Flugreise: Gewichtskontrolle:Jedes Kilo zählt

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Vor Langstreckenflügen dokumentiert Air New Zealand das Gewicht seiner Passagiere. (Foto: Uncredited/Air New Zealand/AP/dpa)

Air New Zealand bittet seine Passagiere vor dem Abflug auf die Waage. Aus guten Gründen.

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Würde es sich um die irische Billigfluglinie Ryanair handeln, wäre man sofort im Bilde. Denn deren Geschäftsmodell funktioniert bekanntlich dergestalt, dass der Basispreis eines Tickets extrem niedrig ist - die Gegenleistung dafür aber nur im Glücksfall wenigstens den reinen Transport eines Passagiers umfasst. Alles weitere muss man kostenpflichtig hinzubuchen und kommt dann, wenn man etwa einen Sitzplatz wünscht und ein Getränk und in seiner ganzen Maßlosigkeit überdies auch noch Gepäck dabeihat, schnell auf eine dann doch ganz ansehnliche Summe.

Müssten also die Passagiere von Ryanair vor dem Abflug auf die Waage, bekämen sie anschließend den Boardingpass wahrscheinlich nur dann freigeschaltet, wenn sie für jedes Kilogramm Körpergewicht, das sie schwerer sind als ein Zentner, zwei Euro nachzahlen. Was Ryanair davon abhält, solche Geschäftsbedingungen einzuführen, ist schwer zu ergründen. Geltende Antidiskriminierungsbestimmungen können es nämlich eigentlich nicht sein.

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Es ist jedoch vielmehr die Fluglinie Air New Zealand, die sich für das Gewicht ihrer Gäste interessiert - jenes Unternehmen also, das unlängst bei den Airline Excellence Awards zur besten Fluglinie der Welt gekürt worden ist und damit Qatar Airways abgelöst hat. Für den neuseeländischen Beförderer ist qua Geografie beinahe jede Auslandsverbindung ein Langstreckenflug. Auf solchen ist die Kalkulation des Kerosinbedarfs aus Kapazitätsgründen besonders relevant. Unlängst musste Air New Zealand gar 40 Passagiere in New York zurücklassen, weil wegen des prognostizierten außergewöhnlich starken Gegenwindes der 16-stündige Nonstop-Flug nach Auckland nur durch diese Gewichtsverringerung sicher durchzuführen war.

Pöbeln, grapschen, randalieren: Immer häufiger rasten Fluggäste aus

Air New Zealand will insofern besonders genau wissen, wie schwer ihre Maschinen beladen sind: Die Fracht, die mitgeführten Mahlzeiten, das Gepäck - alles wird vorher gewogen. Und nun auch die Fluggäste. 10 000 sollen sich in den kommenden Wochen freiwillig wiegen lassen, Air New Zealand ermittelt dann ein Durchschnittsgewicht, das in die Berechnungen einbezogen wird. Die Waagen verfügen im Übrigen über keine Anzeigen, niemand, so die Zusicherung, erfährt etwas über die Pfunde der einzelnen Passagiere.

Doch was nützt die gesamte Kalkulation und Optimierung, wenn es immer häufiger zu Abweichungen auf der Flugroute kommt? Der Weltverband der Fluggesellschaften (IATA) meldet, dass immer häufiger Passagiere auf- und ausfallend werden, sodass Flüge mitunter sogar abgebrochen werden oder Maschinen umkehren müssen. Gab es vor zwei Jahren noch Ärger auf jedem 835. Flug, so die IATA, ist inzwischen bereits jeder 568. Flug betroffen. Rauchen auf Toiletten, Pöbeleien von Betrunkenen, sexuelle Belästigung, physische Gewalt gegen Besatzungsmitglieder - die Liste der Verfehlungen und Vergehen ist lang. Vielleicht sollten Fluglinien nicht nur über Personenwaagen nachdenken, sondern auch über Alkoholmessungen, Benimmtests und Anti-Aggressions-Schnellkurse.

Stefan Fischer ist kein Freund von Heldenverehrung. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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