Baku in Aserbaidschan:Eurovision Song Contest als Image-Pflege

Vor dem Finale des Eurovision Song Contest versucht Aserbaidschan mit Millionenaufwand, sich in Baku der Welt als moderner Brückenstaat zwischen Ost und West zu präsentieren - und scheitert.

Daniela Dau

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Vor dem Finale des Eurovision Song Contest am Samstag versucht Aserbaidschan mit Millionenaufwand, sich in Baku der Welt als moderner Brückenstaat zwischen Ost und West zu präsentieren - und scheitert. Von Daniela Dau Bei Nacht und mit bunten Lampen beleuchtet strahlen die modernen Gebäude in der Skyline der aserbaidschanischen Hauptstadt. Wegen der vielen Hochhausbauten wird Baku auch "Dubai des Kaukasus" genannt - ein Vergleich, den die Regierenden gerne hören und mit aller Macht und vielen Petro-Dollars fördern.

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(Foto: dapd)

Modern, elegant und in die Zukunft gewandt: Mit Prestigebauten wie der Kristallhalle, deren Baukosten mit etwa 120 bis 140 Millionen Euro veranschlagt werden, betreibt Aserbaidschan anlässlich des European Song Contest (ESC) eine kostspielige Image-Kampagne. Der Entwurf für den Austragungsort des Sänger-Wettstreits stammt von den deutschen Architekten Volkwin Marg und Hubert Nienhoff.

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Bei Tag dominieren Kräne das Panorama, allerorten wird in der aserbaidschanischen Hauptstadt gebaut und zwar vor allem sehr weit in die Höhe. Im Hintergrund zu sehen: die 190 Meter hohen Flame Towers. In den exklusiven Wohnungen und Restaurants der drei Wolkenkratzer werden nur die betuchteren Aserbaidschaner leben und speisen können, denn immer noch müssen viele Bürger mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze auskommen. Zwar hat sich diese Zahl verringert, liegt aber laut Weltbank immer noch bei knapp 16 Prozent der Bevölkerung. Im Schatten der Flame Towers ducken sich die Häuser der historischen Altstadt.

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(Foto: dapd)

"Itscheri Schecher" heißt der geschützte historische Teil der Stadt, seit dem Jahr 2000 gehört er zum Welterbe der Unesco. Die Tempel, Minarette, Karawansereien und Palastanlagen der Altstadt zeugen von der jahrtausendealten Geschichte einer reichen Stadt, die seit jeher von ihrer günstigen Lage an mehreren Handelswegen profitierte.

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Golden erstrahlen die alten Gebäude aus Sandstein im Abendlicht. Doch der pittoreske Eindruck kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass weite Teile des historischen Bestands in einem schlechten Zustand sind.

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Im November 2000 beschädigte ein schweres Erdbeben zahlreiche Baudenkmäler und Wohnhäuser. Von 2003 bis 2009 stand die Altstadt auf der Unesco-Liste des gefährdeten Welterbes. Zwar sprach das Welterbekomitee Aserbaidschan seine Anerkennung für die erfolgreichen Maßnahmen zur Erhaltung der Denkmäler aus. Dennoch bemängelt die Opposition, die Regierung engagiere sich zu wenig für den Denkmalschutz und gegen die Bauspekulation mit historisch wertvollen Grundstücken.

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Großzügig und sauber präsentiert sich die Fußgängerzone von Baku, in den Seitenstraßen können Besucher in Edelboutiquen einkaufen. Der Eurovision Song Contest ist eine hochwillkommene Gelegenheit für die Regierenden, ihrem Land ein positiveres Image zu verpassen. Denn zuletzt geriet Aserbaidschan wieder wegen missachteter Menschenrechte, mangelnder Pressefreiheit, zwangsweise abgerissener Wohnhäuser und grassierender Korruption in die Schlagzeilen: Aserbaidschan ist in der Korruptions-Statistik 2011 von Transparency International auf Platz 143 von insgesamt 183 zu finden. Deutschland belegt Rang 14, hier werden Beamte und Politiker als eher integer wahrgenommen.

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(Foto: dapd)

Seit 1993 regiert die Familie Alijew das islamisch geprägte Land mit harter Hand, derzeit ist Ilham Alijew der Präsident. Die Opposition im Parlament hat lediglich Symbolcharakter und wer sich öffentlich für politische Gefangene, mehr Bürgerrechte oder Versammlungsfreiheit einsetzt, muss mit Sanktionen rechnen. So verhinderten knapp zwei Wochen vor dem ESC-Finale Sicherheitskräfte eine unangemeldete Demonstration in der Hauptstadt. 18 Menschen wurden verhaftet, nach kurzer Zeit aber wieder freigelassen. Aserbaidschanische Menschenrechtler berichten jedoch, dass andere Regimekritiker für ihr Engagement mit Gefängnis bestraft wurden.

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(Foto: dapd)

Beim Bummel durch die engen Gassen der Altstadt, vorbei an kleinen Werkstätten und Läden, bekommen Besucher von diesem Druck, der auf die Bürger ausgeübt wird, wenig oder nichts mit. Sie sehen nur das normale Alltagsleben: Zwei Männer unterhalten sich auf einer sonnenbeschienenen Mauer, ...

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(Foto: dapd)

... in einer anderen Straße spielen Kinder Ball. Inmitten der Architektur-Denkmäler verkaufen Händler handgeknüpfte Teppiche aus Wolle und Seide und orientalischen Trödel. Frauen in Trachten backen im Steinofen Fladenbrot mit Sesamkörnern.

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(Foto: dpa)

Gewaltige Gas- und Ölvorkommen haben Aserbaidschan reich gemacht, zumindest die im Land herrschenden Eliten. Baku ist der Knotenpunkt für mehrere Erdölleitungen. Dennoch leben noch immer viele Menschen von der Landwirtschaft - und zahlreiche an der Armutsgrenze.

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(Foto: AFP)

Wenn der Wind richtig steht, riecht es in Baku gelegentlich wie in einer Autowerkstatt. Viel lieber als die Ölfelder zeigen Übersetzer und Fremdenführer daher die gut erhaltenen oder restaurierten Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie das Nizami Museum. Statuen von Nationaldichtern schmücken die Front des Literaturmuseums, das mit fantastischen Gemälden und orientalischen Schriften die Kulturgeschichte Aserbaidschans offenbart.

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(Foto: dapd)

Der rund 30 Meter hohe Jungfrauenturm soll aus dem 12. Jahrhundert stammen und gilt vielen der zwei Millionen Einwohner Bakus als Symbol der Liebe und der Reinheit. Eine Legende erzählt, dass sich einst eine schöne Maid aus Liebe zu einem Fischer von dem Turm stürzte.

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(Foto: dapd)

Viele Moscheen in Baku sind klein und nicht als solche zu erkennen. Die Juma-Moschee (im Bild) dagegen zählt zu den größten und prächtigsten Moscheen der Altstadt. In der Nähe, aber zur Mohammed-Moschee gehörend, steht das Synyk-Kala-Minarett aus dem Jahr 1093, eines der ältesten noch erhaltenen Bauwerke Bakus.

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(Foto: dapd)

Auf dem Gipfel eines kleinen Hügels in "Itscheri Schecher" erhebt sich der Palast der Schirwanschahs, deren Wohnkomplex bereits Anfang des 15. Jahrhunderts errichtet wurde.

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(Foto: SZ Grafik)

Informationen: Das am Kaspischen Meer gelegene Land ist mit rund 86.600 Quadratkilometern etwas größer als Österreich und grenzt unter anderem an Iran, Russland und die Türkei. Bis 1991 gehörte die Aserbaidschanische Sozialistische Sojwetrepublik zur UdSSR.

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