Reiserecht: Kuriose Fälle:Im höllischen Paradies

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Allein am Palmenstrand - ein Urlaubstraum. Manche ziehen dafür sogar vor Gericht. (Foto: Fokke Baarssen/IMAGO/Zoonar)

Das Essen, die Hygiene und erst die Einheimischen: Nach dem Urlaub gibt es für Reisende viel zu beklagen vor deutschen Amtsgerichten.

Glosse von Stefan Fischer

Es könnte ja so schön sein im Urlaub. Wenn es nur nicht so heiß wäre oder aber nicht so viel regnen würde. Wenn das Essen gut und das Bier nicht so teuer wäre. Die Kellner nicht so unfreundlich, der Strand nicht so überlaufen, das Hotelzimmer nicht so hintenraus. Kurz: Wenn die Gastgeber ihren Job machen würden. Wie posaunt es eine Figur in Gerhard Polts Urlauber-Satire "Man spricht deutsh" dem azurblauen Himmel unverblümt chauvinistisch entgegen: "Italien ist ganz sicher ein wunderbares Land. Nur auf die Italiener kann ich verzichten."

Ein Urlaub ist ja stets ein Triathlon: buchen, reisen, klagen. Für Hoteliers und andere touristische Dienstleister mag es eine Hauptsaison geben und eine Nebensaison und eine Zeit ganz ohne Saison. Der Urlauber aber: immer Hauptsaison. Jetzt, im Herbst, zwischen Wandern und Wellness-Wochenende, oft noch: die große Abrechnung vor dem Amtsgericht.

Da geht es dann ums Geld und ums Prinzip und natürlich ums erhebende Gefühl des Rechthabens. In Summe also darum, dass sich eine entgangene Urlaubsfreude doch noch einstellt, nachträglich, beim Blick auf die Urteilsbegründung und den anschwellenden Kontostand aufgrund einer zugemessenen Minderung des Reisepreises. Das ist für manche vielleicht sogar noch erhebender als ein Sonnenuntergang überm Meer.

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Glosse von Hans Gasser

Aber wehe, man wird schnöde abgewiesen mit seinem rechtlichen Begehren. So, wie es einem Ehepaar aus Franken ergangen ist. Da fliegt man schon extra ins Paradies, und dann ist es die Hölle. Das Essen! Die Insekten!! Die Einheimischen!!! Die Frau hat sich auf Mauritius den Magen verrenkt. Kein Wunder bei einem Buffet, das von Fliegen umschwirrt wird. Und die Einheimischen hatten nichts als Party im Sinn.

Aber was sagt das Gericht: exotische Speisen - immer schwierig. Insofern eigentlich erwartbar, dass es im Gedärm rumort. Und der Mann habe die Mahlzeiten durchaus vertragen. Somit: nur das übliche Lebensrisiko. Außerdem war im Reiseprospekt von einem offenen Restaurant die Rede. Fliegen fernhalten ist da bloß eingeschränkt möglich. Da hätten noch ganz andere Viecher aufkreuzen können. Was nun schließlich die am Strand feiernden und also lärmenden Mauritier anbelangt: Gehe es nicht bei Reisen, speziell bei einer Fernreise, gerade darum, auch Land und Leute kennenzulernen? Das Aschaffenburger Gericht sieht das so.

Dies werden die derart Abgeurteilten erst einmal verdauen müssen. Bei Schäufele und Rauchbier in einer altehrwürdigen fränkischen Wirtschaft mit dicken Butzenglasscheiben. Die beiden stehen jetzt vor der Entscheidung, ob sie es großherzig noch einmal versuchen sollen mit Mauritius. Und diesmal versuchen werden, die Reise als Fortbildung von der Steuer abzusetzen, um auf keinen Fall den vollen Preis bezahlen zu müssen. Oder aber, als wären sie die bornierten Figuren eines Polt-Sketches, den Entschluss fassen: "Da fahren wir nimmer hin."

Stefan Fischer ist kein Freund von Heldenverehrung. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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