Sprachlabor (25):Einspruch, Euer Ehren!

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über zwei Begriffe aus dem Fußball - "köpfen" und "Ausbüxer". Und den glaubwürdigsten Mann Amerikas.

Hermann Unterstöger

Beim Fussball gibt es Regeln wie die, dass die weißen Begrenzungslinien höchstens zwölf Zentimeter breit sein dürfen und dass der Ball kugelförmig zu sein hat. Nach einer anderen Regel darf besagter Ball mit dem ganzen Körper gespielt werden, außer mit Armen und Händen, also auch mit dem Kopf und möglicherweise sogar mit dem Hintern.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: dpa)

Leser A. nimmt es unserem Sportteil ausgesprochen übel, dass er, als Teil eines im süddeutschen Sprachraum beheimateten Blattes, das Spiel mit dem Kopf köpfen statt köpfeln nennt. Der Duden führt köpfen auch in dem Sinn, doch sollte man in dieser Angelegenheit eher Herrn A. folgen als dem Duden, erstens wegen des süddeutsch lockeren Flairs von köpfeln, zweitens weil das eigentliche Köpfen schon beim Frühstücksei, um an anderes erst gar nicht zu denken, etwas ungemein Rohes hat.

In eine ähnliche Kerbe schlug Leser T., als er den Kollegen vom Sport den im Zusammenhang mit dem Fußballer Lúcio verwendeten Ausdruck "Ausbüxer" vorhielt. Wenn sie, schrieb er, "schon des südlich geprägten Hochdeutschen nicht mächtig sind", sollten sie wenigstens das allgemeine Hochdeutsche beherrschen und auf den dort nicht existenten Ausbüxer verzichten. In amerikanischen Filmen ist an solchen Stellen das "Einspruch, Euer Ehren!" fällig. So auch in der Ausbüxer-Sache, und das mit zwei Argumenten.

Erstens heißt unser Blatt zwar Süddeutsche, hat aber auch norddeutsche Journalisten, sehr gute übrigens, in ihren Diensten, und dass denen der Schnabel anders gewachsen ist als den hiesigen, nehmen wir als Bereicherung. Was das Wort selbst angeht, so gibt es das auch im Süden durchaus geläufige Verb ausbüxen. Auf dessen Basis lässt sich nach den Regeln der deverbativen Ableitung der Ausbüxer konstruieren. Ein seltenes Wort, gewiss, aber war nicht auch Robert Gernhardts Weinreinbringer zunächst extrem selten? Trotzdem ist er ins Schatzhaus der ewigen Lyrik eingegangen.

Ankermann, lass die Wacht! Der kürzlich verstorbene Walter Cronkite war wohl der Anchorman schlechthin; er galt als "the most trusted man in America", was bei uns einmal mit "meistvertrauter Mann" wiedergegeben wurde. Wenn unser kleines Anglinum nicht trügt, ist der "most trusted man" aber so etwas wie der "glaubwürdigste Mann". Den Mann hingegen, mit dem man auf dem zu Recht geschätzten vertrauten Fuße steht, würde man wohl eher mit einem Attribut wie "close" behängen, wouldn't we?

© SZ vom 01.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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