Sprachlabor (26):Stallknecht, auf geht's!

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über Adverbien und darüber, warum die Redewendung "Die Spreu vom Weizen trennen" bedrohlich klingt.

Hermann Unterstöger

Aus Anlass der Porsche-Querelen war in einem Kommentar von "Wiedekings zweifellosen Stärken" die Rede - für unseren Leser Dr. Sch. eine zweifelsfreie Schwäche im Umgang mit Adverbien. In der Tat hält es die Grammatik für "nicht korrekt", Adverbien attributiv zu verwenden, und stützt das auch mit Beispielen wie "der aufe Laden" oder "der nicht lang genuge Rock".

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: dpa)

Als Ausnahme von dieser Regel gelten die mit -weise gebildeten Adverbien, weswegen man, ohne Anstoß zu erregen, von der "probeweisen Einführung" oder dem "schrittweisen Verzicht" reden und schreiben kann. Die von Dr. Sch. ebenfalls gerügte "unsägliche Bemerkung" (seiner Ansicht nach müsste es "unsäglich dumme Bemerkung" heißen) scheint indessen okay zu sein, jedenfalls führt der Duden "unsäglich" als Adjektiv, und schon im Grimm finden sich adjektivische Beispiele ohne Ende, darunter so ehrwürdige wie "der unsägelîche got".

Apropos okay: Gelegentlich kann man Ausdrücke wie "ein ganz okayer Typ" hören, doch ist das umgangssprachlich und keine etabliert genuge Konstruktion, um in der Schriftsprache verwendet zu werden.

"Doch wie der Wind hinträget die Spreu durch heilige Tennen, / Unter der Worfeler Schwung, wann die gelbgelockte Demeter / Sondert die Frucht und die Spreu im Hauch andrängender Winde..." So heißt es in der "Ilias", und es ist leider nicht auszuschließen, dass jüngere Leute mit dem Worfeln nichts mehr anzufangen wissen.

Beim Worfeln wurde das bereits gedroschene Korn in den Wind geworfen, mit dem Effekt, dass die schweren Körner zu Boden fielen, wohingegen das leichtere Zeug, also die Grannen und Spelzen, verweht wurde. Das war die Spreu, die man aus der bedrohlichen Redewendung "Die Spreu vom Weizen trennen" kennt, bedrohlich deswegen, weil der Evangelist damit die Sünder meint, die ins ewige Feuer geworfen werden.

Unsere Anzeigenabteilung ist ein junges Team, und so kam es denn dort zu der werbenden Aussage, dass der Stellenmarkt der SZ "100 % Weizen" und "0 % Streu" biete. Die Streu ist aber das, was man Stalltieren als Unterlage einstreut: Stroh, Laub und so was. Unser Leser S. äußert angesichts der Verwechslung den Wunsch, "dass Ihre besten Pferde im Stall der Anzeigentexter stets frische ,Streu unter ihren Hufen haben, damit sie wenigstens artgerecht gehalten werden." So sei es. Stallknecht, auf geht's!

© SZ vom 08.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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