, das will Leser E. überhaupt nicht gefallen: Zu deutlich sieht er bei diesem Wort Geschwister oder Liebesleute vor sich. Dazu zwei kurze Anmerkungen.

Zum einen kann man den Begriff "Pärchen" sehr wohl in einem pejorativen Sinn verwenden, etwa so, wie wenn man "ein feiner Herr" sagt, obwohl man einen fiesen Strolch im Auge hat. Zum anderen war in unserem Text von einem sehr realen Pärchen die Rede, einer Frau und einem Mann, die dadurch auffielen, dass sie auf Mallorca Baskisch sprachen. So oder so: ein sauberes Pärchen!

© SZ vom 29.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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