Handys an Bord:Heiße Luft über den Wolken

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Erste Fluglinien machen Handy- und Internetnutzung an Bord möglich. Die Passagiere allerdings zögern. Aus gutem Grund.

Andreas Spaeth

Oman Air aus dem Mittleren Osten, die neben kleinerem Fluggerät gerade mal über vier Langstreckenjets des Typs Airbus A330 verfügt, ist seit kurzem Pionier in der weltweiten Luftfahrt: Anfang März startete der erste Flug, auf dem Passagiere das eigene Handy für Gespräche und SMS nutzen und mit ihrem Laptop per drahtlosem Breitbandzugang im Internet surfen konnten. Bisher boten Fluglinien entweder das eine oder das andere an. "Derzeit sind zwei Maschinen damit ausgerüstet, bis Juni alle vier", sagt Firmenchef Peter Hill. Zunächst ist das Angebot nur auf Strecken von der omanischen Hauptstadt Maskat nach Europa, darunter Frankfurt und München, verfügbar. "Für die Asien-Routen fehlt noch die nötige Satelliten-Abdeckung", sagt Hill.

Grenzenloses Gequassel an Bord will nicht jede Fluggesellschaft und nicht jeder Gast ertragen. (Foto: Foto: AP)

Das ist die Krux. Während es etwa über dem Gebiet der kontinentalen USA schon länger möglich ist, bei vielen Airlines von Bord aus zu telefonieren, wenn auch nicht per Handy, oder sogar drahtloses Internet zu nutzen, so wird dies nur durch Antennen am Boden möglich, nicht via Satellit. Für die globale Bordkommunikation hingegen reicht die Satellitenabdeckung bisher nicht überall aus. Die bei vielen Fluggesellschaften schon länger vorhandenen Satellitentelefone in den Kabinen werden kaum genutzt, da sie mit rund zehn US-Dollar Gebühr pro Minute horrend teuer sind. Und bei Handys oder anderen Handhelds war die Regelung bisher streng: Tür zu, Gerät aus. Sonst, so hämmerten Airlines ihren Gästen ein, könne der Flieger in Gefahr geraten.

Inzwischen ist diese Vorsichtsmaßnahme überholt. Früher bestand die Gefahr darin, dass Handys auf der Suche nach einer Verbindung so starke Strahlung aussandten, dass die Navigation gestört werden konnte. Oder dass sie, wie vor einigen Jahren im Turboprop-Flugzeug Dash 8-Q400, immer wieder falschen Feueralarm auslöste. Heute dagegen sind immer mehr Flugzeuge mit einem Bord-Netzwerk ausgestattet, das Handys schon mit geringer Sendeleistung nutzen können, ebenso Laptops oder Handheld-Geräte über WLAN. Internet an Bord gab es bereits zwischen 2003 und 2006 durch die Dienste der Boeing-Tochterfirma Connexion, die jedoch ihr Angebot einstellte, als sich zeigte, dass sich damit kein Geld verdienen ließ. Seither ist das Thema erst langsam wieder in Gang gekommen und das Geschäftsmodell bisher nicht wirklich plausibel. Außer Oman Air bietet heute noch keine Gesellschaft Handynutzung plus Breitband-Internet.

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Emirates dagegen bietet in mehr als 70 Flugzeugen bereits Handynutzung an, rund zwei Millionen Passagiere haben davon schon Gebrauch gemacht, Internet-Zugang dagegen ermöglicht die Gesellschaft aus Dubai nicht. "Die Herausforderung ist es, mit Kommunikation in der Kabine Geld zu verdienen", räumt Patrick Brannelly ein, der bei Emirates zuständige Vorstand. Bei Internet-Angeboten läge die Nutzungsrate branchenweit gerade mal bei drei bis fünf Prozent aller Passagiere. Das aber dürfe die Airlines nicht davon abhalten, derartige Angebote einzuführen. "Das wird in den kommenden Jahren zu einem Muss an Bord werden", sagt Brannelly. Bei nötigen Investitionen von bis zu 250.000 US-Dollar pro Flugzeug ist das eine Herausforderung für die Airlines.

Zwar teilen sie sich die Einnahmen mit ihren Telefon-Partnern wie Aeromobile oder On-Air, die die Verbindungen bereitstellen und die Abrechnung übernehmen. Doch trotz hoher Preise bleibt offenbar nicht allzu viel übrig. Gerade hat On-Air den Vertrag mit Ryanair gekündigt, nachdem 13 Monate lang bis zu 50 Ryanair-Boeings mit der Technik zur Handynutzung ausgestattet waren. Jetzt sucht der Billigflieger einen neuen Telefon-Partner. Eine mögliche Ursache für mangelnde Akzeptanz: Die Preisgestaltung für Handy-Telefonate ist für den Kunden oft verwirrend.

"Es fallen die Roaming-Gebühren der Partner-Provider der deutschen Mobilfunkanbieter der jeweiligen Länder an, über die man gerade fliegt", sagt eine Oman-Air-Sprecherin, Emirates verfährt ebenso. Transparenter ist es bei Malaysia Airlines, die an Bord ihrer Boeing 777-200-Flotte seit neuestem Handynutzung zu Festpreisen anbietet: Umgerechnet 3,53 Euro die Minute kostet ein Telefonat, 70 Cent das Versenden einer SMS.

Ein Problem hat es bisher kaum gegeben: Streitereien an Bord zwischen Handy-Quasslern und ruhesuchenden Passagieren. "Bei uns können maximal zehn Passagiere zur selben Zeit telefonieren, bei Nachtflügen bitten wir darum, die Lautlos-Einstellung zu wählen, und wenn jemand zu laut spricht, würde die Besatzung eingreifen, ansonsten wollen wir nichts regulieren", sagt Peter Hill von Oman Air. Ähnlich die Erfahrungen bei Emirates.

"Wir kriegen dagegen Beschwerden von Leuten, die klagen: 'Warum ist das in meinem Flugzeug nicht installiert?'", sagt Patrick Brannelly.

© SZ vom 29.04.2010/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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