Wandern zu Bergkapellen:Göttliches am Gipfel

Wer vom Berg blickt, fühlt sich angesichts der Natur ganz klein - manche sagen Schöpfung: Noch auf dem kleinsten Gipfel kann Platz sein für ein Gotteshäuschen. Sieben besonders schöne Exemplare samt Wegbeschreibung.

Wendelsteinkircherl, Brannenburg

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(Foto: imago/imagebroker)

Strenggenommen ist das Wendelsteinkircherl gar keine Kapelle, kann dafür aber mit einem Superlativ aufwarten: 1890 geweiht, ist es auf 1700 Metern die höchstgelegene Kirche Deutschlands. Etwa von Mai bis Oktober finden jeden Sonntag um 11 Uhr Bergmessen statt und im selben Zeitraum kann im Wendelsteinkircherl sogar geheiratet werden - gleich nach der standesamtlichen Trauung im Wendelsteinhaus. Eine echte Kapelle hat der Wendelstein aber auch zu bieten: Die kleine Wendelinkapelle steht direkt neben dem Gipfelkreuz auf 1838 Meter Höhe. Anno 1718 gingen dem Sixtenbauer Georg Klarer aus Bayrischzell zwei Pferde auf den Almweiden am Wendelstein verloren. Er schwor, eine Kapelle auf dem Gipfel zu errichten, wenn er sie nur wiederbekäme - und wurde offenbar fündig. Wie kommt man hin? Am einfachsten natürlich mit der Seilbahn. Per Gondel geht es in sieben Minuten von der Talstation in Bayrischzell-Osterhofen hinauf. Etwa 25 Minuten braucht die Zahnradbahn von Brannenburg bis zur Bergstation. Wege und Routen auf den Wendelstein sowie ab den Bergstationen finden Sie hier.

Wallbergkirche, Rottach-Egern

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(Foto: dpa)

Ein holzverkleidetes Kirchlein vor Bergpanorama - die Heilig-Kreuz-Kirche auf dem Wallberg ist ein in jeder Hinsicht postkartentaugliches Fotomotiv. Die Erbauer hatten allerdings nicht nur die schöne Aussicht im Sinn, sondern auch ganz praktische Erwägungen, als sie Anfang des 20. Jahrhunderts nach dem Vorbild der Wendelsteinkirche ein Gotteshaus auf dem 1722 Meter hohen Hausberg des Tegernseer Tals planten. Die Kirche sollte den Sennen und Hirten auf den umliegenden Almen in den Sommermonaten die Möglichkeit bieten, eine heilige Messe zu besuchen. Falls es auf der Alm doch "a Sünd" gibt. 1907 wurde der Grundstein gelegt, 1909 war die Kirche fertig. Von Juni bis September wird dort jeden Sonntag um 11.30 Uhr Gottesdienst gefeiert. Wie kommt man hin? Entweder in zehn Minuten mit der Wallbergbahn oder in zweieinhalb Stunden zu Fuß auf einem einfachen Weg vom Parkplatz der Talstation aus. Von der Kirche aus sind es noch einmal knapp hundert Höhenmeter bis zum Wallberggipfel.

Riedersteinkapelle, Tegernsee

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(Foto: Amrei-Marie via Wiki Commons; CC BY 3.0)

Zwar ist die Gasthaus-Terrasse unterhalb der senkrechten Riederstein-Felswand an Sonnentagen auch ein schönes Plätzchen. Aber die 150 Höhenmeter mehr gehen schon noch - und lohnen sich. Denn die Kapelle thront auf einem felsigen Sporn hoch über dem Tegernsee. Das Kirchlein nimmt fast den gesamten Platz auf dem kleinen Felsplateau ein, für die Wanderer gibt es eine Bank an der Außenmauer und von dort aus einen weiten Blick auf Tegernsee und Voralpenberge. Seit 1841 steht eine Kapelle auf dem 1207 Meter hohen Riederstein, ihre heutige Form bekam sie in den Jahren 1863/64. Hinauf geht es auf einem Kreuzweg mit mehr als 500 Stufen. Sie führen nicht nur an 14 Votivtafeln vorbei, sondern auch an einer Grotte mit gruseliger Geschichte: Dort fanden sich 1897 die Knochen eines Jahrzehnte zuvor spurlos verschwundenen Wilderers. Wie kommt man hin? Von Tegernsee aus (nicht nur mit dem Auto, sondern auch gut mit der Bayerischen Oberlandbahn erreichbar) geht es auf ausgeschildertem Weg zunächst zum Berggasthof am Galaun und dann über sehr viele Stufen hinauf zur Kapelle. Wer dort noch nicht genug hat, wandert weiter zur 1449 Meter hohen Baumgartenschneid.

Steinlingkapelle auf der Kampenwand, Aschau im Chiemgau

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(Foto: imago/imagebroker)

Hinter der Steinlingkapelle öffnet sich einer der schönsten Blicke auf den Chiemsee, friedlich breitet sich das Voralpenland aus, fern scheinen alle Konflikte. So wurde die Steinlingkapelle 1976 auch zu Ehren "Maria, Königin des Friedens" geweiht - und erinnert an die in den Weltkriegen Gefallenen und Vermissten der Gemeinden. Doch eigentlich folgte die kleine Kapelle erst dem Chiemgau-Kreuz auf der Kampenwand: Dort stand bereits ein Holzkreuz, doch ein Blitz zerstörte es in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs. Als der Höslwanger Schreinermeister Franz Schaffner aus der Gefangenschaft zurückkehrte, beschloss er gemeinsam mit seinem Nachbarn, dem Schmiedemeister Josef Hell: Ein neues Kreuz muss her, und zwar ein wetterfestes. Hell verarbeitete Panzerteile, Sauerstoffflaschen und anderes Alteisen. Mühsam wurden die Teile auf den 1664 Meter hohen Ostgipfel der Kampenwand geschleppt und dort Stück um Stück zusammengefügt: Nun ist es mit zwölf Metern das höchste Bergkreuz der Bayerischen Alpen. An jedem letzten Sonntag im August findet ein Gedenkgottesdienst statt - doch fehlte 25 Jahre lang ein würdiger Ort. Bis nahe der Steinlingalm die Kapelle vor einer Aussicht errichtet wurde, die bei der Andacht durchaus ablenken kann. Und die eine ideale Kulisse ist für Brautpaare, die sich hier auf 1500 Metern Höhe trauen lassen. Und danach, wenn sie wollen, im Tandem-Gleitschirmflug ins Tal fliegen. Wie kommt man hin? Die Kampenwandseilbahn in Aschau fährt Besucher in 15 Minuten bis hinauf zur Sonnenalm, von dort führt ein fast ebener Panoramaweg zur Kapelle. Wer lieber zu Fuß geht, kann mehrere Routen hinauf wählen oder oben die Kampenwand umschreiten oder aber hinaufsteigen - letzteres allerdings nur bei trockenem Wetter und alpiner Erfahrung. Die "Kampenwand" heißt übrigens so, weil sie an den Kamm eines Hahns erinnert.

Bergkirchli, Arosa

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(Foto: imago/blickwinkel)

Dieses schlichte "Kirchli" ist alt, sehr alt: Von 1490 bis 1492 erbaut ist das Gotteshäuschen das älteste Gebäude im Bündner Kurort Arosa, im oberen Bereich des Dorfes wurde sie mit Hörnli und Weisshorn als Rückendeckung errichtet. Im zehn Meter hohen Holzturm hängen noch immer die Glocken aus dem Einweihungsjahr. Abgelöst wurde das Bergkirchli erst nach über 400 Jahren, als die neue Pfarrkirche ihre Portale öffnete. Heute ist die renovierte Kapelle auf dem Moränenhügel auch bei Hochzeitsgesellschaften beliebt - und bei Kulturfreunden: Das Kirchli wird immer wieder mal für Konzerte aufgeschlossen. Auch Beerdigungen werden hier in dem schlichten, würdigen Rahmen abgehalten. Wie kommt man hin? Besucher müssen sich nicht anstrengen, das Bergkirchli steht entgegen seinem Namen auf einem kleinen Hügel nahe der Talstation der Sesselbahn Carmenna in Inner-Arosa. Eine einstündige Rundtour mit nur 170 Höhenmetern führt gemütlich durch die Geschichte von Arosa. Wer danach weitere leichte Touren in der Umgebung machen will, kann etwa aus so wohlklingenden wählen wie dem "Eichhörnliweg" in knapp 40 Minuten durch den Wald vom Bahnhof Arosa aus zum Plateau Maran, auf dem die namensgebenden Nager sowie Vögel Nüsse und Kerne aus der Hand fressen. Oder man schwenkt auf den "Planetenweg" ein, auf dem man das Sonnensystem abwandert: jeder Millimeter Wandern entspricht 2800 Kilometern. Wem das nicht anstrengend genug ist, findet hier schwerere Touren rund um Arosa.

St.-Kathrein-Kirche, Hafling, Südtirol

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(Foto: imago stock&people)

Zum Glück trifft nicht jeder Wurf, selbst wenn Riesen mit Felsen zielen: Der Sage nach wurde nämlich die besonders malerisch gelegene St.-Kathrein-Kirche auf dem Hochplateau bei Hafling von einem Riesen erbaut - ebenso wie die Kirche auf Lafenn bei Mölten. Allerdings hatten die zwei Riesen nur einen Hammer, den sie sich notgedrungen teilen mussten: Sie warfen ihn sich über den Tschögglberg zu, doch der Haflinger Riese vergaß dies eines Tages. Vielleicht war es auch Absicht. Voller Wut schleuderte jedenfalls sein Nachbar einen Felsblock herüber, verfehlte aber das Kirchlein. Noch heute steckt der Fels in der Wiese, Zeuge eines märchenhaften Nachbarschaftsstreits. Wer auch immer tatsächlich am Werk war, hat sich einen postkartenschönen Platz für die romanische Kirche aus dem 13. Jahrhundert ausgesucht, die im Inneren einen spätgotischen Flügelaltar beherbergt. Von hier aus hat man den wohl besten Ausblick auf die Texelgruppe und auf Meran tief unten im Tal. Wie kommt man hin? Von Hafling Dorf aus führt ein einstündiger Spaziergang zur Kirche - den man auch als Aufwärmübung für die vielen Touren im Wandergebiet Hafling, Vöran und Meran 2000 (im Winter ein Skigebiet) nutzen kann. Das Gebirgsdorf gab den blonden, trittsicheren Haflingern seinen Namen, so dass sich hier für Könner auch Ausritte anbieten - wer nicht sattelfest ist, steigt in die Kutsche.

Salvenkirchlein auf der Hohen Salve, Kitzbüheler Alpen, Tirol

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(Foto: Böhringer Friedrich/Wiki Commons; CC BY 3.0)

Das Kirchlein ist nur auf der einen Seite weiß, die andere wird mit Holzschindeln vor dem rauen Bergwetter geschützt. Bereits 1589 wurde das kleine Gotteshaus als Ableger der Brixener Kirche erwähnt, doch der Originalbau steht nicht mehr: Holzschindeln schützen nicht vor fatalem Blitzschlag - 1645 wurde die wieder errichtete Kirche erneut gesegnet. Von diesem höchsten Punkt der Hohen Salve aus haben die Besucher freie Sicht auf 72 Spitzen von 3000ern, für die sie nicht einmal den Kopf wenden müssen - sofern sie einen Platz auf der drehbaren Panoramaterrasse auf der Gipfelalm ergattern. Wer nicht nur stillsitzen und staunen will, umrundet auf dem Sonnenweg den Gipfel in einer halben Stunde, auf dem mit Sonnenuhren oder Schattenstab nebenbei die Geschichte der Zeitmessung begreifbar gemacht wird. Wie kommt man hin? Der Pilgerweg hinauf zum Salvenkirchlein muss nicht mühsam sein: Nicht im Bild ist die Seilbahn samt Bergstation (ab 18. Mai in Betrieb), die die höchste Wallfahrtskirche Österreichs auf 1829 Metern mit dem Tal - genauer Hopfgarten im Brixental - verbindet. Ansonsten kann man zum Beispiel von der Mittelstation auf die Hohe Salve steigen oder von dort zurück ins Tal wandern. An warmen Tagen bietet sich auch die Seenrunde an. Einen Überblick über Wanderungen auf der Hohen Salve und den Kitzbüheler Alpen finden Sie hier. Und für noch mehr Wander-Inspiration bitte hier entlang.

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