Hamburg:Merkel: Hilfe für Gewaltopfer nach G20-Krawallen

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Hamburg (dpa) - Nach den mehrtägigen Krawallen rund um den G20-Gipfel in Hamburg hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Opfern schnellstmögliche Hilfe und Entschädigung zugesagt. Zum Abschluss des Treffens der Staats- und Regierungschefs zeigte sie sich am Samstag empört über die Ausschreitungen von Linksradikalen: "Die entfesselte Gewalt und ungehemmte Brutalität, auf die die Polizei in diesen Tagen des G20-Gipfels immer wieder getroffen ist, verurteile ich auf das Schärfste." Zugleich verteidigte Merkel ihre Entscheidung, das Spitzentreffen der großen Wirtschaftsmächte in Hamburg auszurichten.

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Hamburg (dpa) - Nach den mehrtägigen Krawallen rund um den G20-Gipfel in Hamburg hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Opfern schnellstmögliche Hilfe und Entschädigung zugesagt. Zum Abschluss des Treffens der Staats- und Regierungschefs zeigte sie sich am Samstag empört über die Ausschreitungen von Linksradikalen: Die entfesselte Gewalt und ungehemmte Brutalität, auf die die Polizei in diesen Tagen des G20-Gipfels immer wieder getroffen ist, verurteile ich auf das Schärfste. Zugleich verteidigte Merkel ihre Entscheidung, das Spitzentreffen der großen Wirtschaftsmächte in Hamburg auszurichten.

Am letzten Gipfeltag beteiligten sich an der von der Linkspartei ausgerichteten und weitgehend friedlichen Kundgebung „Grenzenlose Solidarität statt G20“ nach Polizeiangaben 50 000 Demonstranten, laut Veranstalter sogar 76 000. Allerdings sei es teilweise zu Auseinandersetzungen mit etwa 120 Vermummten gekommen, schrieb die Polizei. Zu der von einem bürgerlichen Bündnis getragenen Kundgebung „Hamburg zeigt Haltung“ kamen laut Polizei 6000 Demonstranten, die Veranstalter sprachen von 10 000. Hier blieb es vollkommen friedlich.

Merkel sagte, sie habe mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) abgesprochen, „dass wir prüfen werden, wie wir gemeinsam mit der Hansestadt Hamburg Opfern von Gewalt bei der Beseitigung der entstandenen Schäden helfen können“. Die Gespräche über eine möglichst unbürokratische Hilfe des Bundes mit dem Land Hamburg sollten sehr schnell beginnen. Zum Vorwurf, der Staat habe versagt, sagte Merkel, der Einsatz der Polizei sei sehr sorgfältig geplant worden. Ein G20-Gipfel müsse schon wegen der notwendigen Hotelkapazitäten in einer Großstadt ausgerichtet werden.

Im Anschluss an ihre G20-Abschlusspressekonferenz dankte Merkel gemeinsam mit Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Polizisten und Hilfsdiensten im Namen aller Gipfelteilnehmer. Bei den Krawallen von Donnerstagabend bis Samstagnachmittag waren 213 Polizisten verletzt worden. Die Zahl der verletzten Demonstranten stand noch nicht fest. Scholz äußerte die Hoffnung, „dass die Gewalttäter, die wir gefasst haben (...) - mit sehr hohen Strafen rechnen müssen“.

SPD-Chef Martin Schulz bezeichnete die Entschädigung der Opfer als „nationale Aufgabe“. Die Bilder aus Hamburg seien „erschütternd“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. „Das ist sinnlose, widerwärtige Gewalt“ - und zwar nicht nur von Chaoten aus Deutschland, sondern auch von organisierten Gewalttätern aus ganz Europa. „Wir haben es hier mit Mordbrennern zu tun - mit Gewalttätern, die Mordversuche vorbereiteten und brandschatzend durch die Straßen zogen.“ Sie müssten mit der ganzen Härte des Rechtsstaats bestraft werden.

Die militanten Demonstranten haben sich nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eineinhalb Jahre auf die Krawalle vorbereitet. „Die Sicherheitsbehörden wussten das“, sagte er in Dresden. „Sie wollten deshalb auch, dass keine Camps dort entstehen.“ In diesen Camps - die die Gerichte zum Teil erlaubt hätten - sei „die strategische Vorbereitung zu den Gewalttaten entstanden“. Besonders an den Krawallen in der Nacht zu Samstag seien „sehr viele Chaoten auch aus dem europäischen Ausland“ beteiligt gewesen. De Maizière betonte: „Jeder Demonstrant, der Autonome und Gewalttäter schützt oder deckt, macht sich mitschuldig.“

In der Nacht zum Samstag waren im linksalternativen Hamburger Schanzenviertel die Proteste eskaliert: Zunächst konnten Autonome des Schwarzen Blocks mehrere Stunden lang in der Straße Schulterblatt ungehindert randalieren. Danach ging die Polizei mit einem massiven Aufgebot und Spezialkräften gegen mehrere hundert Krawallmacher vor. Mit gepanzerten Fahrzeugen wurden brennende Barrikaden weggeschoben. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein.

Das linke Zentrum „Rote Flora“ im Schanzenviertel distanzierte sich am Samstag von den Gewaltausbrüchen. „Wir sagen immer, dass die bewusste Regelübertretung Teil autonomer Politik sein muss“, sagte Sprecher Andreas Blechschmidt. „Aber wir sagen auch: Es gibt Kriterien dafür und auch rote Linien. Die Art und Weise, wie letzte Nacht hier agiert worden ist, hat aus unserer Sicht diese rote Linie überschritten.“ Der andere Sprecher Andreas Beuth sprach von „sinnfreier Gewalt“. Beide Sprecher der Roten Flora machten jedoch vorrangig die Polizei für die Gewalt verantwortlich.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) verteidigte das Vorgehen der Polizei. Die Beamten hätten nicht sofort in das Schanzenviertel vorrücken können. Dort hätten sich etwa 1500 militante Gewalttäter versammelt. Die Polizei sei mit Stahlkugeln beschossen worden und habe befürchtet, in einen Hinterhalt zu geraten. Die Linksautonomen hätten einen fast militärischen Eindruck vermittelt. Grote sprach von einer neuen Qualität der Gewalt.

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