Hoteltester:"Das ist nie Urlaub"

Lesezeit: 3 Min.

Die Hotel-Kenner James und Tamara Lohan. (Foto: oh)

Aus einer Freizeitbeschäftigung wurde eine Geschäftsidee: Ein Ehepaar testet Luxus-Herbergen.

Von Björn Finke, London

In den schönsten Hotels einzukehren, klingt nach Ferien. Doch James Lohan, Gründer des Online-Hotelkatalogs "Mr & Mrs Smith", widerspricht: "Das ist nie Urlaub, selbst wenn meine Freunde das nicht glauben wollen." Der Brite und seine Frau Tamara gründeten die Firma 2003. Inzwischen führt ihre Webseite mehr als 1100 Boutique- und Luxushotels weltweit auf; mehr als 1,5 Millionen Reisefreudige sind angemeldet und können dort Bewertungen lesen und buchen. Das Ehepaar und ihr Team besuchen jedes Hotel, das gelistet werden will, sprechen mit dem Management und prüfen, ob es den Standards genügt. "Meine Frau und ich sind jeden Monat ein paar Tage unterwegs", sagt der 47-jährige Unternehmer.

Bald könnte das Ehepaar noch mehr auf Reisen sein - rein dienstlich, versteht sich -, denn Mr & Mrs Smith möchte kräftig wachsen. "Bisher nehmen wir 15 Hotels im Monat neu in unsere Sammlung auf", sagt Tamara Lohan, seine zwei Jahre jüngere Frau. Das soll auf 20 bis 25 steigen, ohne dass die Kriterien aufgeweicht werden. Das Ehepaar will zudem mehr US-Kunden für ihre Seite gewinnen und neben Hotelaufenthalten auch ungewöhnliche Stadtführungen in aller Welt anbieten. Um das zu finanzieren, sucht das Duo auf der Internetseite Crowdcube nach Investoren.

Crowdcube ist eine Online-Plattform, mit deren Hilfe Kleinanleger Geld in Firmen stecken können. Mr & Mrs Smith will mindestens eine Million Pfund eintreiben; das Londoner Unternehmen wird mit 27 Millionen Pfund bewertet, also mit 30 Millionen Euro. Bislang sind die zwei Gründer und eine Handvoll früher Investoren die einzigen Anteilseigner - bald könnte die Firma mit 120 Beschäftigten über viele Teilhaber verfügen.

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James Lohan arbeitete einst als DJ, dann betrieb er Nachtklubs. Seine Frau verdiente ihr Geld in der Marketingbranche. Als sie ein Paar, aber noch nicht verheiratet waren, wollten sie an Wochenenden gerne aus London raus und es sich in hübschen Hotels auf dem Lande gut gehen lassen. Doch sie stellten fest, dass viele Unterkünfte nicht hielten, was sie - oder Reiseführer - versprachen. Das Duo beschloss, einen eigenen Führer für Boutique-Hotels zu verfassen. Weil Verlage die Idee verlachten, gaben die beiden den Schmöker 2003 selbst heraus. Es war ein Riesenerfolg. Der Titel "Mr & Mrs Smith" spielt darauf an, dass sich diskrete Liebespaare bei Ausflügen aufs Land gerne als Herr und Frau Schmidt im Hotel anmelden.

Verdeckte Prüfer erscheinen ohne Ankündigung in den Hotels

Auf den Siegeszug des Internet reagierte das Paar damit, dass es ihre Hotelsammlung ins Web stellte - mit der Möglichkeit, direkt zu buchen. Der Großteil des Jahresumsatzes von umgerechnet zwölf Millionen Euro stammt jetzt von Provisionen der aufgeführten Hotels. Daneben können Kunden anstatt der kostenlosen eine kostenpflichtige Mitgliedschaft wählen. Dann gibt es in den Hotels Upgrades, und die Reisenden können bei Mr & Mrs Smith anrufen und sich von einem Concierge Theatertickets und Tische in Restaurants reservieren lassen. Die Helfer besorgten alles, "solange es legal ist", sagt James Lohan.

In dem Webkatalog gepriesen zu werden, kann Hotels viele Gäste bringen. Daher ständen die Hoteliers Schlange, um geprüft zu werden, sagt James Lohan. Nach einem Besuch durch die Gründer oder Angestellte schickt die Firma jemanden ohne Ankündigung in die Hotels - als verdeckten Tester. Der schreibt Bewertungen für die Webseite. Auch Kunden können ihre Erfahrungen schildern. Am Anfang habe er nur jedes vierte angeschaute Hotel in die Sammlung aufgenommen, sagt James Lohan. Inzwischen sei die Quote viel besser, da das Team jetzt ziemlich genau einschätzen könne, ob eine Unterkunft eine Chance hat und sich die Visite lohnt.

Um auf die Liste zu kommen, muss ein Hotel neben den üblichen Annehmlichkeiten einer Luxusherberge einen besonderen Stil haben, muss gemütlich und toll gelegen sein. Für Hotels von Ketten oder riesige Zimmerburgen ist da kein Platz.

Mit ihrer jahrelangen Erfahrung als Tester könnten James und Tamara Lohan sicher selbst ein Hotel leiten. Doch Tamara Lohan sagt, sie habe durch die Arbeit gemerkt, wie unglaublich hart es sei, ein richtig gutes Hotel zu führen: "Wir bleiben lieber Zuschauer."

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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