Billigflieger: Flugsteuer zu teuer:Ryanair streicht Flüge

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Europas größte Billigairline zieht Konsequenzen aus der neuen Luftverkehrsabgabe und fliegt von Deutschland aus nicht mehr alle Ziele an.

Die größte Billigfluggesellschaft in Europa ist recht erfinderisch darin, mit zusätzlichen Gebühren den Ticketpreis für die Passagiere in die Höhe zu treiben - so dachte Ryanair-Chef Michael O'Leary sogar laut über Bezahl-Toiletten an Bord nach. Über höhere Kosten für die Airline selbst ist er natürlich weniger erfreut.

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Über hohe Zusatzgebühren bei dem Billigflieger ärgern sich etliche Passagiere. Ein Engländer geht noch weiter. Seine Internetseite heißt: "Ich hasse Ryanair."

Mit der Einführung der Luftverkehrsabgabe hatte Ryanair angekündigt, keine zusätzlichen Flüge in Deutschland mehr anzubieten - im Gegenteil: Der irische Billigflieger Ryanair streicht an der wichtigsten deutschen Basis am Hunsrück-Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz neun Strecken und fliegt nur noch 45 Ziele an - damit entfallen im Sommer etwa 30 Prozent der bisherigen Flüge, die Zahl sinkt von 532 auf 382 pro Woche.

"Wir wollen nicht als Unternehmen arbeiten, das Steuern für die deutsche Regierung einsammelt", sagte Ryanair-Geschäftsführer Michael Cawley. Von den elf im Hunsrück stationierten Fliegern will Ryanair drei abziehen.

Flüge nach Berlin werde es schon von Januar an nicht mehr geben. Ab dem Sommerflugplan 2011 sollen dann auch die Verbindungen nach Agadir, Breslau, Danzig, Göteborg, Klagenfurt, Santiago de Compostela, Sevilla und Prag gestrichen werden. Zudem sollen 15 weitere Städte seltener angeflogen werden. Ryanair kündigte an, auch an anderen deutschen Flughäfen Verbindungen streichen zu wollen. Derzeit gebe es intensive Gespräche mit den Flughäfen in Weeze bei Düsseldorf und Bremen.

Die Bundesregierung hatte die Luftverkehrsabgabe am 1. September als Teil ihres Sparpakets beschlossen, sie soll eine Milliarde Euro im Jahr einbringen. Die neue Steuer beträgt für Kurzstreckenflüge acht Euro, für Mittelstreckenflüge 25 Euro und für Langstreckenflüge 45 Euro pro Strecke. Die Steuer gilt schon jetzt bei Buchungen für Abflüge vom 1. Januar 2011 an.

Die Strecken von Ryanair werden demnach mit acht Euro pro Flug besteuert. Ein Flug bei Ryanair kostet nach Angaben des Unternehmens derzeit durchschnittlich 35 Euro. "Das ist fast ein Viertel des gesamten Flugpreises", betonte Geschäftsführer Cawley. Der Billigflieger rechnet damit, dass in Hahn im kommenden Jahr rund eine Million Passagiere weniger abgefertigt werden und etwa tausend Jobs in und um den Flughafen wegfallen. Bislang nutzen jährlich knapp vier Millionen Passagiere den Flughafen.

Air Berlin und Lufthansa warten ab

Damit zählt der Airport Hahn zu den wichtigsten Regionalflughäfen in Deutschland. Größte Passagier-Airline mit einem Anteil von rund 95 Prozent ist Ryanair. Der Terminalausbau des Flughafens Hahn war wegen der neuen Ticketsteuer gestoppt worden. Der Flughafenbetreiber wollte nach eigenen Angaben abwarten, welche Auswirkungen die Abgabe auf das Reiseverhalten der Passagiere hat. Nach der Ankündigung von Ryanair wollen die Betreiber nun weitere Frachtflüge für den Standort gewinnen. Zudem versprachen sie, keine Mitarbeiter zu entlassen.

Bereits Ende Juni hatte Ryanair bekanntgegeben, im Winter Verbindungen in Großbritannien einzusparen - ebenfalls wegen einer dort erhobenen Luftverkehrsabgabe. Andere Länder wie Belgien, Griechenland und die Niederlande hatten entweder keine Flugsteuer eingeführt oder wieder abgeschafft.

Zunächst keine Konsequenzen hat die neue Luftverkehrssteuer für die Flugpläne von Air Berlin. "Wir werden beobachten, ob und wie die Luftverkehrssteuer das Verhalten unserer Fluggäste verändert", sagte der Sprecher der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft, Peter Hauptvogel.

Auch bei der Lufthansa bleibt der Flugplan vorerst unverändert. "Wir hoffen, dass es keine eklatanten Folgen haben wird", sagte ein Sprecher der größten deutschen Fluggesellschaft. Die Steuer werde zum Großteil an die Kunden weitergegeben.

© dpa/AFP/dapd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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