Sprachlabor (23):Der Relativsatz

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über den Relativsatz, der eigentlich relativ einfach ist. Könnte man meinen.

Hermann Unterstöger

RELATIV EINFACH, so ein Relativsatz, möchte man annehmen: ,,Hans, der gern isst, holt sich einen Nachschlag.'' Wie schnell man dabei jedoch baden gehen kann, lehrt schon die Grammatik mit Mustern wie diesem: ,,Vermiete schöne Wohnung an größere Familie, die frisch gestrichen ist.'' Dabei wäre es ein Kinderspiel, das Angebot vernünftig zu formulieren: "Schöne Wohnung, die noch dazu frisch gestrichen ist, an größere Familie zu vermieten."

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: dpa)

Leser E., der unser Blatt seit Jahren sowohl mit Sympathie als auch mit dem Rotstift begleitet, hat einmal ein paar exemplarische Unfälle zusammengetragen - exemplarisch darum, weil es ihren Autoren nie gelingt, sie konsequent zu konstruieren, um nicht zu sagen: durchzuziehen. Freundlicherweise fügte E. auch Pannen aus der Literatur hinzu, wie um uns zu zeigen, dass auch die Großen manchmal stolpern. Bei Amos Oz (oder dessen Übersetzer) fand er folgende Konstruktion: "...widmete seine ganze Aufmerksamkeit großen Pappordnern, die er einzeln aus einem großen Regal zog, dann in ihnen blätterte und sie wieder zurückstellte." Eine Quälerei, ohne Frage, denn eigentlich müsste es ungefähr so laufen: Pappordnern, die er zog, in denen er blätterte und die er zurückstellte.

Hier nun ein Beispiel aus der SZ-Produktion, aus einem Text über Robinson Crusoe. Dieser trifft, wie man weiß, auf Kannibalen, ,,die er tötet und sich anschließend mit deren Mittagessen anfreundet - seinem späteren Freund Freitag''. Und wieder ist der Schmerz groß, bei den Kannibalen sowieso, aber auch beim Leser, der das mit dem Mittagessen erst wieder mühsam auf die Reihe bringen muss: die er tötet und mit deren Mittagessen er sich anfreundet.

Ein Sonderfall ist der folgende Satz: "Ochsenknecht ist einer der wenigen Schauspieler, der von seiner Ehefrau behaupten kann, dass sie auch handwerklichen Tätigkeiten wie Fliesenarbeiten nicht aus dem Weg gehe." Herr E. plädiert für einer der wenigen, die behaupten können, doch muss man höllisch aufpassen, dass die Chose nicht an Ochsenknechts Frau Natascha hängenbleibt. Man schreibt also besser: einer der wenigen, die von ihren Ehefrauen behaupten können, und zwar unabhängig davon, ob man von deren Talenten beim Fliesenlegen Gesichertes weiß.

© SZ vom 18.07.2009/ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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