Sprachlabor (276):Besitz und Eigentum

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"Mann und Frau am Fenster", Aquarell, 1923. Das Bild ist eines von 25 Werken aus dem spektakulären Münchner Kunstfund. (Foto: Staatsanwaltschaft Augsburg/dpa)

Manchmal müssen Leser einen an Selbstverständliches erinnern. Zum Beispiel an die Tatsache, dass "Besitz" und "Eigentum" zwei unterschiedliche Dinge sind.

Von Hermann Unterstöger

WENN FAFNER in Wagners "Siegfried" geweckt wird, singt er: "Ich lieg' und besitz'." Das ist als Lebensauskunft schon seltsam genug, sagt darüber hinaus aber auch etwas aus über den Unterschied zwischen Besitz und Eigentum. In der Alltagsrede wird das oft munter vermischt, so auch bei uns, als die Gurlitt'schen Bilder auftauchten und der Sammler mal als Besitzer bezeichnet wurde, mal als Eigentümer. Unabhängig davon, wie sich das bei Gurlitt verhält, kann man an Fafners Beispiel ablesen, was es mit den zwei Begriffen auf sich hat. Fafner ist zwar im Besitz des Nibelungenhorts, Eigentümer ist er aber nicht, weil er die Preziosen nach allem, was wir wissen, nicht gutgläubig erworben hat (§ 935 BGB). Leser W. hat uns an all das erinnert. Hinzugefügt seien die beiden Fragen "Wer hat die Sache?" und "Wem gehört sie?", die unmittelbar und sicher zu Besitz und Eigentum führen.

(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

MAG DER BRUNNEN der Vergangenheit gleich tief sein, so herrscht darin doch Ordnung. Der Satz "Schon vorher schienen es viele geahnt zu haben" macht zunächst einen guten Eindruck, doch bei näherem Hinsehen offenbart er einen Webfehler. Leser R. zufolge muss es "schienen zu ahnen" oder besser "scheinen geahnt zu haben" heißen, besser deswegen, "weil es dem Verfasser ja immer noch scheint und er aus dieser Lage urteilt".

ULKIG findet Leserin D. die "ins Privatleben lappenden Ermittlungen". Es ist der Neuen Frankfurter Schule zu danken, dass dem Verb lappen der Sinn hinüberführen, -reichen, -schwappen zugewachsen ist. Selbstverständlich wurde das mit gehöriger Ironie gehandhabt, etwa wenn der Wirt einem Zecher attestierte, dass dessen Suada wieder voll ins Philosophische gelappt sei, worauf dieser antwortete, dass heute aber auch das Bier ganz exzellent gewesen sei. Vor allem bei Journalisten ist die Masche gut angekommen, und seither liest man immer wieder, dass etwas ins Aktuelle, Grundsätzliche, Ungefähre, Reaktionäre oder gar Unheimliche lappe.

© SZ vom 15.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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