Gescheiterte Projekte im Tourismus:Einstürzende Luftschlösser

Sie hätten Attraktionen für die Welt sein sollen: das größte Märchenland Asiens, eine Bahn zum Matterhorn, der letzte Traum von König Ludwig. Aber dann kam es anders.

Von Irene Helmes

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(Foto: wikipedia commons BY Ras67)

Die Welt ist nicht genug Die Welt geht unter, lästerten vor einigen Jahren internationale Medien. Und beobachteten, wie die "World Islands" vor Dubai doch nicht das nächste ganz große Ding wurden. Die etwa 300 Inseln neben "The Palm" ähneln aus dem Flugzeug betrachtet - oder noch besser aus dem privaten Hubschrauber - der Weltkarte und sollten ein weiterer Hotspot für die Reichen und Allerreichsten werden. Doch mit dem Platzen der Immobilienblase von Dubai 2009 verlief all das im wahrsten Sinne des Wortes im Sande. Luxus-Strandclubs und Villen blieben ungebaut, die aufwändig aufgeschütteten Mini-Inseln drohten wieder im Meer zu versinken. Die Welt geht also unter? So schnell dann doch nicht. Inzwischen fließt das Geld wieder in Dubai. "The Heart of Europe" heißt das Projekt, mit dem ein österreichischer Investor zumindest auf einer Handvoll der World-Inseln endlich den Glamour verwirklichen will, den die Planer vor über einem Jahrzehnt vor Augen hatten.

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(Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Die Optimierung des Matterhorns Ein solcher Berg - er ist geradezu eine Provokation für Visionäre. Was man daraus nicht alles machen könnte! Aus der technikbegeisterten Gründerepoche des späten 19. Jahrhunderts stammt eine ganz besondere Idee für das Matterhorn: Wozu klettern, wenn doch eine Bahn bis hoch zum Gipfel führen könnte? Die Konzession wurde 1890 erteilt. In vier Etappen, mal mit Zahnrad-, mal mit Drahtseilbahn, sollten Besucher auf den "Berg der Berge" chauffiert werden. Eine Sternstunde für den frühen Wutbürger: In der ganzen Schweiz wurde so massiv protestiert, dass das Projekt platzte. Vielleicht waren die Planer ja sogar insgeheim ein wenig dankbar, denn so blieb ihnen eine Blamage bei Bauarbeiten an den Steilhängen erspart. Ebenfalls verworfen wurde übrigens die Erhöhung des Klein Matterhorns auf 4000 Meter durch eine riesige Glaspyramide - etwa hundert Jahre nach dem Gipfelbahnprojekt.

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(Foto: Bloomberg)

Verzockt Wenn in den Anti-Smoking-USA ein Rauchverbot gekippt wird, ist klar: Da stimmt doch was nicht. Insofern darf der Mai 2013 als Anfang vom Ende des Revel Casinos gedeutet werden. Damals, etwa ein Jahr nach Eröffnung, wurden in dem einstigen Hochglanzprojekt die Aschenbecher aufgestellt, in der Hoffnung auf Gäste. Dazu kam der Slogan "Gamblers wanted" - Spieler gesucht. Was muss alles schieflaufen, damit ein Casino darauf hinweist? Dabei hätte alles so "great" werden sollen, so überdimensional. Das Revel war der größte und höchste Casino-Hotel-Palast der Spielerstadt Atlantic City, zwei Autostunden südlich von New York. Nur rumorte es schon gewaltig, als das 2,4-Milliarden-Dollar-Haus im April 2012 mit großem Tamtam samt Beyoncé-Konzert eröffnete. Ganz Atlantic City erlebte eine Krise - ein teures, völlig überambitioniertes "Lifestyle Resort mit Casino" kam da zum schlechtesten Zeitpunkt. Allen Verzweiflungsmaßnahmen zum Trotz war Anfang September 2014 Schluss. 12 000 Quadratmeter Casinofläche, 13 Restaurants, 2500 Spielautomaten und 1400 Zimmer dösen seither vor sich hin.

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(Foto: wiki commons/ Christophe95)

Kein Wunder Was einmal der größte Vergnügungspark Asiens werden sollte, wurde eine surreale Landschaft. 1998 stellten die Investoren die Bauarbeiten für das "Wonderland" nahe Peking ein und hinterließen halbfertige Märchenschlösser, riesige Gerüste, Mauern, durch die vielleicht nie ein Tourist eintreten wird. In einem Land, in dem sonst ganze Stadtviertel für Neubauten abgerissen werden, war ausgerechnet das "Wonderland" an Konflikten um das betroffene Land gescheitert. Statt Familien zum Wochenendausflug oder Touristen aus dem Ausland kamen danach Neugierige und Fotografen, um die bizarren Reste zu besichtigen. Doch selbst diese wurden immer mehr beseitigt. 2013 wurde das meiste abgerissen - als Plan B wurde der Bau eines Supermarkts für Luxuswaren angekündigt. An Vergnügungsparks herrscht in China deswegen freilich kein Mangel. Wie diese außerhalb der Öffnungszeiten aussehen, hat der Fotograf Stefano Cerio festgehalten. Ebenfalls merkwürdig anzuschauen.

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(Foto: Imago)

Die Ruhe nach dem Rummel Eine andere Geisterlandschaft findet sich heute in Berlin. Als der Volkseigene Betrieb Kulturpark dort im Oktober 1969 eröffnete, schien Erfolg garantiert. Konkurrenz war nicht zu fürchten, die DDR hat keinen weiteren Vergnügungspark. So hielt sich der Rummel im Plänterwald mit etwa 1,5 Millionen Besuchern jährlich - bis zur Wende. Turbulente Jahre später folgte 2001 die Insolvenz, das Gelände entwickelte seither einen ganz ungeplanten Charme. Statt kreischender Kinder in den Fahrgeschäften prägen nun einsame Dinosaurier und Elefanten neben dem knarzenden Riesenrad und immer wilder wuchernder Natur das Areal in Treptow. So hatten sich das die Spaßbeauftragten der DDR nicht vorgestellt - und so soll es nicht bleiben. Aktuell berichten Berliner Medien über eine baldige Sanierung und Wiedereröffnung. Und in diesem Sommer wird das alte Naturtheater im Spreepark für die Open-Air-Saison genutzt.

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(Foto: The Walt Disney Company)

Tausendundeine Idee Disney steht für eine Erfolgsgeschichte - doch auch den Traumfabrikanten ist nicht alles gelungen. Die Liste der nicht verwirklichten Ideen für Vergnügungsparks, Resorts und andere Attraktionen ist über die Jahrzehnte lang geworden. Und manche von ihnen wirken im Rückblick skurril. Für eine Weile schien der Konzern die halbe Welt nachbauen zu wollen - etwa durch Themenhotels zu Asien, Venedig und Persien (im Bild). Doch nicht einmal ein Gigant ist immun gegen größere Zusammenhänge. Die Ölkrise 1973 war das Ende der Pläne, in Florida die fernen Orte im Disneystil nachzubauen. Angeblich bot Schah Mohammed Reza höchstpersönlich an, bei der Finanzierung der Persien-Variante einzuspringen - bis ihm wiederum die Revolution dazwischenkam. So steht "Disney's Persian Resort" zusammen mit Themenparks wie "Disney's Arabia" und "Disney's America" auf der Was-wäre-gewesen-wenn-Liste.

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(Foto: DPA)

Wenn selbst ein Berg zu klein ist In anderen Fällen werden große Ideen bekanntlich erst im Nachhinein gebührend gewürdigt. Bei den sündhaft teuren Schlössern von König Ludwig II. schlugen viele Untertanen die Hände über dem Kopf zusammen, heute begeistert die damalige Verschwendungssucht Touristen aus aller Welt. Neben der überbordenden Fantasie gibt es noch eine Parallele zu Disney: Selbst der "Kini" scheiterte mit einigen seiner Visionen. Als "letzter Traum" von Ludwig II. gilt eine Burg auf dem Falkenstein im Allgäu. Sie sollte einmal mehr alles bisherige übertreffen. Der erste Entwurf, erstellt vom Bühnenbildner Christian Jank, war allein deshalb utopisch, weil er auf dem Gipfel keinen Platz gefunden hätte. Die Pläne wurden bescheidener, dann starb Ludwig II. und mit ihm das Projekt. Heute können die Pfrontener nur neidisch auf die Nachbarn in Füssen schauen, die mit Neuschwanstein touristisch das große Los gezogen haben. Andererseits: So blieb auf dem Falkenstein die höchst gelegene Burgruine Deutschlands aus dem Mittelalter erhalten - eine Touristenattraktion, ganz ohne Planer und Investor.

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