Bahn-Streik:Aktion Tristesse

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In Nürnberg hat der Bahn-Streik den Verkehr nahezu lahmgelegt. In anderen Städten kamen Reisende glimpflicher davon. Überall traf die Aktion vor allem jene, die ohnehin von der Bahn enttäuscht sind.

Berit Uhlmann

"5 Minuten", "10 Minuten", "15 Minuten verspätet" prangt es auf den Anzeigetafeln des Münchner Hauptbahnhofes an diesem grauen, frostigen Januarmorgen. Es ist Streiktag eins im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und den beiden Gewerkschaften Transnet und GDBA und zumindest in der bayerischen Metropole, eine von neun bestreikten Städten, halten sich Ausfälle und Verspätungen in Grenzen.

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Anders die Situation in Nürnberg: "Hier bewegt sich nichts mehr", sagte Transnet-Sprecher Michael Klein. 20 Züge sind in der fränkischen Stadt nach Angaben der Gewerkschaft ausgefallen, 40 Bahnen fuhren verspätet. Zwei Drittel der ICEs seien annulliert worden. Auf der Strecke Duisburg - Köln lag der gesamte Zugverkehr lahm. In Bremen, Hamburg, Berlin, Saalfeld und Magdeburg kamen die Reisenden dagegen eher glimplich davon.

Operation Nadelstich

In München war der Warnstreik um 7.30 Uhr bereits wieder beendet. "Operation Nadelstich" nannte der Münchner Transnet-Streikführer Peter Weinzierl den Ausstand für bessere Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaft habe die Muskeln erst mal nur ein wenig spielen lassen - auch um sich weitere Eskalationsmöglichkeiten offen zu halten. Insgesamt acht Züge, darunter ein ICE, sind in München ausgefallen. Die Verspätungen überschritten selten die Marke von 15 Minuten.

Doch trotz der vergleichsweise geringen Auswirkungen konnte man auf dem Münchner Bahnhof deutlich spüren, dass die Bahn dieser Tage ein generelles Problem mit dem Timing hat - und damit sind nicht nur verspätete Züge gemeint. Vielmehr kommt der Warnsteik der Beschäftigten zur Unzeit.

Denn schon seit Wochen hagelt Kritik auf den Konzern ein: Die Probleme mit den Achsen der ICEs, die Affäre um die massenhafte Bespitzelung der Mitarbeiter dazu eine Reihe größerer und kleinerer, teils aberwitziger Pannen, die die Reisenden Sturm laufen lassen. Und nun ein Warnstreik in einer Verhandlung, die so festgefahren nicht ist. Wie wirkt dies auf die Reisenden, von denen angesichts der Wirschaftskrise nicht wenige Sorgen um ihren eigenen Arbeitsplatz haben?

Generell solidarisieren sich Berufstätige bereitwillig mit Menschen im Arbeitskampf, zumal mit Angestellten, die so schwierige Arbeitsbedingungen wie die Bahn-Bediensteten haben. So gibt es auch an diesem Morgen prinzipielles Verständnis für den Streik, allerdings fällt das Mitgefühl für die Streikenden geringer aus als bei anderen Ausständen.

Hier und da trifft man auf milde Überraschung: "Keine Probleme heute Morgen. Ich bin selbst erstaunt". Freude über den "Streikkaffee", den zwei Bahn-Mitarbeiterin kostenlos ausschenken, flammt auf. Insgesamt aber herrscht ein müdes Lächeln und eine gewisse Tristesse vor. "Verspätungen gibt es doch auch ohne Streik oft. Die Bahn ist seit Jahren schlecht", sagt ein Pendler, der täglich die Strecke Augsburg-München fährt. "So schlecht war die Bahnfahrt gar nicht", schränkt ein anderer ein, der seit Jahren zum ersten Mal wieder mit einem Zug unterwegs ist.

Generell aber verspüren die Reisenden wenig Lust, sich mit den Tarifverhandlungen auseinanderzusetzen, geschweige denn Verständnis für all die anderen Probleme des Konzerns aufzubringen. Die Bahn-Kunden wollen vor allem eines: Einen Dienstleister, der sie zuverlässig an ihr Ziel bringt - ohne sie mit immer neuen internen Problemen zu behelligen.

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