Urlaub in Thailand:Wie bitte geht's zum Strand?

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In Thailand sind die Vorschriften streng. Auch diese Tänzerinnen müssen Schutzmasken tragen. (Foto: Mladen Antonov/AFP)

Einfach einchecken und am Meer aussteigen - das funktioniert in Thailand nicht mehr, seit die Regierung permanent die Einreiseregeln ändert. Dafür trifft man am Flughafen erstaunlich viele Menschen mit Aktentaschen.

Von Joachim Becker

Suvarnabhumi bedeutet "goldenes Land". Doch von den glitzernden Auslagen in Bangkoks gleichnamigem Großflughafen ist nicht viel geblieben. Weite Teile der Flaniermeile sind wie vor einer Flutkatastrophe mit Brettern vernagelt. Wo sich früher die Urlaubermassen an Markenshops vorbeigeschoben haben, ist jetzt eine Geisterstadt. Im vergangenen Jahr kamen nur noch 200 000 Touristen an, während es 2019 fast 40 Millionen waren. Reihenweise werden die Flüge gestrichen, die einst unermüdlichen Lautsprecheransagen sind im Januar einem großen Schweigen gewichen. Dabei lockt Thailand, Asiens beliebtestes Urlaubsland, in der Pandemie mit leeren Traumstränden. Auch die Corona-Fallzahlen sind wesentlich niedriger als in Europa.

Obwohl die Hauptreisesaison gerade begonnen hat, steckt Thailand, früher gern als Mallorca des Ostens bespöttelt, in einer Art Schockstarre. Im beliebten Insellabyrinth rund um Phuket dümpeln Hunderte Ausflugsboote ungenutzt im warmen Wasser. Was fehlt, sind die chinesischen Reisegruppen, deren Teilnehmer mit quietschbunten Rettungswesten und lautem Geschrei schwimmen gehen. Auch die überfüllten Full-Moon-Partys sind Geschichte. Für Naturliebhaber wird die Stille zum eigentlichen Reise-Luxus - mal abgesehen von den Zikaden, die wie kreischende Bahnbremsen klingen. Womöglich gönnt sich der Winterflüchtling eine separate Hütte direkt am Strand inklusive Schattenterrasse - natürlich nur, um die Ansteckungsgefahr zu mindern. So ähnlich muss sich Individualurlaub vor 50 Jahren angefühlt haben.

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Entscheidend ist, wohin man fliegt

Der Weg nach Thailand ist allerdings mit reichlich Bürokratie verbarrikadiert. Das mag der Grund sein, warum man bei der Einreise weniger jugendliche Aussteigertypen als noch vor drei Jahren trifft, dafür umso mehr gut organisierte Familien. Vorneweg das Clan-Oberhaupt mit einer Aktentasche oder prall gefüllten Klarsichthüllen unter dem Arm.

Mit der Aktentasche nach Thailand - in eine Urlaubsregion, die als tolerant, entspannt und serviceorientiert gilt? Noch im Herbst warb das beliebteste Reiseziel der Deutschen in Asien mit einer Lockerung der Einreiseregeln. Doch just vor Weihnachten wurde das Test & Go-Programm wieder verschärft. Bis zum 1. Februar müssen vollständig Geimpfte und Genesene sieben bis zehn Tage in Quarantäne, wenn sie nicht per Direktflug in einer der sogenannten Sandbox-Regionen landen: Neben Phuket gehören dazu auch die Regionen Krabi, Phang-Nga (Khao Lak) und Surat Thani (Koh Samui, Koh Phangan, Koh Tao). Ab Februar sollen nach einem jüngsten Regierungsbeschluss vollständig Geimpfte wieder ohne Quarantäne einreisen dürfen, allerdings mit der Pflicht, zwei PCR-Test zu machen, am ersten und am fünften Tag des Aufenthalts. Wie vor Weihnachten muss man aber wieder in einem Quarantäne-Hotel das Ergebnis des ersten Tests abwarten.

Das Ziel lohnt viele Mühen: Strand auf Koh Samui. Hier ist im Rahmen des Sandbox-Programms quarantänefreier Urlaub für geimpfte Touristen möglich. (Foto: Tolga Bozoglu/dpa)

Bis dahin ist der Ankunftsflughafen ausschlaggebend: Wer (wie in den meisten Fällen) in Bangkok landet, muss sich dort in die mindestens einwöchige Isolation in einem Hotelzimmer begeben. Ausgenommen sind nur diejenigen, die ihren Thaipass-QR-Code schon vor der Neuregelung erhalten haben. Erst nach der erfolgreichen Quarantäne mit zwei negativen PCR-Tests darf man sich im Land frei bewegen. Entsprechend gedämpft ist das Reisefieber - und die Reihen stillgelegter Flugzeuge auf dem Rollfeld von Suvarnabhumi werden immer länger.

Was vom Rundum-sorglos-Urlaubsgefühl bleibt? Zunächst einmal die Furcht, nicht am Meer, sondern in einem überteuerten Quarantäne-Hotel zu stranden. Weder der Vielflieger-Status noch eine Kreditkarte helfen gegen die Prüfungsangst beim Corona-Test nach der Ankunft: War der Sitznachbar im überfüllten Flugzeug vielleicht doch ansteckend, obwohl er vor der Abreise einen aktuellen negativen PCR-Test vorlegen musste? Die Frage stellt sich auch in den folgenden Tagen immer wieder. Thailands Testpersonal bleibt selbst in Virenschutz-Raumanzügen so zuvorkommend wie eh und je. Doch ein positiver Befund würde natürlich die restliche Urlaubsplanung über den Haufen werfen, und womöglich ginge auch ein Großteil der Reisekasse flöten.

Die Nervosität ist groß bei vielen Reisenden

Ob am Flughafen, im Dorfkrankenhaus oder im fünften Stock eines Hauptstadt-Parkhauses: Überall blickt der fiebernde Geist des vom Jetlag geplagten Gastes auf weiße Plastikstühle im kalten Neonlicht. So improvisiert viele Testcenter auch wirken: Thailands Gesundheitsbehörden legen beim Testprogramm strenge Standards an, prüfen akribisch alle Unterlagen und drohen bei Zuwiderhandlungen mit erheblichen Geldstrafen. Zudem müssen die Gäste zustimmen, dass nicht nur ihre Daten erfasst werden, sondern auch ihre Bewegungsprofile mithilfe der MorChana-App. Der Preis des Fernwehs in Corona-Zeiten ist also die vollständige Transparenz der Daten.

Internetforen zeigen, wie groß die Nervosität vieler Thailand-Reisender ist. Die Thaipass-Prozedur wirkt wie eine Art Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel, bei dem sich die Regeln ständig ändern. Reisetipps derjenigen, die schon eingereist sind, können angesichts einer neuen Rechtslage schnell obsolet sein. Probleme mit überforderten Quarantänehotels, die Buchungsbestätigungen durcheinanderbringen? Oder entnervte Berichte über Flüge, die verschoben oder annulliert wurden, ohne dass man die Fluggäste informiert hat? Kleinigkeiten - zumindest aus Sicht der Fluggesellschaft. Denn im Kleingedruckten steht ja, dass man als Fluggast ständig auf dem Laufenden bleiben muss.

Masketragen ist in der Öffentlichkeit Pflicht. (Foto: Jack Taylor/AFP)

Hürden gibt es genug auf dem Weg zur Einreise. Um den Thaipass-QR-Code zu bekommen, müssen bei Antragstellung eine ganze Reihe von Dokumenten im richtigen Datenformat hochgeladen und als Sicherheitskopie ausgedruckt werden. Das erklärt die vielen Aktentaschen-Träger auf dem Flughafen. Gefordert sind unter anderem eine genaue Dokumentation des Impfstatus für jeden Reisenden plus Reise-Krankenversicherung mit mindestens 50 000 US-Dollar Deckungshöhe, die auch eine Covid-19-Behandlung einschließt. Die Quarantänehotels müssen außerdem bestätigen, dass der PCR-Test direkt nach der Einreise vorab bezahlt wurde, die Kosten für den zweiten Test nach Ende der Quarantäne übernimmt der Staat.

Empfehlenswert sind zudem Flüge mit einem Corona-Reiserücktrittsschutz. Jede Umbuchung kostet trotzdem viel Geld, und die Hotlines der Fluggesellschaften wirken total überlastet. Angesichts des administrativen Aufwands trifft man erstaunlich viele Landsleute in Thailand. Etwa frühmorgens am Pool des Quarantänehotels. Ende Dezember war der Genuss von Alkohol während der damals noch zwölfstündigen Quarantänefrist verboten. Doch das negative PCR-Testergebnis war offensichtlich ein Grund zu feiern: Krakeelend und fiebernd vor Sonnenbrand belegten die jungen Deutschen frühmorgens sämtliche Liegen des Pools im 30. Stockwerk. Was zählte, war der Vorrat an Frühstücksbier, der Blick über Bangkok wurde zur Nebensache. Manche Dinge ändern sich eben nie - weder im echten Mallorca noch in dem des Ostens.

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