Sprachlabor (27):Die Kanzlerin bleibt

Lesezeit: 2 min

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über den Unterschied von "dass" und "damit" und die Befreiung der Hansa Stavanger.

Hermann Unterstöger

Bei einem Zitat, und mag ihn dessen Formulierung noch so stören, hat der Berichterstatter sein Sprachgefühl zu zügeln. Wenn also, wie unlängst geschehen, Horst Seehofer zu Angela Merkel sagt, die CSU werde alles tun, "damit du Kanzlerin bleibst", hat er das eins zu eins zu referieren - ist ja möglicherweise ein Bröselchen Zeitgeschichte.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: dpa)

Setzt er dieses Zitat aber in die indirekte Rede, wächst ihm die Freiheit zu, das Wort des Vorsitzenden zurechtzukneten. Bei uns wurde der Passus so wiedergegeben: "Die CSU werde alles tun, damit sie Kanzlerin bleibe." Dass mit "sie" Frau Merkel gemeint ist und nicht die CSU: geschenkt. Unser Leser B. stößt sich an etwas ganz anderem. Seiner Ansicht nach müsste die CSU "alles dazu tun, dass sie Kanzlerin bleibt", und wenn man dem nachhorcht, scheint es tatsächlich nicht gehupft wie gesprungen zu sein.

Der Unterschied ist nicht ganz leicht zu fassen, weswegen wir das Folgende auch nur als "Spurensuche" anzubieten gedenken. Die Variante "alles tun, damit" lässt die Deutung zu, dass die CSU im Interesse der Merkelschen Kanzlerschaft zu allem Möglichen bereit ist, also außer zu Loyalität auch zum Beten, Wurstschnappen oder Kanonsingen. Bei der Variante "alles dazu tun, dass" beschreibt der Nebensatz hingegen weniger das Streben der CSU als vielmehr dessen Ergebnis.

Haarspalterei? Schon möglich. Ein konspirativer Mitarbeiter dieser Kolumne hat aber gerade in Javier Marias' Roman "Alle Seelen" folgenden Satz gefunden: "Schon seit mehr als einem Jahrhundert erzieht man sie (gemeint ist: die Kinder) nicht mehr, damit sie sich in Erwachsene verwandeln." Für ihn unterliegt es keinem Zweifel, dass es "nicht mehr dazu, dass" heißen muss, und das hat er auch dem Verlag so geschrieben.

Als die Mannschaft der Hansa Stavanger freikam, übernahm die SZ eine Diagnose der dpa, die diese wiederum vom Kapitän übernommen hatte: Es gehe den Leuten "den Umständen entsprechend gut".

Unser Leser J. findet diese Formulierung gedankenlos, weil die Umstände doch kein Wohlbefinden bewirkt hatten, schon gar kein "entsprechendes". Man hätte den Menschen allenfalls attestieren können, es gehe ihnen "in Anbetracht dessen, was sie durchzustehen hatten, noch entsprechend gut".

Eine vergleichbare Unzulänglichkeit entdeckte Leser P. in dem Bericht über den Eta-Anschlag auf Mallorca. Dabei kamen, wie es bei uns hieß, "zwei Polizisten ums Leben, es wurde niemand verletzt". Das hört sich zugegebenermaßen komisch an; die "satirische Betrachtung", die Herr P. dazu anregt, verschieben wir trotzdem auf ein andermal.

© SZ vom 14.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: