Urlaub auf dem Bauernhof:Wo sich kein Kind langweilt

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Der Klampererhof liegt an der Venedigergruppe. (Foto: Lisa Hörterer/Tirol Werbung)

Raus aus der Stadt, wenigstens für ein paar Tage: Der Klampererhof in Osttirol ist ein Musterbeispiel dafür, wie man Familien im Urlaub glücklich machen kann.

Von Stefan Fischer

Ich habe den falschen Beruf gewählt. Besser wäre ich Landwirt geworden. Jedenfalls wenn es nach meinem Sohn geht. So explizit sagt er das zwar nicht, und er bescheidet sich auch mit imaginären Kühen, Hühnern, Katzen und Schweinen, die im Hinterhof unserer Stadtwohnung die wundersamsten Dinge vollführen. Ein Fest ist es für ihn vor allem dann - da der Vater nun mal nicht zum Bauern taugt und keinerlei Hang zur Tierhaltung verspürt -, wenn er selbst auf einem Bauernhof lebt, und sei es nur für die kurze Spanne eines verlängerten Wochenendes.

Innerhalb eines Tages verwandelt mein vierjähriger Sohn sich in einen Vollerwerbs-Landwirt. Das heißt, erst einmal geht er morgens in die Stube hinunter und frühstückt. Das unterscheidet ihn dann doch von Agnes und Alois Oppeneiger, die den Klampererhof am Ortsrand von Virgen in Osttirol biologisch als Gesundheitsbauernhof bewirtschaften. Solche "Vitalbauernhöfe", von denen es in Österreich an die 30 gibt, acht davon in Tirol, zeichnen sich durch eine besondere Verbundenheit zur Natur aus. In der Ausstattung der Zimmer dürfen nur natürliche Materialien Verwendung finden. Am Klampererhof wird zudem das Wissen um Kräuter weitergegeben. Den Gästen scheint das zu gefallen - die Bewertungen in den einschlägigen Online-Portalen sind außerordentlich gut.

Den Jungen zieht es in den Stall: Er darf das Federvieh in den Hof scheuchen

Die Oppeneigers vermieten zwei Ferienwohnungen und ein Zimmer. Wenn ihre Gäste sich langsam aus den Betten bequemen, sind Agnes und Alois Oppeneiger längst schon in Küche und Stall. Die Bäuerin deckt ein Frühstück auf, als hätten wir nicht bloß unseren Sohn, sondern seine ganze Kindergartengruppe dabei. Butter, Kräuterquark, Handkäse und Marmeladen sind selbstgemacht. Milch und Eier sind natürlich vom Hof, die Kräuter für die Teemischungen selbstgepflückt. Die Wurst kommt vom Metzger.

Ohne Kind hätte uns die Bäuerin nicht so schnell wieder heraus aus ihrer Stube. Aber der Junge möchte in den Stall. Die Hühner in den Hof zu scheuchen, ist ihm ein besonderer Spaß. Das Federvieh nimmt es mit leichter Empörung hin. Dann sammelt mein Sohn die frisch gelegten Eier ein, acht Stück liegen jeden Morgen im Stroh. Sieben schaffen es heil in sein Eimerchen. Weiter geht es auf die Wiese vor dem Hof, unterhalb von Agnes Oppeneigers Gemüse- und Kräutergarten. Löwenzahnblätter und Wiesenkräuter sammeln für Hasen und Meerschweinchen. Die Bäuerin und der Jungbauer verstehen sich prächtig, auch wenn sie einander nicht immer verstehen. Der Junge redet, wie Vierjährige eben reden. Agnes Oppeneiger spricht einen Dialekt, den man drei-, vierhundert Kilometer weiter im Norden nicht als einen deutschen erkennt.

Hier langweilt sich kein Kind: Agnes Oppeneiger hilft beim Hasenfüttern. (Foto: Stefan Fischer)

Vormittags hat Agnes Oppeneiger ihren Gästen oft noch einen weiteren Programmpunkt zu bieten: einen Seifenkurs etwa oder Buttern. Für das Herstellen von Naturseifen kann sich mein Sohn nur begrenzt begeistern. Erstens kann er dabei nicht viel helfen, da die Zutaten exakt abgemessen sein müssen und zudem zum Köcheln und damit zwangsläufig zum Spritzen gebracht werden. Zweitens erschließt sich ihm der Nutzen von Seife nicht wirklich. Aber Butter in eine Form mit Edelweiß-Abdruck zu schmieren, ist nach seinem Gusto. Zehn Halbpfund-Stücke sind es am Ende. "Die brauchen wir in einer Woche auf", sagt Agnes Oppeneiger. Und ergänzt, nach einem offenbar irritierten Blick von uns: "Braten, backen, dann das Frühstück für die Gäste." Speiseöle benutzt sie nur für ihre Naturseifen, die sie unter anderem über einen Bauernladen unten in Matrei vertreibt, den Talmarkt.

So charmant, wie einen Agnes Oppeneiger danach vom Hof komplimentiert, wird man selten fremdgesteuert. Sie und ihr Mann sind herzlich und auf eine bewundernswerte Weise unkompliziert. Ohne dass es einem auffallen würde, schaffen sie sich jedoch ihre nötige Privatsphäre. Der Bauer mit seiner Feldarbeit. Und die Bäuerin, indem sie die Gäste in die Berge schickt oder hinaus aus dem Virgental nach Matrei. Man ist hier umgeben von einigen der höchsten Berge Österreichs, voran dem Großglockner und dem Großvenediger. Beide sieht man nicht vom Virgental aus. Doch wenn man die wenigen Kilometer zum Felbertauerntunnel hinauffährt, kann man nach Innergschlöß hineinlaufen - eine Jedermannswanderung, die einem nach der Hälfte des Wegs den Blick freigibt auf die imposante Gletscherszenerie des Großvenedigers. Genauso kinderfreundlich ist der Weg vom Talschluss des Virgentals hinüber zu den spektakulären Umbalfällen. Das ist ein unschätzbarer Vorzug des Klampererhofs, vor allem für die Eltern: Tierestreicheln ist hier nicht alles.

Der Hofkater. (Foto: Stefan Fischer)

Doch auf einem Bauernhof ist man nun einmal angehängt: Im Stall wartet noch eine Menge Arbeit. Die Gummistiefel sind in diesen Tagen das wichtigste Kleidungsstück fürs Kind. Neben den Tieren machen die vielen Gerätschaften von Bauer Alois Eindruck, vor allem die für die Waldwirtschaft. Und der unter der Decke der Scheune hängende, über Schienen gleitende Kran mit Greifzangen, mit dem Alois Oppeneiger das Heu durch eine Luke hinunter in den Stall bugsiert.

Der letzte Abend sorgt für Irritation: Wo ist die Bäuerin hin?

Der Bauer schiebt den Milchkühen das Heu vor die Mäuler, während hinten mein Sohn unerschrocken den Mist beiseiteräumt. Die zwei Kälbchen bekommen jedes einen Eimer voll Milch, den sie leersaufen, wie es ein Wiesn-Besucher mit einer Maß Bier nicht hurtiger fertigbrächte. Auch die Katze hat Junge, die sie im Stall versteckt. Doch der Nachwuchs ist so neugierig, dass er seine Scheu hintenan stellt und vorsichtig Kontakt aufnimmt.

Panik kommt bei meinem Sohn nur einmal auf im Stall. Als er mitkriegt, dass die Bäuerin nicht da ist, weil sie die Kuhherde von der leer gefressenen Weide beim Hof auf eine höher gelegene bringen muss. Es ist der letzte Abend, sie hatte ihm eine Fahrt mit dem Traktor versprochen. So wichtig ihm das ist: Mit dem Bauer auf Spritztour zu gehen, dazu fehlt ihm jedoch die Courage.

Er ist dann natürlich noch zur ersehnten Traktorfahrt gekommen. Und ich überlege mir, ob ich nicht doch eines Tages auf Landwirt umsattele. Immerhin Traktorfahren kann ich ja jetzt.

Klampererhof : Familie Oppeneiger, Mitteldorf 105, 9972 Virgen, Österreich. Tel.: 0043 / 48 74 58 40, E-Mail: info@klampererhof.at, www.klampererhof.at; Zimmer oder Ferienwohnung für zwei Personen: 52 Euro / Nacht. Ferienwohnung für vier Personen: 66 Euro / Nacht, jede weitere Person (maximal acht) 10 Euro. Jeweils inkl. Bauernfrühstück.

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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